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Beautiful Losers

Beautiful Losers

Titel: Beautiful Losers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonard Cohen
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kann, damit kann ich leben. Aber muss ich denn dein Denkmal sein? Wir waren doch Freunde, nicht wahr? Ich erinnere mich genau an den Tag, als du die Fabrik gekauft hast, für achthunderttausend Dollar, wir gingen zusammen über die wackligen Bohlen, Bohlen, die du als Kind so oft gefegt hattest. Ich glaube, du hast geweint. Es war mitten in der Nacht, die Hälfte der Lampen funktionierte nicht. Wir liefen durch die langen Reihen mit den Nähmaschinen, den Schneidetischen, den kaputten Dampfmangeln. Es gibt nichts Stilleres als eine stillgelegte Fabrik. Hier und dort traten wir auf Nester ineinander verhakter Kleiderbügel, wir strichen an Drahtbügeln vorbei, die dicht wie Wein an Kleiderstangen hingen und ein eigenartiges Klimpern erzeugten, das an hundert Männer denken ließ, die gelangweilt mit dem Kleingeld in ihren Taschen spielten, es war ein merkwürdiges, gewalttätiges Geräusch, als stünden die Männer wartend im grotesken Schatten, den die stillgelegten Maschinen warfen, Männer, die auf ihren Lohn warteten, denen ein einziges Wort genügt hätte, um F.s Fabrik kurz und klein zu schlagen. Mir war nicht wohl bei der Sache. Fabriken sind öffentliche Orte, wie Parks, es beleidigte den demokratischen Geist, zu erleben, wie bewegt F. von seinem neuen Eigentum war. Er nahm ein schweres, altes Dampfbügeleisen zur Hand, das durch eine dicke Feder mit einem über dem Arbeitstisch angebrachten Rahmen verbunden war. Er gab dem Metallarm einen Stoß, ließ das Bügeleisen fallen, lachte, während es wie ein tanzendes Jojo auf- und niederflitzte und einen Schatten warf, der die schmutzigen Wände abzuwischen schien wie ein wild gewordener Tafelschwamm. Plötzlich legte er einen Schalter um, und Leuchtröhren begannen zu flackern, der Keilriemen, der die Nähmaschinen zentral antrieb, setzte sich in Bewegung. F. hielt eine Rede. Er liebte es, gegen mechanischen Lärm anzureden.
    – Larry!, rief er, während er die leeren Bänke abschritt. Larry! Ben! Dave! Ich weiß, ihr könnt mir hören! Ben! Ich habe deinen Buckel nicht vergessen! Sol! Ich habe mein Versprechen gehalten! Little Margerie! Du kannst jetzt deine zerfetzten Hausschuhe aufessen! Juden, Juden, Juden! Danke!
    – F., das ist zum Kotzen.
    – Jede Generation muss ihren Juden danken, erklärte F. und entfernte sich mit einem Satz von mir. Und ihren Indianern. Den Indianern muss man dafür danken, dass sie unsere Brücken und Wolkenkratzer gebaut haben. Die Welt besteht aus Rassen, mein Freund, das solltest du dir merken. Jedes Volk ist anders! Es gibt verschiedene Arten von Rosen! Larry! Ich bin es doch, F., der kleine Goi mit dem blonden Haar, das du oft genug gerauft hast. Ich habe das Versprechen eingelöst, das ich dir damals – viele Nachmittage sind seither vergangen – in einem düsteren Lagerraum gegeben habe. Die Fabrik gehört mir! Sie gehört uns! Ich tanze auf dem, was von ihr übrig ist! Ich habe einen Spielplatz aus ihr gemacht! Ich bin hier, mit einem Freund!
    Als er sich etwas beruhigt hatte, nahm er meine Hand und führte mich in den Lagerraum. Große leere Spulen und Pappzylinder warfen scharfe Schatten im Dämmerlicht: Tempelsäulen. Der Wollgeruch, ausgesprochen tierisch, hing noch in der Luft. Ich spürte, wie sich ein öliger Film auf meiner Nase bildete. Drüben in der Fabrikhalle drehte noch der Antriebsriemen, einige Maschinen, denen die Stachel gezogen waren, bewegten sich wie Pumpen. F. und ich rückten näher aneinander.
    – Du findest mich also abstoßend, ja?, sagte F.
    – Ich hätte nie gedacht, dass du zu einer solchen kitschigen Sentimentalität fähig bist. Du redest mit kleinen jüdischen Gespenstern!
    – Es war ein Spiel. Ich habe damit mein Versprechen eingelöst.
    – Du hast gesabbert.
    – Ist es nicht wunderschön hier? Ist es nicht wahnsinnig friedlich? Das hier ist die Zukunft. Bald werden reiche Männer ebensolche Gebäude auf ihren Anwesen bauen, um bei Mondschein in ihnen zu wandeln. Die Geschichte lehrt uns, dass die Menschen es lieben, an Orten nachzudenken (zu lustwandeln und miteinander zu schlafen), an denen es einst besonders gewaltsam hergegangen ist.
    – Und was willst du damit anstellen?
    – Ich schau immer mal wieder vorbei. Ich werde ein bisschen fegen. Auf den glänzenden Arbeitstischen ficken. Mit den Geräten spielen.
    – Du hättest ein Millionär sein können. Auf der Wirtschaftsseite stand, dass du zu genialen Manipulationen fähig bist. Ich muss zugeben, dass dieser Coup, der dir

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