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Bedenke Phlebas

Bedenke Phlebas

Titel: Bedenke Phlebas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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bemühend, nicht zu weinen. Das
war etwas, worauf sie sich selbst lange vorbereitet hatte, sie
wußte, was geschah, sie hatte die Wirkungen ausgearbeitet, die
es haben könnte, und ihre Möglichkeiten, darauf zu
reagieren. Es war ein Risiko, das man einging, etwas, das man
verstand. Das hier war es nicht, weil es jetzt nichts zu verstehen
gab und vielleicht – sie eingeschlossen – auch nichts, um
es zu verstehen.
    Hilfe! jammerte etwas in ihr. Sie hörte es und konnte
nichts tun.
    Wir sind Eis und Schnee, wir sind in diesem Zustand
gefangen.
    Wir sind fallendes Wasser, fließend und vage, immer auf
der Suche nach der niedrigsten Ebene, immer bemüht, uns zu
sammeln und zu verbinden.
    Wir sind Dampf, aufsteigend gegen unsere eigene Neigung, zu
Wolken gemacht, fortgeblasen vom Wind, wie er sich gerade erhebt. Um
von neuem zu beginnen, ob als Eis oder anders.
    (Sie konnte aus der Trance kommen, sie fühlte die
Schweißperlen auf ihrer Stirn, merkte, daß ihre
Hände sich in dem festen, knirschenden Schnee eigene Mulden
schufen, und wußte, es gab einen Weg hinaus, sie konnte
herunterkommen… aber mit nichts, sie hatte nichts gefunden,
nichts getan, nichts verstanden. Dann wollte sie lieber bleiben, sie
wollte es ausfechten.)
    Der Zyklus begann von neuem; ihre Gedanken schlossen sich zum
Kreis, und sie sah das Wasser, wie es Schluchten und Täler
hinunterfloß oder sich unten in Bäumen sammelte oder
geradenwegs in Seen und in das Meer zurückkehrte. Sie sah es auf
Wiesen und auf die Hochmoore und die Sümpfe fallen, und sie fiel
mit, von Terrasse zu Terrasse, über kleine Felssimse,
schäumend und kreisend (die Feuchtigkeit auf ihrer Stirn begann
zu frieren, durchkältete sie, und sie erkannte die Gefahr,
überlegte wiederum, ob sie aus der Trance kommen solle, fragte
sich, wie lange sie hier gesessen hatte, ob man sie wohl
überwachte oder nicht). Wieder schwindelte ihr, und sie grub die
Hände tiefer in den Schnee. Ihre Handschuhe preßten die
gefrorenen Flocken, und als sie das tat, erinnerte sie sich.
    Sie sah das Muster aus gefrorenem Schaum vor sich, sie stand
wieder am Rand des Moors, an dem kleinen Wasserfall und dem Teich, wo
sie die Linse aus schaumigem Eis gefunden hatte. Sie hielt sie in den
Händen, und sie klang nicht, als sie mit dem Finger
dagegenschnippte, sie schmeckte nach Wasser, nach nichts anderem, als
sie sie mit der Zunge berührte… und ihr Atem wehte in einer
Wolke darüber hin, einem weiteren wirbelnden Bild in der Luft.
Und das war sie.
    Und das war, was es bedeutete. Etwas, um sich daran
festzuhalten.
    Wer sind wir?
    Wir sind, wer wir sind. Einfach das, was wir als Wesen
darstellen. Was wir wissen und was wir tun. Nicht weniger und nicht
mehr.
    Weitergegebene Information. Muster, Galaxien, Sternensysteme,
Planeten, alle entwickeln sich. Auch die Materie unterliegt
Veränderungen. Das Leben ist eine schnellere Kraft, ordnet sich
neu, findet neue Nischen, beginnt sich zu gestalten. Intelligenz
– Bewußtsein – um eine Größenordnung
schneller, eine weitere neue Ebene. Was jenseits davon lag, war
unbekannt, zu vage, um verstanden zu werden (frage einen
Dra’Azon und warte auf die Antwort)… Alles war nur
Verfeinerung, ein Prozeß, es richtiger zu machen (falls richtig
selbst richtig war)…
    Wir pfuschen also an unserem Erbgut herum – na und? Womit
wären wir wohl eher berechtigt, herumzupfuschen? Wenn wir Fehler
machen, dann deshalb, weil wir dumm sind, nicht weil die Idee
schlecht war. Und wenn wir uns nicht länger am brechenden Rand
der Welle befinden, ist das eben Pech. Wir geben den Stab weiter,
beste Wünsche, viel Vergnügen.
    Alles an uns, alles um uns, alles, was wir wissen und wissen
können, setzt sich letzten Endes aus Mustern des Nichts
zusammen. Das ist die Grundlinie, die endgültige Wahrheit. Wenn
wir nun feststellen, daß wir die Kontrolle über bestimmte
Muster haben, warum sollen wir nicht die nach unseren eigenen
Vorstellungen elegantesten, erfreulichsten und besten machen? Ja, wir
sind Hedonisten, Mr. Bora Horza Gobuchul. Wir suchen das
Vergnügen, und, zugegeben, wir haben uns selbst so
zurechtgetrimmt, daß wir mehr davon empfinden können. Wir
sind, was wir sind. Aber was ist mit dir? Zu was macht dich
das?
    Wer bist du?
    Was bist du?
    Eine Waffe. Ein Ding, das von den längst Toten gemacht
wurde, um zu täuschen und zu töten. Die ganze Subspezies
der Wandler ist ein Überbleibsel aus einem alten Krieg, einem so
lange vergangenen Krieg, daß niemand sich

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