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Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!

Titel: Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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darauf wartet, getan zu werden. Da ist die Wäsche und es muss auch wieder Butter gestampft werden!«
    »Heute ist noch eine Ausnahme, Emily«, erwiderte Winston. »Sie muss sich doch erst langsam bei uns einleben, und da hilft es bestimmt, wenn sie auch gleich den Ort sieht, wo sie im Spätherbst, wenn die Schule wieder beginnt, zum Unterricht gehen wird. Und wenn wir zurück sind, bleibt ihr noch Zeit genug, um dir bei der Wäsche und allem anderen zur Hand zu gehen.«
    »Wie du meinst«, erwiderte sie schmallippig.
    »Aber du kannst jetzt schon mal die Küken herauslassen, Becky«, forderte Winston sie auf. »Ich hole indessen das Fuhrwerk aus dem Schuppen. Dann zeige ich dir, wie man ein Pferd einschirrt.«
    »Das habe ich schon getan!«, verkündete Becky stolz. »Heute Morgen gleich als Erstes, nachdem ich den Ascheneimer geleert habe.«
    Wie alarmiert fuhr Emily zu ihr herum. »Was hast du schon getan?«
    »Die Küken aus ihrem Verschlag gelassen.«
    »Um Gottes willen!«, stieß Emily erschrocken hervor. »Du Dummkopf! Und du willst auf einem Bauernhof aufgewachsen sein? Der Herr stehe uns bei!« Sie ließ das Besteck fallen und stürzte ohne ein weiteres Wort aus der Küche und aus dem Haus.
    »Ja, war das denn nicht richtig?«, fragte Becky bestürzt, als sie sah, dass auch Winston ein erschrockenes Gesicht machte.
    Er gab einen schweren Stoßseufzer von sich. »Nein, das war es ganz und gar nicht«, sagte er, während er sich von seinem Stuhl erhob. »So junge Küken dürfen erst ins Freie, wenn die Morgensonne den Tau vom Gras getrocknet hat. Andernfalls ertrinken sie im Morgentau und gehen zugrunde.«
    »O mein Gott!« Becky schlug die Hand vor den Mund, und ihr war, als wiche alle Kraft aus ihren Gliedern.
    Er seufzte erneut. »Komm, schauen wir nach, ob es noch nicht zu spät ist, um wenigstens einige von ihnen zu retten.«
    Vor Scham wäre Becky am liebsten weggerannt, ja noch lieber wäre sie auf der Stelle im Boden versunken. Alles, nur nicht Emily unter die Augen treten! Aber daran führte kein Weg vorbei und vor Angst fröstelnd folgte sie Winston hinaus auf den Hof.
    »Sie sind tot! Alle!«, rief Emily ihnen zu, noch bevor sie den Drahtzaun erreicht hatten. Sie hielt Becky zwei der toten Küken auf ihrer Hand entgegen und herrschte sie an: »Sieh nur, was du angerichtet hast! Ertrunken sind sie im Morgentau! Wie kannst du nur so einfältig sein?«
    »Es… es… tut mir Leid«, stammelte Becky, den Tränen nahe. »Ich wusste nicht....«
    »Du wusstest nicht! Du wusstest nicht!«, fiel ihr Emily ins Wort. »So etwas weiß man, wenn man auf einem Bauernhof aufgewachsen ist!«
    Becky wollte ihr erklären, dass sie schon mit fünf Jahren ausgewandert war und sich nicht daran erinnern konnte, Küken gehabt zu haben. Und falls sie welche gehabt hatten, war sie noch zu klein gewesen, um sich daran zu erinnern, wie gefährlich Morgentau für sie war. Aber unter dem zornigen Blick der Farmersfrau war sie zu einer weiteren Entschuldigung nicht fähig.
    »Das ist wohl auch meine Schuld«, griff Winston nun ein.
    »Jetzt nimm sie bloß nicht noch in Schutz!«, erregte sich Emily.
    »Ich nehme sie nicht in Schutz, sondern sage nur, was der Wahrheit entspricht«, erwiderte Winston. »Ich habe ihr gestern erklärt, dass die Küken abends in ihren Verschlag kommen und morgens wieder herausgelassen werden. Ich hätte ihr sagen müssen, dass erst das Gras trocken sein muss, bevor sie hinaus ins Freie dürfen.« Er hob in einer hilflosen Geste die Hände. »Emily, geh nicht zu hart mit ihr ins Gericht. Sie wollte doch nur das Richtige tun. Und was geschehen ist, ist geschehen.«
    »Das ist es in der Tat!«, stieß Emily grimmig hervor und wandte sich wieder Becky zu. »Du wirst sie einsammeln, dir eine Schaufel holen und sie irgendwo dort hinter dem Zaun unter die Erde bringen!« Und noch im Weggehen sagte sie sarkastisch: »Von wegen auf einem Bauernhof aufgewachsen! Dann bin ich auf einem Schloss zur Welt gekommen!«
    Becky liefen die Tränen über die Wange.
    »Nimm es nicht so tragisch, mein Kind«, versuchte Winston, sie zu trösten. »Sie wird schon darüber hinwegkommen. So traurig die Sache sein mag, ein so großer Verlust ist es nun auch wieder nicht. Und nun tu, was Emily dir aufgetragen hat.«
    Wie viel versprechend hatte ihr erster Tag auf der Deer Creek Farm begonnen - und in welch eine Katastrophe hatte er sich verwandelt! Sie hatte Emily Newman nun erst richtig gegen sich aufgebracht, und nun begrub

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