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Bedenke Phlebas

Bedenke Phlebas

Titel: Bedenke Phlebas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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jetzt aufs Ohr zu legen. Balveda wurde in
den Fesselharnisch geschnürt und in einem der leeren
Lagerräume abseits der Bahnsteige verbarrikadiert. Unaha-Closp
erhielt den Befehl, sich auf eine der hohen Brücken zu setzen
und sich still zu verhalten, solange er nichts Verdächtiges sah
oder hörte. Horza legte seinen Fernsensor neben der Stelle, wo
er schlafen wollte, auf einen der niedrigsten Träger eines
Hebemechanismus. Er hätte gern ein Wort mit Yalson geredet, aber
bis er all diese Vorkehrungen beendet hatte, waren mehrere Leute,
einschließlich Yalson, schon eingeschlafen. Sie lehnten mit dem
Rücken an der Wand oder lagen auf dem Boden, hatten die
Helmsichtscheiben verspiegelt oder die Köpfe von dem schwachen
Licht der Anzüge ihrer Kameraden weggedreht.
    Wubslin wanderte noch ein bißchen im Bahnhof umher. Dann
legte sich auch der Ingenieur hin, und alles war still. Horza stellte
den Fernsensor so ein, daß er Alarm gab, wenn er etwas oberhalb
eines bestimmten niedrigen Bewegungsniveaus wahrnahm.
    Er schlief unruhig. Seine Träume weckten ihn.
    Geister jagten ihn durch widerhallende Docks und stille,
verlassene Schiffe, und wenn er sich nach ihnen umdrehte, warteten
ihre Augen immer wie Zielscheiben, wie Münder, und die
Münder verschluckten ihn, so daß er in den schwarzen Mund
des Auges fiel, vorbei an seinem Eisrand, totem Eis um das kalte,
verschluckende Auge, und dann fiel er nicht, sondern rannte, rannte
mit bleierner, teeriger Langsamkeit durch die Knochenhöhlen
seines eigenen Schädels, der sich langsam auflöste; ein
kalter Planet, durchzogen von Tunneln. Er schmetterte gegen einen
bröckelnden, niemals endenden Eiswall, bis die Trümmer ihn
einfingen und er brennend wieder in den kalten Eistunnel fiel, und
während er fiel, stieg aus der Kehle des kalten Eis-Auges und
aus seinem eigenen Mund ein Geräusch auf, und ihm wurde davon
kälter als von dem Eis, und das Geräusch sagte:
    »IIIiii…«

 
     
     
     
     
Spielstand: Drei

Fal’ Ngeestra war da, wo sie am liebsten weilte: auf dem
Gipfel eines Berges. Sie hatte ihre erste richtige Klettertour seit
ihrem Beinbruch hinter sich. Es war ein
verhältnismäßig harmloser Gipfel, und sie hatte die
leichteste Route gewählt. Doch jetzt, oben angelangt, wo sie die
Aussicht in sich hineintrank, war sie entsetzt, in wie schlechter
körperlicher Verfassung sie war. Der geheilte Knochen schmerzte
tief innen ein bißchen, natürlich, aber die Muskeln in
beiden Beinen ebenfalls, als habe sie eben einen doppelt so hohen
Berg erstiegen, und zwar mit vollem Rucksack. Ganz außer
Kondition geraten, sagte sie zu sich selbst.
    Sie saß auf der höchsten Stelle des Grates und sah
über kleinere weiße Gipfel zu den scharfen, bewaldeten
Zacken der Vorberge und das Hügelland hin, wo sich Grasland und
Bäume abwechselten. In der Ferne erstreckte sich die Ebene,
Flüsse glitzerten im Sonnenschein, und den Abschluß
bildeten die Berge, wo die Hütte stand, ihr Zuhause. Vögel
kreisten weit weg in den hohen Tälern unter ihr, und manchmal
kam ein Lichtblitz von der Ebene her, wenn sich eine spiegelnde
Oberfläche bewegte.
    Ein Teil von ihr lauschte dem fernen Knochenschmerz, taxierte ihn;
dann schaltete sie das nagende Gefühl ab. Sie wollte sich nicht
ablenken lassen; sie war nicht heraufgeklettert, nur um die
Aussicht zu genießen, sondern weil sie eine bestimmte Absicht
verfolgte.
    Es bedeutete ihr etwas, zu steigen, diesen Sack aus Knochen und
Fleisch den ganzen Weg hochzuhieven, und dann zu schauen, dann zu
denken, dann zu sein. Sie hätte in ihrer Rekonvaleszenzzeit
immer mit einem Flieger herkommen können, aber das hatte sie
nicht getan, auch wenn Jase es vorgeschlagen hatte. Das war zu
leicht. Hier oben zu sein, hätte ihr dann nichts bedeutet.
    Sie konzentrierte sich, ließ die Lider sinken, ging den
stummen inneren Gesang durch, den unmagischen Zauber, mit dem sie die
Geister heraufbeschwor, die in ihren gentechnisch veränderten
Drüsen begraben waren.
    Die Trance kam mit einem anfänglichen Schwindel, so daß
sie die Hände nach beiden Seiten ausstreckte und um ein
Gleichgewicht kämpfte, das sie nicht verloren hatte. Die
Geräusche in ihren Ohren, ihres eigenen Blutstroms, der
langsamen Gezeiten ihres Atems wurden lauter, gingen in fremdartige
Harmonien über. Das Licht hinter ihren Lidern pulsierte im
Rhythmus ihres Herzens. Sie fühlte, daß sie die Stirn
runzelte, stellte sich vor, daß die Haut sich in Falten legte
wie die Hügel, und ein Teil

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