Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!
ganzen Haufen!«
»Hör auf, mir ständig dazwischenzureden!«, fuhr seine Frau ihn an. »Ich werde Miss Brown schon erzählen, was es zu erzählen gibt. Und du tust besser daran, die Finger von dem Schwarzgebrannten zu lassen und dich endlich ans Beschlagen von Polly zu machen, sonst fängt sie noch an zu lahmen!«
»Ich weiß schon, was ich zu tun und zu lassen habe!«, erwiderte William Cormick verdrossen, leerte seinen Becher mit einem Zug und stiefelte mit einem mürrischen »Frauen!« aus dem Haus.
Helen Cormick warf Becky einen um Nachsicht bittenden Blick zu. »Es tut mir Leid, dass Sie meinen Mann von seiner wenig einnehmenden Seite kennen lernen müssen«, sagte sie entschuldigend. »Wir machen schwere Zeiten durch, und es gibt so vieles, was uns bedrückt. Und dass nun auch noch Daniel auf und davon ist, machte ihm mehr zu schaffen, als er zugeben will. Ihr Bruder ist uns in den Jahren, die er bei uns ist, sehr ans Herz gewachsen, das müssen Sie uns glauben. Und natürlich machen wir uns Vorwürfe, dass es uns nicht gelungen ist, ihn zur Vernunft zu bringen. Aber das würde mein Mann niemals vor einem Fremden zugeben, schon gar nicht vor einer Frau!«
Becky nickte und behielt ihre Gedanken, die sie sich über die Farm und die Cormicks machte, für sich. »Erzählen Sie mir genau, was geschehen ist.«
Helen Cormick holte tief Luft. »Als wir von Savannah auf unsere Farm zurückkehrten, fing überall bei uns im Bezirk diese unselige Kriegsbegeisterung an. Ich weiß nicht, ob das bei Ihnen oben im Norden von Indiana auch so ist, aber viele fühlen sich auf einmal berufen, zu den Waffen zu greifen und in den Krieg zu ziehen. Und dieser Scott Henderson gehört in Pleasantville zu jenen Leuten mit Geld, die Freiwillige um sich sammeln, sie auf ihre eigenen Kosten mit Waffen ausrüsten und dann losziehen, um sich Lincolns Armee anzuschließen.«
»Ja, das ist auch uns nicht fremd«, sagte Becky. Sie hatte schon in Winchester und Madisonville von gut situierten Bürgern gehört, die kriegswillige Männer zu einem eigenen Kommando um sich scharten und sich die nötige Ausrüstung einiges kosten ließen.
»Scott Henderson ist leider ein alter Haudegen und liebt offenbar den Pulverdampf«, fuhr Helen Cormick fort. »Er soll schon als junger Mann im Krieg gegen Mexiko Ende der Vierzigerjahre gekämpft haben und hat mit seinen Geschichten natürlich die Begeisterung vieler junger Burschen erst so richtig entzündet. Leider sind dabei auch Charley und Ihr Bruder in seinen Bann geraten. Sooft es ihnen möglich war, haben sie sich dort herumgetrieben, wenn die ihre militärischen Übungen veranstaltet haben. Tja, und dann haben sich die beiden vorgestern noch vor dem Morgengrauen davongeschlichen und sich Hendersons Kommando angeschlossen, das nach Osten aufgebrochen ist. Bevor wir noch etwas unternehmen konnten, waren sie bereits über den Ohio und in Kentucky. Ach, hätte ich Ihnen doch schon viel früher geschrieben, dann wäre das alles nicht passiert!«
Becky konnte nicht anders, als der Frau zu versichern, dass sie sich keine Vorwürfe machen müsse und sie bestimmt alles in ihrer Macht Stehende getan habe. Und das war nicht nur so dahergeredet. Daniel war ihr nun mal sehr ähnlich. Auch er ließ sich von einem Entschluss, wenn er ihn einmal gefasst hatte, nicht mehr so leicht abbringen. Dass die Verhältnisse auf der Cormick-Farm sicherlich auch ein Gutteil dazu beigetragen hatten, dass ihr Bruder der Verlockung des angeblichen Abenteuers namens Krieg erlegen war, behielt sie besser für sich.
»Was werden Sie jetzt tun?«, wollte Helen Cormick wissen, nachdem Becky ihr noch einige Fragen zu Scott Henderson, der Stärke seines Kommandos und Charley Sullivan gestellt hatte.
Die Frage überraschte Becky, gab es darauf ihrer Überzeugung nach doch nur eine einzige Antwort. »Ich werde natürlich versuchen, die Truppe einzuholen. Da sie mit zwei Proviantwagen unterwegs sind, wie Sie erzählt haben, werden sie ja kaum so schnell vorankommen wie eine Gruppe von Reitern. Und über dreißig Mann mit zwei Fuhrwerken fallen überall auf, sodass es nicht allzu schwierig sein dürfte, Hinweise zu erhalten und ihnen zu folgen.«
»Das ist aber sehr mutig von Ihnen!«, sagte Helen Cormick bewundernd. »Sie müssen Ihren Bruder sehr lieben.«
»Ja, das tue ich, und ich bin es ihm schuldig, ihn zu suchen und vor Unglück zu bewahren«, sagte sie und bat die Frau dann um Papier und Feder, damit sie Winston und Emily
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