Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beautiful Losers

Beautiful Losers

Titel: Beautiful Losers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonard Cohen
Vom Netzwerk:
so machtlos? Was nützt mir der Bauchnabel? Selbst F.s letzter, tiefer Schrecken ist bedeutungslos. Ob es wohl regnet? Wenn ich nur F.s Erfahrungen machen könnte, wenn ich seine emotionale Extravaganz besäße! Ich erinnere mich an keinen einzigen Satz, den er gesagt hat, ich weiß nur noch, wie er mit seinem Taschentuch umgegangen ist, wie überaus sorgfältig er es immer gefaltet hat, der alte Rotz durfte unter keinen Umständen an seine Nase kommen. Ich erinnere mich an seine schrillen Niesanfälle, die ihm solches Vergnügen bereiteten, sie waren metallisch-schrill, eindeutig instrumental, dazu drehte er den knochigen Kopf, dass es laut knackte, worauf er überrascht aufschaute, als hätte er gerade ein unerwartetes Geschenk erhalten, und zog die Brauen hoch, was bedeuten sollte: Schau an. Die Leute niesen eben, F., das ist alles, tu nicht so, als sei es ein verdammtes Wunder, es deprimiert mich, es ist eine deprimierende Angewohnheit, dass du so eine Freude an deinen Niesanfällen hast und dass du Äpfel in einer Weise isst, als hätten sie bei dir mehr Saft, und dass du immer der Erste bist, der sagt, wie toll der Film war. Du de primierst die Leute. Wir essen auch gern Äpfel. Ich möchte gar nicht wissen, was du Edith alles erzählt hast. Sie wird gedacht haben, dass ihr Körper der Erste ist, den du je angerührt hast. Hat sie sich darüber gefreut? Ihre neuen Nippel. Jetzt seid ihr beide tot. Man soll nicht zu lange in ein leeres Milchglas schauen. Es passt mir nicht, was in Montreal mit der Architektur geschieht. Wo sind die Zelte geblieben? Ich würde gern die Kirche verantwortlich machen. Ich beschuldige die Römisch-Katholische Kirche von Québec, mein Sexleben ruiniert zu haben, ich beschuldige sie, weil ich mein Glied in ein Reliquienkästchen gestoßen habe, das für einen Finger gedacht war, ich beschuldige die R. K. K. von Q., mich zu absonderlichem, schrecklichem Verkehr mit F., einem weiteren Opfer des Systems, gezwungen zu haben. Ich beschuldige die Kirche, die Indianer getötet zu haben, ich beschuldige die Kirche, verhindert zu haben, dass Edith mir ordentlich einen geblasen hat, ich beschuldige die Kirche, Edith mit rotem Fett eingeschmiert zu haben und Catherine Tekakwitha nicht mit rotem Fett eingeschmiert zu haben, ich beschuldige die Kirche, junge Menschen in Autos aufzuscheuchen und Pickel zu verursachen, ich beschuldige die Kirche, grüne Masturbationstoilettenhäuschen gebaut zu haben, ich beschuldige die Kirche, die Tänze der Mohawk unterdrückt und es zudem versäumt zu haben, ihre Lieder aufzuzeichnen, ich beschuldige die Kirche, meine Sommerbräune gestohlen zu haben und die Schuppenflechte zu befördern, ich beschuldige die Kirche, Menschen mit dreckigen Zehennägeln, die gegen die heilige Wissenschaft ins Feld ziehen, in Straßenbahnen zu entsenden, ich beschuldige die Kirche, weibliche Beschneidung im französischsprachigen Kanada zu praktizieren.

16.
    Es war ein wunderschöner Tag in Kanada, ein hinreißender Sommertag. So kurz, so kurz. Es war das Jahr 1664, es war sonnig, und die Libellen beobachteten mit milder Neugier das Platschen der Paddel, und die Stachelschweine schliefen auf ihren weichen Nasen, und Mädchen mit schwarzen Zöpfen saßen auf der Wiese und flochten wohlriechende Körbe aus Gras. Rehe und Krieger witterten Tannenduft in der leichten Brise und träumten vom Glück, zwei Jungen, in nicht enden wollender Umarm ung, kämpften am Palisadenzaun. Die Welt war etwa zwei Milliarden Jahre alt, doch die kanadischen Berge waren sehr jung. Eine unbekannte Taubenart turtelte über Gandaouagué.
    – Buu-huu, weinte ein achtjähriges Herz.
    Das Herz lauschte, das Herz, es war weder alt noch neu, war noch längst nicht im Kerker der Bezeichnungen gefangen, Thomas sang für alle Kinder. Facienti quod in se est, Deus non denegat gratiam.
    – Heute sollt ihr glänzen,
    ihr Stachelschweinpfeile;
    Wie Regen an einem Sommertag
    wie Perlen aus Porzellan,
    ein endloser Kranz ist
    Dein Halsband aus Zähnen, sangen die Tanten, während sie das Kind für die schlichte Hochzeit ankleideten, denn dies war der Brauch, bei den Irokesen heirateten Kinder.
    – Nein, bitte nein, klagte ein Herz einem Dorf.
    Eine unbekannte Taubenart turtelte über Gandaouagué.
    – Geh zu ihm hin, Catherine, oh, er ist ein starker kleiner Mann!, glucksten die Tanten.
    – Haha, lachte der Unverwüstliche.
    Doch plötzlich verging ihm das Lachen, der Junge fürchtete sich, es war keine Furcht, die

Weitere Kostenlose Bücher