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Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!

Titel: Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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ihm dazu nicht verhelfen, aber die Children’s Aid Society kann es.«
    Er wollte davon nichts wissen, und beschwörend redete er auf sie ein, es sich noch einmal gut zu überlegen.
    Aber ihr Entschluss war gefasst, und sie hielt daran fest, auch wenn sie die starken Bedenken in sich nicht zum Schweigen bringen konnte. Für Daniel war dieses Wagnis wohl das Richtige - aber war es das auch für sie selbst ?
    Am folgenden Morgen fanden sie sich in aller Frühe wieder im Haus der Kinderhilfsorganisation ein. Ein Arzt untersuchte sie auf ihren Gesundheitszustand, fand sie frei von Krankheiten und stellte ihnen ein entsprechendes Zeugnis aus, das Voraussetzung für die Teilnahme an einem Waisenzug war.
    Nach der ärztlichen Untersuchung führte man sie nach oben in einen gekachelten Waschraum, wo sie sich splitternackt ausziehen und sich der beschämenden Prozedur einer gründlichen Reinigung, einschließlich einer recht unangenehmen Entlausung, unterziehen mussten. Das Bad in der großen Zinkwanne war jedoch eine wahre Wohltat. Anschließend wurden ihnen die Haare zu einer ordentlichen Frisur geschnitten, wobei sich das vorherige Auskämmen ihrer verfilzten Mähne als überaus schmerzhaft erwies. Ihre Kleider verschwanden samt und sonders in einem Sack, der zweifellos seinen Weg zum Lumpensammler antreten würde. Die herrliche neue Wäsche und Oberbekleidung, die man ihnen danach reichte und die allem Anschein nach noch ungetragen war, empfanden Becky und ihr Bruder jedoch als reichhaltigen Trost für die in jeder Hinsicht peinsame Prozedur im Waschraum.
    Becky kam aus dem Staunen nicht heraus, als sie erfuhr, dass dies nur ihre einfache Reisekleidung war. Für die »Präsentation«, wie sich die kräftig gebaute und sehr resolute Missis Cunningham rätselhaft ausdrückte, erhielten sie nämlich noch eine zweite Garnitur Wäsche sowie Oberbekleidung, die noch ansprechender aussah und bei der es sich um ihren »Sonntagsstaat« handeln sollte.
    Zu ihrer neuen Ausstattung gehörten zudem noch ein warmer Mantel und ein kleiner Koffer, in dem sie ihre Sonntagssachen für ihre Präsentation sowie einen Teil ihres Reiseproviantes mit sich führen würden. Und während Daniel zu all dem noch eine fesche Ballonmütze erhielt, gab es für Becky einen Strohhut mit einem hübschen flaschengrünen Schmuckband, das an der Seite zu einer Schleife festgesteckt war.
    Noch nie in ihrem Leben hatten sie sich so reich beschenkt gefühlt wie an diesem Morgen.

33
    A UFRÜCKEN! Aufrücken! Lasst nicht so viel Platz zwischen den Reihen, Kinder! Wenn ihr die Arme ausstreckt, müsst ihr die Hand auf euren Vordermann legen können!... Zusammenbleiben!... Zusammenbleiben, habe ich gesagt!... Haltet euch immer zu zweit an den Händen!... Miss Kingsbury, sorgen Sie für etwas mehr Ordnung in Ihrer Gruppe! Viererreihen bilden und bitte keine wilden Schlangenlinien!... Und Mister Hamilton! Würden Sie bitte die Freundlichkeit haben, sich daran zu erinnern, dass auch die Jungen mindestens zwei Schritte Abstand von der Bahnsteigkante einzuhalten haben?«
    Wie ein kampferfahrener und furchtloser General, der sich in der alles entscheidenden Schlacht kühn an die Spitze seiner Soldaten stellte und persönlich mit Leib und Leben dem feindlichen Angriff trotzte, so marschierte die matronenhafte Missis Georgia Cunningham am Morgen ihres Aufbruchs vorweg und durch das Tollhaus des New Yorker Hauptbahnhofes. Sie führte einen schwarzen Gehstock mit einem Silberknauf mit sich, jedoch nicht um sich darauf zu stützen, sondern um sich damit einen Weg durch das unglaubliche Menschengewimmel zu bahnen. Sie zögerte auch nicht, kräftige Hiebe auszuteilen, wenn ihre Rufe, den Weg gefälligst für sie und ihre Waisengruppe freizugeben, ebenso wenig fruchteten wie ein ruppiges Antippen von hinten mit dem Stock.
    Georgia Cunninghams wachsame Augen schienen überall zu sein. Nichts entging ihr. Und mit ihrer kräftigen und mitunter scharfen Stimme dirigierte sie ihre Truppen durch das lärmende Menschengewirr. Wobei sie jedoch nicht nur die dreiundfünfzig Jungen und vierunddreißig Mädchen jederzeit unter ihrer Kontrolle hielt, sondern auch die beiden anderen erwachsenen Reisebegleiter, die junge und recht zierliche Miss Alice Kingsbury und den nur wenige Jahre älteren Mister George Hamilton, der sich ständig nervös an seine runde Nickelbrille fasste und noch aufgeregter als Miss Kingsbury wirkte.
    Mit ihrem rostroten Umhang und ihrem mit Kunstblumen bestückten

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