Bedenke Phlebas
sich. »Du wirst mir das nicht glauben.«
»Was glauben?«
»Ich weiß nicht, ob ich es dir erzählen
soll.«
»Erzähl es mir«, bat er.
»Ich erwarte nicht, daß du mir glaubst, und wenn du es
tust, erwarte ich nicht, daß es dir gefällt. Nicht alles.
Es ist mir ernst. Vielleicht sollte ich es doch nicht…« Es
klang ehrlich bekümmert. Horza lachte leise.
»Komm, Yalson. Du hast schon zuviel gesagt, um jetzt
aufhören zu können. Gerade hast du noch betont, daß
du nicht von der Sorte bist, die kneift. Was ist es?«
»Ich bin schwanger.«
Zuerst glaubte er, er habe sich verhört, und wollte einen
Witz über das reißen, was er meinte, eben gehört zu
haben, aber ein Teil seines Gehirns spulte die Geräusche, die
ihre Stimme gemacht hatte, zurück und ließ sie ein zweites
Mal ablaufen. Da erkannte er, daß es genau das war, was sie
gesagt hatte. Sie hatte recht. Er glaubte es nicht. Er konnte es
nicht glauben.
»Frag mich nicht, ob ich sicher bin.« Yalson hatte den
Kopf wieder gesenkt, spielte mit ihren Fingern und sah sie oder den
dunklen Fußboden an. Ihre von den Handschuhen befreiten
Hände ragten nackt aus den Anzugarmen hervor. Sie preßte
sie zusammen. »Ich bin sicher.« Sie hob das Gesicht, obwohl
er ihre Augen und sie seine nicht sehen konnte. »Ich hatte
recht, nicht wahr? Du glaubst mir nicht! Ich meine, es ist von dir.
Deswegen erzähle ich es dir ja. Ich würde doch nichts
sagen, wenn es… wenn du nicht… wenn es bloß
zufällig passiert wäre.« Sie zuckte die Achseln.
»Ich dachte, vielleicht würdest du es erraten, als ich dich
wegen der Strahlung fragte, die wir alle aufgenommen haben… Aber
jetzt wunderst du dich, wie es geschehen konnte,
stimmt’s?«
»Nun ja…« – Horza räusperte sich –,
»es dürfte eigentlich gar nicht möglich sein. Wir sind
beide… aber wir gehören zu verschiedenen Spezies.«
»Es gibt eine Erklärung«, seufzte Yalson, zupfte
und knetete an ihren Fingern und sah darauf nieder, »aber ich
glaube, auch die wird dir nicht gefallen.«
»Versuch’s mal!«
»Es ist… es ist so. Meine Mutter… meine Mutter
lebte auf einem Felsen. Einem reisenden Felsen, einem von vielen, du
weißt schon. Einem der ältesten; er war… einfach so
rund um die Galaxis getrampt, vielleicht acht- oder neuntausend Jahre
lang, und…«
»Einen Augenblick«, fiel Horza ein, »einem von wessen ältesten?«
»Mein Vater war irgendein Mann… ein Mann von einem
Planeten, wo der Felsen einmal haltmachte. Meine Mutter sagte, sie
werde irgendwann wiederkommen, aber sie kehrte nie mehr zurück.
Ich sagte ihr, ich würde irgendwann einmal hinreisen, nur um ihn
zu sehen, falls er noch lebt… Reine Sentimentalität,
vermute ich, aber ich sagte, ich wolle es tun, und irgendwann werde
ich es tun, wenn ich aus dieser Sache heil herauskomme.« Sie
stieß wieder dieses kleine Halblachen, Halbgrunzen aus und
löste den Blick für eine Sekunde von ihren zupfenden
Fingern, um in die dunkle Höhle des Bahnhofs zu spähen.
Dann wandte sich ihr Gesicht wieder dem Wandler zu, und ihre Stimme
klang plötzlich drängend, beinahe flehend. »Ich bin
meiner Geburt nach nur zur Hälfte Kultur, Horza. Ich
verließ den Felsen, sobald ich alt genug war, mit einem Gewehr
richtig zu zielen. Ich wußte, die Kultur war nicht der richtige
Ort für mich. Auf diese Weise habe ich die künstlich
veränderten Gene für Transspezies-Paarungen geerbt. Bisher
habe ich nie darüber nachgedacht. Angeblich läßt sich
die Empfängnis nur durch einen Willensentschluß
herbeiführen, oder zumindest muß man aufhören, keine Schwangerschaft zu wollen, aber diesmal hat es nicht
hingehauen. Vielleicht habe ich irgendwie in meiner Wachsamkeit
nachgelassen. Es war kein Willensentschluß, Horza, wirklich
nicht; so etwas ist mir gar nicht in den Sinn gekommen. Es ist
einfach geschehen. Ich…«
»Wie lange weißt du es schon?« fragte Horza
ruhig.
»Ich wußte es schon auf der CAT. Wir waren noch
ein paar Tage von dieser Welt entfernt. Ich kann mich nicht genau
erinnern. Anfangs glaubte ich es nicht. Aber ich weiß,
daß es wahr ist. Hör zu…« – sie beugte sich
dichter zu ihm, und wieder kam der flehende Ton in ihre Stimme
–, »ich kann es abtreiben. Nur indem ich daran denke, kann
ich es loswerden, wenn du das willst. Vielleicht hätte ich das
längst getan, aber du hast mir doch erzählt, daß du
keine Familie hast, daß niemand da ist, der deinen Namen
weitertragen wird, und ich dachte… also, mein Name
kümmert
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