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Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!

Titel: Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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sie hinter dem Drahtzaun, in einem fort Rotz und Wasser heulend, fünfundzwanzig tote Küken.

40
    W AS willst du mit dem Koffer?«, fragte Winston verwundert, als Becky bei ihm in der Scheune erschien, wo er sich an einem hochbordigen Fuhrwerk zu schaffen machte.
    »Da ist alles drin, was ich besitze. Ich glaube, es ist besser, wenn ich wieder weggehe«, sagte Becky gefasst. Sie hatte nach der Beerdigung der Küken schnell ihre wenigen Sachen eingepackt und sich aus dem Haus geschlichen, als sich die Farmersfrau zum Melken der Milchkuh in den Stall begeben hatte. »Ihre Frau wird es Ihnen danken, wenn Sie mich wieder nach Madisonville zurückbringen, Mister Newman.«
    »Was redest du da für einen Unsinn, Becky? Das kommt ja überhaupt nicht infrage!«, entgegnete er und wurde fast ärgerlich. »Wie kommst du denn darauf, dass wir dich wegen dieser... kleinen Dummheit nicht länger bei uns haben wollen? Du wirst den Koffer auf der Stelle wieder in dein Zimmer bringen, hast du gehört? Und fall nicht wieder in dieses ›Mister Newman‹ zurück! Das haben wir doch schon gestern hinter uns gebracht, oder? Nun mach schon, wir wollen los!«
    Becky ließ den Kopf sinken, brachte den Koffer zurück in ihr Zimmer und saß wenig später wie ein Häuflein Elend neben Winston auf dem Kutschbock des schweren Fuhrwerks, auf dessen Ladefläche der Pflug lag. Einerseits war sie dankbar, dass er nicht daran dachte, sie weggehen zu lassen. Andererseits aber fürchtete sie sich davor, von nun an in einem ständigen Kampf mit der Farmersfrau zu liegen und ihr nie etwas recht machen zu können.
    Als ahnte Winston, was ihr durch den Kopf ging, sagte er: »Das mit den Küken war natürlich ein kleiner Rückschlag. Aber hab nur etwas Geduld, dann wird sich alles zum Guten wenden.« Er lachte kurz auf, doch es klang eher bekümmert, als er fortfuhr: »Manchmal verteidigt Emily noch Bastionen, die sie selbst schon längst verloren gegeben hat. Das Leichte fällt ihr oft sehr schwer, während sie das Schwere so klaglos trägt, als wäre es überhaupt keine Last für sie.«
    Aus dem letzten Satz wurde Becky nicht schlau, aber sie fragte nicht nach. Was sie mehr beschäftigte, waren die toten Küken und wie sie ihren fatalen Fehler wieder gutmachen konnte, um Emilys Zorn zu besänftigen. »Können wir in Winchester neue Küken kaufen?«
    »Sicherlich, und das werden wir auch tun. Der alte Zane Carson wird uns nur zu gern zwei Dutzend verkaufen.«
    »Dann werde ich für sie bezahlen«, sagte Becky entschlossen und zog ihren abgewetzten Geldbeutel hervor. »Ich habe zwei Dollar und vierzig Cent gespart. Wird das reichen?«
    »Natürlich, aber ich denke nicht daran, dich für die Küken bezahlen zu lassen.«
    »Ich habe den Schaden angerichtet und ich möchte ihn auch wieder gutmachen!«, sagte sie und sah ihn flehentlich an. »Wie soll ich Emily denn sonst beweisen, wie sehr es mir Leid tut und dass ich meinen Fehler nicht auf die leichte Schulter nehme?«
    »Also gut, wenn du darauf bestehst, werden wir die neuen Küken von deinem Geld kaufen«, gab Winston nun nach. »Aber dann wirst auch du einen Teil vom Erlös der Eier, die wir verkaufen, für dich behalten, damit du über ein wenig eigenes Geld verfügen kannst. So, und jetzt wollen wir unsere Nachbarn, die Flemings begrüßen. Sie wohnen dort drüben bei dem Wäldchen. Joshua, einer ihrer vielen Söhne, verdingt sich regelmäßig bei uns als Knecht. Er ist ein netter Bursche und tüchtiger Arbeiter, nur im Kopf ist er ein bisschen träge. Da ist er nicht weiter als ein Zehnjähriger.«
    Die Farm der Flemings konnte sich mit dem Anwesen der Newmans in keiner Weise messen. Haus, Scheune und Schuppen sahen irgendwie vernachlässigt und unorganisiert aus. Der ganze Hof machte den Eindruck, als wäre keine der vielen anfallenden Arbeiten richtig beendet, sondern stets kurz davor zugunsten einer anderen Aufgabe abgebrochen worden. Aber was der leicht schlampige Hof an Ordnung und Sauberkeit vermissen ließ, machten seine Bewohner an Lebensfreude und Liebenswürdigkeit mehr als wett. Lydia Fleming, die breithüftige Mutter von zwei halbwüchsigen Töchtern und fünf Söhnen zwischen zwei und zwanzig, besaß ein Lächeln, das einem das Herz wärmen konnte. Und dasselbe galt für ihren Mann John, der mit seiner schlanken und hoch gewachsenen Gestalt neben seiner fülligen Frau wie ausgehungert aussah.
    Winston legte nur einen Halt von wenigen Minuten bei den Flemings ein - und zwar einzig und

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