Beautiful Losers
auf, an mir herumzuschlabbern. Ich stelle mir die ganze Zeit vor, du wärst jemand anders.
– Wer denn?
– Der Kellner.
– Welcher?, fragte ich streng.
– Der mit dem Schnurrbart und dem Regenmantel.
– Habe ich mir gedacht, habe ich mir doch gedacht.
– Ist er dir etwa auch aufgefallen, F.?
– Ja.
Ich stand zu schnell auf. Schwindel erfasste mein Hirn wie eine Wählscheibe, Essen, das ich erst kürzlich fröhlich zerkaut hatte, verwandelte sich in Erbrochenes. Mein Leben war mir zuwider, meine Einmischungen waren mir zuwider, mein Ehrgeiz war mir zuwider. Einen Moment lang wäre ich am liebsten ein ganz normaler Typ gewesen, der sich mit einer verwaisten Indianerin in ein Tropenhotel zurückgezogen hat.
Nehmt mir die Kamera
nehmt mir den Wein
die Sonne, das Feuchte für immer
und lasst die Ärzte herein
– Weine nicht, F. Du wusstest, dass es so kommen würde. Du hast mich bis zum Äußersten getrieben. Jetzt hat niemand mehr etwas von mir, ich tue einfach, was ich noch kann.
Ich taumelte zum Fenster, doch es ließ sich nicht einen Spalt öffnen. Das Meer war tiefgrün. Hier und da auf dem Strand standen Sonnenschirme, ein Pünktchenmuster. Wie ich mich nach meinem alten Lehrer Charles Axis sehnte! Verzweifelt suchte ich dort draußen nach der makellos weißen Badehose, dem schattenlosen Relief seiner Genitalien.
– Komm schon her, F. Ich kann es nicht ertragen, wenn ein Mann weint oder kotzt.
Sie nahm meinen Kopf und drückte ihn zwischen ihre Brüste. In jedem Ohr steckte ein Nippel.
– Na also.
– Dankedankedankedanke.
– Hör zu, F. Hör jetzt mal so zu, wie du es immer von uns verlangt hast.
– Ich höre zu, Edith.
Lass mich o lass mich
in feuchtschwüle Höhlen schlüpfen
wo Embryonenstädte
auf schäumenden Wogen hüpfen
– Du hörst mir überhaupt nicht zu.
– Ich bemühe mich aber.
– Du tust mir echt leid, F.
– Hilf mir, Edith.
– Dann geh wieder an die Arbeit. Es ist das Einzige, was dir helfen kann. Versuch, die Arbeit zu Ende zu bringen, die du an uns allen begonnen hast.
Sie hatte recht. Ich war der Moses unseres kleinen Exodus. Ich würde es niemals rüberschaffen. Mein Berg mag hoch sein, aber er erhebt sich in der Wüste. Das soll mir genügen.
Ich riss mich zusammen, nahm professionelle Haltung an. Ich hatte noch ihr tieferes Parfüm in der Nase, aber das ging nur mich etwas an. Von meinem Berg Pisgah sah ich auf das nackte Mädchen hinab. Ihre Lippen lächelten zart.
– Schon besser, F. Deine Zunge war nett, aber als Arzt bist du noch viel besser.
– Na gut, Edith. Wo drückt ’ s denn heute?
– Ich kann mich nicht mehr zum Höhepunkt bringen.
– Natürlich nicht. Wenn wir den panorgasmischen Körper perfektionieren wollen, müssen wir die erogene Zone über die gesamte fleischliche Hülle ausbreiten, und wir müssen den Telefontanz noch bekannter machen. Dann müssen wir uns daranmachen, die Tyrannei der Brustwarzen zu beenden, der Lippen, der Klitoris, des Arschlochs.
– Du lehnst dich gegen Gott auf. Du verwendest schmutzige Wörter.
– Ich will es darauf ankommen lassen.
– Seit es mir nicht mehr gelingt, fühle ich mich so verloren. Für andere Sachen bin ich noch nicht bereit. Es macht mich alles so einsam. Ich fühle mich irgendwie unscharf. Manchmal vergesse ich, wo meine Fotze ist.
– Du langweilst mich, Edith. Wenn ich denke, dass ich meine ganzen Hoffnungen auf dich und deinen elenden Mann gesetzt habe.
– Gib ihn mir wieder, F.
– Pass mal auf, Edith. Die Sache ist ganz einfach. Wir machen es mit Büchern. Ich habe mir schon gedacht, dass das passieren könnte, deshalb habe ich ein paar passende mitgebracht. Außerdem habe ich in diesem Koffer eine Anzahl künstlicher Phalli (für weiblichen Gebrauch), Vaginalvibratoren, das Rin-No-Tam und den Godemiche beziehungsweise Dildo.
– Das hört sich schon mal ganz gut an.
– Lehn dich einfach zurück und hör zu. Sink ein in deine Gummimatte. Mach die Beine breit, damit die Klimaanlage ihre schmutzige Arbeit verrichten kann.
– In Ordnung. Schieß los.
Ich räusperte mich. Ich wählte ein geschwollenes Buch mit einer sehr direkten Sprache, das die verschiedenen autoerotischen Techniken bei Mensch und Tier beschreibt, bei Blumen, Kindern und Erwachsenen, bei Frauen jeden Alters und jeder Kultur. Themen, die besprochen werden, sind unter anderem: Warum Ehefrauen masturbieren, Was wir vom Ameisenbär lernen können, Unbefriedigte Frauen, Anomalie und Erotik,
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