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Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!

Titel: Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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bis auf diejenigen natürlich, die schon in Auburn Heights ein neues Heim gefunden haben. Miss Kingsbury, Mister Hamilton, halten Sie Ihre Gruppen zusammen. Und ihr Kinder, haltet eure Koffer gut fest! Es wird gleich recht stürmisch zugehen!«
    Und tatsächlich: Kaum hatten die Bediensteten der Bahn die hölzernen Trittstufen in Stellung gebracht und die Türen entriegelt und aufgeschoben, als die Menschenmenge sich auch schon wie eine unaufhaltsame Flut nach einem Dammbruch auf die Wagons stürzte. Viele der Einwanderer, die hinter den Waisenkindern auf dem Bahnsteig gestanden hatten, stürmten mit ihrem Gepäck nun rücksichtslos vor, schnitten breite Schneisen in die Gruppe der Kinder und rissen sie auseinander. Überall herrschten Gedränge und Geschiebe, Geschrei und Gefluche.
    Becky erhielt einen schmerzhaften Stoß gegen die Schulter, als sich links von ihr eine mehrköpfige Familie an ihr vorbeidrängte. Fast wäre ihr dabei der Koffer aus der Hand geprellt worden.
    »Los, hoch in den Wagon!«, rief sie ihrem Bruder zu, dessen Hand sie fest umklammert hielt. Niemand sollte sie von Daniel trennen!
    Sie stolperten die beiden Bretterstufen der Einsteighilfe hoch und stürzten, von der Macht der nachdrängenden Menge geschoben, auf eine der primitiven Holzbänke zu, mit denen die Wagons des Einwandererzuges ausgestattet waren. Sie hatten das Glück, auf einer der vorderen Bänke Platz zu finden, ganz in der Nähe des schmalen Kohlenofens, der zusammen mit dem eisernen Kohlenkasten in der Mitte der Rückwand mit schweren Halterungen befestigt war. Lampen gab es keine.
    »Das ist ja ein schöner Anfang«, sagte Becky sarkastisch, nachdem sie ihren und Daniels Koffer unter die Bank geschoben und Atem geholt hatte.
    »Ach, wir haben doch schon viel Schlimmeres mitgemacht. Wir haben einen guten Sitzplatz und warm genug ist es bestimmt auch. Was brauchen wir denn auf der Reise mehr? So lange wird sie doch gar nicht dauern«, erwiderte ihr Bruder fast fröhlich. Er schien fest entschlossen, sich seine Vorfreude auf eine Familie irgendwo im Westen von nichts trüben zu lassen.
    Georgia Cunningham hatte es mit gut zwei Dutzend anderen Jungen und Mädchen zu ihnen in den Wagon geschafft, aber norwegische und irische Einwanderer bildeten die Mehrzahl der Leute, mit denen sie den Wagon teilten. Es war eng. Überall türmten sich Koffer, Kisten, Säcke und anderes Gepäck auf.
    »Jetzt geht es los! Endlich!«, stieß Daniel aufgeregt hervor, als die Dampfsirene der Lokomotive drei lange Pfeifsignale von sich gab. Ein Ruck ging durch ihren Wagon, als der Zug sich ganz langsam in Bewegung setzte und sich die Kupplungen zwischen den einzelnen Wagen spannten.
    Die breite Schiebetür blieb auf, gab es im Wagon doch kein einziges Fenster. Auch hätten die Insassen es bei geschlossener Tür nicht lange ausgehalten - nicht allein wegen der Körperausdünstungen und Gerüche, die von ungewaschenen Körpern, Kleidern und mitgeführtem Essen ausgingen. Viele von den Männern rauchten, auch einige der norwegischen Frauen steckten sich Pfeifen an. Dazu kam der beißende Rauch, der aus dem Kohlenofen qualmte, als einer der Männer darin ein Feuer entzündete und Kohlen auflegte. Dampfwolken, die unzählige kleine und große Rußpartikel mit sich führten und ins Wagoninnere wehten, zogen an der breiten Öffnung vorbei.
    Georgia Cunningham hatte alle Hände voll zu tun, einige der vorwitzigen Kinder aus ihrer Gruppe davon abzuhalten, sich zu den anderen Jungen und Männern der Einwanderer zu gesellen, die sich ungeachtet der Gefahr an der offenen Tür drängten, um einen letzten Blick auf New York zu werfen, das schnell hinter ihnen zurückfiel. Keinen Erfolg hatten jedoch ihre Proteste, als nicht wenige der Einwanderer schon früh Flaschen mit Alkohol in ihren Reihen kreisen ließen, sich unanständige Witze erzählten, beim Kartenspiel fluchten und Lieder anstimmten, die nicht für die Ohren von Kindern geschaffen waren. Schließlich gab sie es auf, in Gegenwart ihrer Schützlinge ein besseres christliches Benehmen anzumahnen.
    Der lange Einwandererzug rollte unter monotonem klick-klack... klick-klack und mit einer Geschwindigkeit, die je nach Beschaffenheit des Terrains zwischen achtzehn und vierzig Meilen pro Stunde lag, durch die noch winterliche Landschaft von New Jersey. Alle paar Stunden hielt der Zug in einer so genannten tank town, wo neben den Gleisen ein großer Wassertank aufragte, aus dem der Wasservorrat für den Dampfkessel

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