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Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!

Titel: Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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eine kurze Nachricht schreiben konnte.
    Helen Cormick versprach, den Brief noch am selben Tag zur Post zu bringen, und bestand darauf, ihr eine blecherne Wasserflasche und reichlich Proviant für die nächsten Tage mitzugeben. »Das ist doch das Mindeste, was ich für Sie tun kann!«, sagte sie zum Abschied, als Becky sich auf den Weg zur Fährstelle am Fluss machte. »Ich bete für Sie und Ihren Bruder und dass Sie ihn schnell finden!«
    Becky dankte ihr, wusste sie doch, dass sie auf ihrer Suche nach ihrem Bruder in Kentucky und wo immer er sein mochte alle Gebete der Welt dringend nötig hatte!

57
    D IE Sonne hatte ihren höchsten Stand erreicht, und obwohl ein leichter Wind ging, war die Luft so aufgeheizt wie in einem Ofen, als Becky schweißüberströmt den mächtigen Ohio vor sich liegen sah. Mit beachtlicher Geschwindigkeit floss der breite Fluss dahin, der an dieser Stelle Indiana von Kentucky trennte. Das Wasser glitzerte mit blendender Helligkeit.
    Becky nahm einen Schluck aus der verbeulten Blechflasche, die Helen Cormick ihr mitgegeben hatte, und hielt dann Ausschau nach der Fährstelle und der Flusstaverne. Die Farmersfrau hatte ihr den Weg gut beschrieben, und als sie die hohen Sträucher zu ihrer Linken hinter sich gelassen hatte, sah sie auch das klobige Blockhaus und ein Stück unterhalb den Bohlensteg, der ein gutes Dutzend Schritte hinaus auf den Ohio führte.
    Aber den dampfbetriebenen Fährkahn mit der breiten Plattform und dem rot gestrichenen Maschinen- und Ruderhaus, von dem Helen Cormick gesprochen hatte, konnte sie nirgends erblicken. Auch nicht auf der anderen Flussseite. Nur ein plumpes, bauchiges Kajütboot mit einem Mast, um den ein graues Segel nachlässig gewickelt war, lag am Anlegesteg vertäut.
    Als sie jedoch näher kam, bemerkte sie auf der anderen Seite des Bohlenstegs ein rauchgeschwärztes Etwas, das offensichtlich im flachen Ufergewässer auf Grund lag. Augenblicke später machte sie ein verkohltes Stück Reling und das ebenso von Feuer gezeichnete Dach eines Ruderhauses aus, das einige Fuß aus dem Wasser ragte.
    Eine schreckliche Ahnung befiel sie. Waren das vielleicht die Reste der Flussfähre?
    »Kein allzu schöner Anblick, nicht wahr?«
    Becky fuhr herum. Auf dem Kajütboot stand jetzt ein grobschlächtiger Mann mit nackter, dicht behaarter Brust, der bei ihrem Näherkommen wohl unter Deck gewesen sein musste. Er putzte sich seine Hände an einem dreckigen Lappen ab.
    »Ist... ist das die Flussfähre?«, fragte Becky beklommen und wies auf die brandgeschwärzten Trümmer, die oberhalb der Wasseroberfläche zu sehen waren.
    »Ja, das war sie einmal«, antwortete der Mann mit einem breiten Grinsen und sprang zu ihr auf den Steg. »Henry Colberts ganzer Stolz.«
    Becky sank das Herz. »Was ist passiert?«
    »Du bist wohl nicht von hier, was?«
    »Nein, ich lebe in Winchester, das liegt ein gutes Stück nordwestlich von Indianapolis.«
    »So, so!… Nun, dieser verdammte Eigenbrötler Colbert hat die Dummheit besessen, Sympathien für die Sezession der Südstaaten zu äußern, und Lincoln eine einfältige Marionettenpuppe der Abolitionisten genannt«, erklärte der Mann, und Schadenfreude sprach aus seiner Stimme, als er fortfuhr: »Das kam bei einigen Leuten, die mit ihm drüben in der Taverne saßen, gar nicht gut an. Und ehe er sich versah, stand seine alte, keuchende River Lady letzte Nacht lichterloh in Flammen. Das war ein Gejohle, Mann o Mann, als Henry mit seinem Eimer wie ein wild gewordenes Huhn hin und her gelaufen ist und versucht hat, den Brand zu löschen. Aber da war nichts mehr zu retten. Himmel, hat der Kerl geflucht und uns allen die Pest und Krätze an den Hals gewünscht. Dabei kann er überhaupt von Glück reden, dass sie ihm nicht auch noch auf den Leib gerückt sind und ihn mit seinem Kahn im Fluss ersäuft haben. Manchen hat es nämlich höllisch in den Fingern gejuckt. Nicht dass einer von uns was für Nigger übrig hätte. Aber mit den arroganten Plantagenherren und Sklavenhaltern hält es hier auch keiner.«
    Ratlos starrte Becky auf das abgebrannte und gesunkene Wrack der Fähre. Wie sollte sie jetzt nur über den Fluss kommen?
    »Willst du rüber nach Kentucky, Kleine?«, fragte der Mann.
    »Ja, ich muss dringend das Kommando von Captain Henderson einholen. Mein Bruder hat sich seinen Leuten angeschlossen, obwohl er doch erst dreizehn ist und in einem Krieg nichts zu suchen hat!«, erklärte Becky.
    »So, dein Bruder ist also mit Captain

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