Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beautiful Americans 03 - Leben á la carte

Beautiful Americans 03 - Leben á la carte

Titel: Beautiful Americans 03 - Leben á la carte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Silag
Vom Netzwerk:
eines sogar noch im Kinderwagen liegt. Denk mal darüber nach, Alex - stell dir vor, wie angekettet du dich fühlen würdest, wenn du in dieser Situation wärst!« Mit wutbebender Stimme setzte meine Mom hinzu: »Dich würde es nur so zerbröseln!«
    »Sie braucht also drei Stunden am Tag, um irgendwelche Besorgungen zu erledigen?«
    »Oh, Alex, jetzt komm aber mal wieder runter. Du brauchst doch auch drei Stunden, um zu Sephora zu gehen.«
    Auf diese Bemerkung ging ich gar nicht ein. Sephora war doch nicht irgendeine Besorgung! »Mal im Ernst, was um alles in der Welt macht sie mit der vielen Zeit?« Wieso war meine Mom nur so selbstgerecht, wo sie doch seit Jahren in keinem einzigen Lebensmittelladen mehr war?
    »Vielleicht trifft sie ja ihren Anwalt. Oder ihren Therapeuten!«
    »Fünf Tage die Woche?«
    »Das kommt vor, glaub mir.«
    »Und außerdem, was ist denn mit den Malen, wenn sie nach Hause kommt und ich noch bei den Kids bleiben soll, während sie mit ihrer deutschen Schwester telefoniert?«
    »Ach, Ulrike!«, erinnerte sich meine Mom erfreut. »Ihre Schwester kenne ich sogar. Ich habe sie mal vor Jahren auf einer Bachelorette-Party in Baden-Baden getroffen. Ulrike ist Geschäftsführerin eines hundert Jahre alten Heilbads direkt im Herzen der Stadt. Bezaubernde Frau! Du wirst sie lieben, solltest du sie jemals kennenlernen, Schatz!«
    »Was nicht sehr wahrscheinlich ist«, entgegnete ich. »Selbst wenn sie mich in dieses Heilbad einladen würde, müsste ich absagen, und zwar wegen dieses Jobs. Egal, wohin man mich einladen würde, könnte ich nicht hinfahren!«
    »Es ist doch nur so lange, bis du deine Schulden abbezahlt hast, Schätzchen. Und außerdem denke ich, dass du für ein ganzes Weilchen genug gereist bist, oder nicht?«
    »Was ist eigentlich mit dem früheren Kindermädchen von Madame Sanxay passiert? Dem aus Venezuela?«
    »Sie war illegal im Land«, erklärte mir meine Mom. »Monsieur Sanxay waren die Ausgaben ein Dorn im Auge, deshalb hat er das Kindermädchen bei der Einwandererbehörde angezeigt, und sie wurde innerhalb von drei Tagen - nur drei Tagen - abgeschoben. Das war natürlich nicht genug Zeit, um die freigewordene Stelle nachzubesetzen! Dieses Arschloch.«
    »Und dieses Kindermädchen kann nicht nach Frankreich zurückkommen?«, fragte ich voller Hoffnung, dass diese Venezuelanerin (die ganz offensichtlich eine Heilige ist, wenn sie tagein, tagaus mit den drei Kindern fertiggeworden ist) es vielleicht schaffte, sich ein Visum ausstellen zu lassen.
    »Nein, Alex, sie ist endgültig aus Frankreich abgeschoben worden. Da sieht man eben, was für ein Riesenarschloch Madame Sanxays Ex ist. Er hat einen Menschen nur deswegen abgeschoben, weil er wusste, dass er damit seiner Frau schadet.«
    »Aha, und nun bin ich also das neue Kindermädchen?«
    »Ja, Alex!« Meine Mutter klang verzweifelt und seufzte ins Telefon. »Welchen Teil der Vereinbarung hast du nicht verstanden?«
    »Den Teil, dass ich einen Job für lau mache, einen Job, den bislang jemand anders gemacht hat, und zwar als Beruf, für ein richtiges Gehalt!«, schrie ich sie völlig außer mir an.
    Warum ist meine Mom nur immer so? So schnell wütend und beleidigt. Schon komisch. Das bringt mich echt auf die Palme.
    »Du machst das nicht für lau, Alex! Sondern deswegen, weil du jemand anderem Geld geklaut hast!«
    »Zum allerletzten Mal, Mom: Ich hab's nicht gestohlen -«
    »Doch, hast du wohl.« Ich konnte förmlich vor mir sehen, wie die starken New-England-Gesichtszüge meiner Mom sich zusammenzogen, sodass sie vor lauter Zorn kaum ein Wort herausbrachte.
    Aber ich war auch ziemlich aufgeheizt und legte kurzerhand auf. Wie kann ich sie nur davon überzeugen, dass alles, was ich gekauft habe, wirklich notwendig war? Ach, alles ist so kompliziert.
    Unser Telefongespräch hatte nicht mal annähernd das gebracht, was ich mir davon erhofft hatte, und so war ich gezwungen, weiter zu den Sanxays zu gehen. Wenn ich nicht zu den Sanxays gehen würde - eine »Option«, über die ich stundenlang nachgedacht habe -, könnte es just das Zünglein an der Waage sein und ich müsste endgültig aus Frankreich und von der Braun-Familie weg. Meine Mom gibt diesmal keinen Millimeter nach. Ich muss mich also wohl in mein Schicksal ergeben. Sie will mich bestrafen. Sie findet, dass ich keinen guten Grund dafür hatte, das Geld zu nehmen.
    Trotzdem will ich nicht ganz ausschließen, dass vielleicht doch noch irgendetwas Überraschendes passiert.

Weitere Kostenlose Bücher