Beautiful Losers
die Festigkeit des Farns, ein stürzender Ikarus, unscharf auf einer Briefmarke. An den teuersten Wohnungen von Montréal flattert die Wä–– es ist nur natürlich, dass ich hier versage, ich habe ja beschlossen, den wohltätigen Zweck der Tatsachen zu befördern. Hier eine gute Nachricht für die meisten von uns: Alle Parteien und Kirchen können diese Informationen nutzen. St. Katharina von Bologna, eine Nonne, starb 1463. Sie war fünfzig Jahre alt. Ihre Schwestern legen sie ohne Sarg in die Erde. Bald regt sich ihr Gewissen, sie fragen sich, was mit ihrem Gesicht passiert unter dem Gewicht der Erde. Man gab ihnen die Erlaubnis, den Leichnam zu exhumieren. Sie kratzten den Dreck von ihrem Gesicht. Die niederdrückende Erde hatte das Gesicht nur ganz leicht entstellt, ein eingedrückter Nasenflügel war vielleicht alles, was sie nach achtzehn Tagen unter der Erde davongetragen hat. Der Körper duftete. Als sie ihn untersuchten, stellten sie fest, dass »die Leiche, die weiß gewesen war wie Schnee, eine rote Farbe angenommen hatte. Eine ölige Substanz lag wie Schweiß auf ihr, die einen unbeschreiblichen Wohlgeruch ausströmte.«
19.
Das Begräbnis der Catherine Tekakwitha. Anastasie und Marie-Thérèse bereiteten in größter Andacht die Leiche vor. Sie wuschen ihre Glieder und wischten das getrocknete Blut ab. Sie kämmten ihr Haar und rieben Öl hinein. Sie kleideten sie in perlenbesetzte Gewänder aus weißem Fell. Mit neuen Mokassins bedeckten sie ihre Füße. Eigentlich war es Brauch, den Leichnam auf der Rindenbahre zur Kapelle zu tragen, doch die Franzosen ließen es sich nicht nehmen, einen echten Sarg für sie zu zimmern, »un vrai cercueil«.
– Nicht zumachen!
– Lass mich mal sehen!
Man konnte es der Menge nicht versagen. Sie verlangten, sie noch eine Stunde in ihrer neu gewonnenen Schönheit zu betrachten. Es ist nun Gründonnerstag, Tag der Trauer, Tag der Freude, so bemerken ihre Biografen. Von der Kapelle trug man sie zu dem großen Kreuz auf dem Friedhof am Fluss, wo das Mädchen am liebsten ihre Gebete geschmiedet hatte. Die Patres Chauchetière und Cholenec waren sich uneinig gewesen über die Stelle, an der ihr Grab sein sollte. Pater Chauchetière wünschte, dass sie in der Kapelle begraben würde. Pater Cholenec wünschte, diese Sonderbehandlung zu vermeiden. Während eines anderen Begräbnisses, an dem Catherine teilgenommen hatte, hatte der Priester gehört, wie sie sich selbst in der Angelegenheit geäußert hatte – sie zog die Stelle am Fluss vor.
– Dann soll es wohl so sein.
Der nächste Tag war Karfreitag. Die Missionare predigten die Auferstehung, und ihr Publikum war zutiefst bewegt. Die Menschen hatten das Bedürfnis, lange zu weinen. Der Zelebrant kam über die ersten beiden Worte des Vexilla nicht hinaus.
– Vexilla re––
– Nein! Nein! Schluchz! Arrrrghh!
– Vexilla regis––
– Aufhören! Auszeit! Schluchz! Bitte!
An diesem ganzen Tag und auch am folgenden wurden die Priester Zeugen der ungewöhnlichsten und ausschweifendsten Selbstkasteiungen, die sie je gesehen hatten.
– Sie zerreißen sich bei lebendigem Leibe!
– Die Zeit ist gekommen.
Eine Frau verbrachte die Nacht auf Samstag damit, sich in den Dornen zu wälzen. Vier oder fünf Tage später tat es ihr eine andere Frau nach.
– Zieh mal das Feuer näher heran.
Sie schlugen sich, bis sie bluteten. Sie krabbelten auf nackten Knien durch den Schnee. Witwen schworen, nie wieder zu heiraten. Junge, verheiratete Frauen schworen, nicht neu zu heiraten, wenn ihre Männer sterben sollten. Ehepaare trennten sich und versprachen, wie Geschwister miteinander zu leben. Pater Chauchetière zitierte den guten François Tsonnatouan, der seine Frau zur Schwester machte. Er schnitzte einen kleinen Rosenkranz und nannte ihn »Catherines Rosenkranz«. Er bestand aus einem Kreuz, auf dem er sein Credo ablegte, zwei »Körnern« für das Pater Noster und Ave Maria , und drei »Körnern« für das Gloria Patri . Die Nachricht von ihrem Tod verbreitete sich rasend schnell, von Feuerstelle zu Feuerstelle, von Heidenkind zu Heidenkind, über das ganze Land der Irokesen.
– La sainte est morte.
– Die Heilige ist tot.
In der frühen Kirche bezeichnete man diese Art der Anerkennung durch das Kirchenvolk als la béatification équipollente . Schau herunter, schau herunter, betrachte das Mandala im Schnee, sieh dir das ganze Dorf an, die Figuren, die sich auf weißen Feldern krümmen, versuch einmal, durch
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