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Bedenke Phlebas

Bedenke Phlebas

Titel: Bedenke Phlebas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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einem Ellbogen und stemmte das eine Bein ein,
während er mit dem anderen in die Richtung trat, aus der der
Schlag gekommen war. Er spürte, daß etwas unter seinem
Fuß nachgab.
    Er stellte sich auf die Füße, duckte sich im Gedanken
an sausende Propellerblätter dicht über ihm. Die Wirbel und
Strudel heißer, ölgefüllter Luft schaukelten ihn wie
ein kleines Boot, das auf einer kabbeligen See tanzt. Ihm war zumute,
als sei er eine Marionette, die von einem Betrunkenen geführt
wird. Mit ausgestreckten Armen taumelte er vorwärts und
stieß gegen Kraiklyn. Wieder drohten sie gemeinsam zu Boden zu
gehen. Horza ließ los und boxte mit aller Kraft gegen die
Stelle, wo er den Kopf des Mannes vermutete. Seine Faust krachte in
Knochen, aber er wußte nicht, wo. Für den Fall, daß
ein Vergeltungsschlag oder -tritt unterwegs war, wich er zurück.
In seinen Ohren rauschte es, sein Kopf saß wie in einer
Klammer. Er fühlte, wie seine Augen in ihren Höhlen
vibrierten; er glaubte, taub zu sein, aber er spürte ein
Hämmern in Brust und Kehle, das ihm den Atem nahm, ihn
würgen und keuchten ließ. Rings um sie war die schwache
Andeutung einer Lichtgrenze zu erkennen, als befänden sie sich
unter der Mitte des Luftkissenbootes. Horza sah etwas, das nichts
weiter war als ein dunkler Fleck auf dieser Grenze, stürzte sich
darauf und schwang seinen Fuß von ganz unten hoch. Wieder traf
er, und der dunkle Teil der Grenze verschwand.
    Ein heftiger Fallwind blies ihn um. Er rollte über den Beton
und stieß gegen Kraiklyn, der nach Horzas letztem Tritt auf dem
Boden lag. Horzas Kopf mußte einen weiteren Schlag hinnehmen,
der aber schwach war und kaum weh tat. Der Wandler tastete nach
Kraiklyns Kopf umher und fand ihn. Er hob ihn an und knallte ihn
einmal, zweimal auf den Beton. Kraiklyn wehrte sich, doch es
nützte ihm nichts, daß seine Hände gegen Horzas Brust
und Schultern trommelten. Das helle Gebiet jenseits der undeutlichen
Gestalt auf dem Boden vergrößerte sich, kam näher.
Noch einmal ließ Horza den Kopf Kraiklyns auf den Boden
donnern, dann warf er sich flach hin. Der hintere Rand der
Schürze schrubbte über ihn weg; seine Rippen schmerzten,
und sein Schädel fühlte sich an, als stehe jemand darauf.
Dann war es vorbei, und sie waren im Freien.
    Das große Fahrzeug brauste davon, Überreste von Gischt
nachschleppend. Ein zweites war fünfzig Meter weiter unten im
Dock und in ihrer Richtung unterwegs.
    Zwei Meter von Horza entfernt lag Kraiklyn ganz still da.
    Horza kroch zu ihm hinüber. Er sah in seine Augen hinunter,
die sich ein bißchen bewegten.
    »Ich bin Horza! Horza!« schrie er und konnte
seine eigene Stimme nicht hören.
    Sein Gesicht, das nicht sein eigenes war, verzerrte sich vor
Frustration, und das war das letzte, was Kraiklyn jemals sehen
sollte. Horza’ faßte den Kopf des liegenden Mannes,
verdrehte ihn mit einem scharfen Ruck und brach ihm den Hals, ganz
wie er es bei Zallin gemacht hatte.
    Er schaffte es noch gerade rechtzeitig, die Leiche an den Rand des
Docks zu zerren, um dem dritten und letzten Luftkissenboot aus dem
Weg zu kommen. Die hochaufragende Schürze fegte zwei Meter von
der Stelle entfernt vorbei, wo er halb lag, halb saß, keuchend
und schwitzend, den Rücken gegen den kalten, nassen Beton des
Docks gelehnt, mit offenem Mund und hämmerndem Herzen.
     
    Er nahm Kraiklyn den Mantel und den hellen einteiligen Anzug ab,
stieg aus seiner eigenen zerrissenen Bluse und der blutigen Hose und
zog an, was Kraiklyn getragen hatte. Er streifte Kraiklyn den Ring
von dem kleinen Finger seiner Rechten. Nun zupfte er an der
Innenseite seines rechten Handgelenks. Mühelos löste sich
eine Hautschicht vom Handgelenk bis zu den Fingerspitzen. Horza
wischte Kraiklyns schlaffe, blasse rechte Handfläche auf einem
feuchten Stück der Kleidung ab, legte die Haut darüber und
drückte sie fest. Er hob sie vorsichtig wieder ab und brachte
sie von neuem auf seiner eigenen Rechten an. Dann wiederholte er die
Operation mit der Linken.
    Es war kalt, und er hatte das Gefühl, daß ihn diese
Arbeit sehr viel Zeit und Mühe kostete. Schließlich –
die drei großen Luftkissenboote hielten einen halben Kilometer
weiter unten im Hafenbecken an und ließen Passagiere aussteigen
– schleppte sich Horza zu einer Leiter mit metallenen Sprossen,
die in die Betonwand des Docks eingelassen war, und zog sich mit
zitternden Händen und Füßen nach oben.
    Eine Weile blieb er liegen, dann stand er auf, stieg

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