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Beastly (German Edition)

Beastly (German Edition)

Titel: Beastly (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Flinn
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Mutter.
    Von hinten griff mir jemand ins Gesicht, berührte meinen Kopf. Jemand zog an mir. Ich hatte keine Wahl. Ich fuhr die Krallen aus und wandte mich um.
    Und dann begannen die Schreie.
    »Ein Biest!«
    »Da ist ein Monster!«
    »Bestie in der U-Bahn!«
    »Jemand soll den Verkehrsbetrieb anrufen!«
    »Ruft die Polizei!«
    Und schon bald verschmolz alles zu einem Geschrei, dem Geschrei, das ich zwei Jahre lang versucht hatte zu vermeiden, indem ich mich versteckte. Menschen wuselten um mich herum, einige davon versuchten mich zu kriegen, andere stoben davon. Ich hielt sie mir mit meinen Krallen und Zähnen vom Leib. Handys wurden aufgeklappt. Würde man mich verhaften? Ins Gefängnis stecken oder in den Zoo?
    Das durfte nicht passieren. Ich musste Lindy finden.
    Lindy.
    Lindy brauchte mich. Um mich herum ging das Geschrei weiter. Ich spürte, wie mir Fäuste auf den Rücken trommelten. Ich starrte in den Spiegel und versuchte, mir die Gebäude einzuprägen, die Straße, in der sie sich befand, und die Adresse zu sehen. Ich arbeitete mich in Richtung Tür vor. Noch mehr Schreie. Körper drängten sich gegen mich, die sich in der Mainacht heiß anfühlten.
    »Friss mich nicht!«
    »Kommt die Polizei?«
    »Es gibt keinen Empfang. Zu viele Anrufe von ein und demselben Ort.«
    »Lasst ihn nicht hinaus!«, brüllte eine Männerstimme.
    »Seien Sie nicht albern! Jemand soll ihn hinausstoßen, bevor er noch jemanden frisst!«
    »Ja. Stoßt ihn auf die Schienen!«
    Gelähmt vor Angst stand ich inmitten der aufgewühlten Masse. So durfte es nicht enden. Ich konnte nicht einfach sterben, so kurz bevor ich sie wiedersah, bevor ich sie rettete. Sie hatte mich gerufen, und ich hatte sie gehört, so verrückt das auch war. Ich musste sie finden. Wenn ich sie gefunden hätte, wäre es gleichgültig, ob ich lebe oder sterbe.
    Ich wusste, was ich zu tun hatte.
    Als der Zug rüttelnd zum Stehen kam, stürzte ich zum Ausgang. Ein Mann versuchte, mir in den Weg zu springen. Ich suchte nach einer Waffe und fand die einzige, die ich besaß. Den Spiegel. Ich hielt ihn hoch und ließ ihn krachend auf seinen Kopf heruntersausen. Ich hörte, wie das Glas zersplitterte. Vielleicht war es aber auch sein Schädel, der knackte. Oder beides.
    Glasscherben flogen durch den ganzen Wagen, und die Menschen stoben in alle Richtungen davon. Sie schrien, schrien so laut, dass ich mich nicht mehr an die Stille erinnern konnte, die so viele Monate lang mein Leben beherrscht hatte. Ich ließ den Spiegel zu Boden fallen und wusste, dass damit jede Chance, Lindy wiederzusehen, verspielt war. Jede bis auf diese eine.
    Die Menge formierte sich neu und drängte sich um mich. Ich brach mit einem gewaltigen Brüllen durch sie hindurch, wodurch sie sich zerstreute. Und dann war ich auf allen vieren, der Position, in der ich am schnellsten, am wildesten war, und rannte zur Zugtür.
    »Stoßt es auf die Schienen!«, brüllte erneut jemand.
    »Ja! Stoßt das Monster auf die Schienen!«
    Leiber drückten und drängelten sich gegen mich, die Hitze und ihr Geruch drangen auf mich ein. Die Türen schlossen sich, der Zug fuhr los, aber sie hörten nicht auf, mich zu schieben. Ich wusste, dass es ihnen gelingen würde, mich auf die Schienen zu stoßen, sobald der Zug weg war. Oder vielleicht konnten sie mich im Zaum halten, bis die Polizei eintraf. Oder der nächste Zug.
    Das wäre alles nicht so schlimm, wenn da nicht Lindy wäre.
    All die Nächte, die ich damit verbracht hatte, meine bestialischen Tobsuchtsanfälle im Zaum zu halten, meine Krallen einzufahren und meine Reißzähne zu bedecken, waren nun vorbei. Ich zeigte die Zähne. Meine Krallen waren ausgefahren. Ich stürzte durch die Menge. Ich war kein Mensch, sondern ein Löwe, ein Bär, ein Wolf. Ich war eine Bestie. Mein Brüllen erschütterte die U-Bahn-Station, übertönte jedes Geräusch, die Züge, die Menschen. Meine Krallen trafen auf Fleisch, die Menschenmengen teilten sich. Wenn ich gefasst würde, würde man mich bestimmt töten. Ich drängte mich durch die Menge und rannte – nein, ich sprang. Sprang wie ein Tier auf vier Beinen die plötzlich wie leergefegten Stufen zur Straße hinauf.
    Draußen war es ruhig. Aber das würde nicht lange so bleiben. Ich machte mich aus dem Staub, noch immer als Vierbeiner, weil das die schnellste, sicherste Methode war. Zu dieser Stunde – es war fast Mitternacht – waren nur wenige Menschen auf der Straße. Aber selbst brutal aussehende Gang-Mitglieder ergriffen

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