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Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!

Titel: Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Central Park. Der ist riesig!«
    »Ja, warum eigentlich nicht?«, fragte auch Coffin. »Ist zwar ein gutes Stück bis dahin zu laufen, aber die Mühe lohnt sich. Denn im Sommer ist man dort am besten aufgehoben. Wir haben uns zwischen ein paar Büschen ein nettes Plätzchen reserviert, wo man es bei diesen Temperaturen nachts gut aushalten kann. Da seid ihr auch sicher und zudem spart ihr noch das Geld für Sandy Sullivans mieses Kellerloch. Also, kommt mit!«
    »Von mir aus sofort!«, rief Daniel begeistert.
    Der Vorschlag gefiel auch Becky, die bisher noch nicht auf den Gedanken gekommen war, Five Points nachts zu verlassen und sich außerhalb des vertrauten Viertels einen Schlafplatz zu suchen, so wie es die vielen anderen Straßenkinder taten.
    Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zum Central Park, nachdem Becky und Daniel ihr armseliges Bündel aus der Kellerabsteige geholt hatten. Beide waren sie überrascht, als sie gute zwanzig Minuten später mit eigenen Augen sahen, welch ein lebhaftes Treiben zur Nachtstunde in dem weitläufigen Gelände herrschte. Die Mehrzahl waren Kinder, abgerissene Gestalten zwischen sechs und sechzehn. Schuhputzer, Straßenfeger, Zeitungsjungen, Laufburschen sowie Jungen und Mädchen, die wie Daniel Streichholzschachteln und andere Billigwaren auf den Straßen und an den Hintertüren verkauften. Sie strömten aus allen Richtungen auf die Grünflächen und ließen sich unter Bäumen und zwischen den Bäumen nieder. An vielen Stellen flackerten sogar kleine Feuer auf, sodass ein ahnungsloser Betrachter den Eindruck gewinnen konnte, eine zerlumpte, geschlagene und in Auflösung befindliche Kinderarmee habe im Central Park ihr Heerlager aufgeschlagen.
    Coffin und Timothy führten sie zu ihrem angestammten Schlafplatz auf die Westseite des ersten Sees, der sich gleich jenseits von Fifth Avenue und 59th Street in der Südostecke des Parks schmal und lang wie ein Tausendfüßler durch Wiesen und kleine Waldstücke wand. In der von Holunderbüschen geschützten, grasbewachsenen Senke lagerte schon ein gutes Dutzend anderer Straßenkinder. Ausnahmslos Zeitungsjungen, die morgens mit der New York Sun und am Nachmittag mit der Evening Post durch die Straßen, Tavernen und Hafenanlagen zogen, wie Timothy ihnen mitteilte.
    »Die Konkurrenz vom Herald und von der Tribune haben ihre Stammplätze weiter oben beim Croton Wasserreservoir«, sagte er.
    Sie breiteten ihre Decken aus und machten es sich so bequem wie möglich. Über ihnen spannte sich ein herrlich klarer Nachthimmel, auf dem Myriaden von Sternen funkelten, als hätte jemand nachlässig Diamantensplitter über ein schwarzes Samttuch ausgestreut. Dass die Straßenschluchten von New York mit seinen fast eine Million Einwohnern den Central Park umschlossen, konnte man leicht vergessen, wenn man hier im Gras lag und in die unendliche Weite des Universums schaute.
    Daniel gab einen müden, aber wohligen Seufzer von sich. »Warum haben wir das nicht schon viel eher getan?«, murmelte er zufrieden, rollte sich ein und war im Handumdrehen eingeschlafen.
    Becky und auch Coffin und Timothy war jedoch noch nicht nach Schlafen zumute und ihre Unterhaltung sprang von einem Thema zum anderen.
    Als Becky die Rede auf ihre Schwierigkeit brachte, eine Arbeit zu finden, die täglich mehr als nur ein paar lausige Cent einbrachte, fragte Timothy auf einmal: »Warum versuchst du es denn nicht als Zeitungsjunge? Ein Vermögen machen wir zwar nicht, und es ist ein knochenharter Job, aber es springt doch genug dabei heraus, um ein ganz ordentliches Auskommen zu haben.«
    Becky wusste erst einmal nichts zu erwidern, so verblüfft war sie von dem Vorschlag. Nie wäre sie auf diese Idee verfallen. »Ist das dein Ernst? Zeitungsjunge? Ich als Mädchen?«, wandte sie dann ein.
    »Ich gebe zu, viele Mädchen gibt es nicht, die sich in dem Geschäft behaupten können, aber ein paar findest du schon«, sagte Timothy. »Und ich denke, du könntest zu ihnen gehören.«
    Coffin schlug sich mit der flachen Hand vor den Kopf. »Mensch, das ist eine gute Idee! Warum ist mir das nicht schon längst eingefallen?«
    Verblüfft sah Becky von einem zum anderen. »Ihr traut mir das wirklich zu?«
    »Klar doch!«, kam es sofort von Coffin. »Du bist alles andere als eine lahme Transuse und schon gar nicht auf den Mund gefallen. Du weißt dich zu behaupten, stimmt’s, Tim? Ich gehe jede Wette ein, dass du das schaffst.«
    Timothy stimmte ihm zu. »Und was hast du denn schon groß

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