Bedenke Phlebas
eindeutige
Einladung gewesen.
»Horza, so?« Sie nickte und stemmte die Hände auf
die gleiche Art in die Hüften, wie es der Kapitän getan
hatte.
»Na, viel Glück, Horza. Ich glaube, Kraiklyn hält
Zallin für das entbehrlichste Mitglied der Mannschaft. Deshalb
wird es ihm wahrscheinlich nichts ausmachen, wenn du gewinnst.«
Sie blickte auf die schlaffe Haut seines Bauchs und seine
hervortretenden Rippen nieder, und ihre Stirn furchte sich. »Wenn du gewinnst«, wiederholte sie.
»Vielen Dank.« Horza gab sich Mühe, den Bauch
einzuziehen und die Brust herauszudrücken. Er wies zu den
anderen hinüber. »Schließen die da drüben Wetten
ab?« Er versuchte zu grinsen.
»Nur darüber, wie lange du durchhältst.«
Horza gab den Versuch zu grinsen auf. Er wandte die Augen von der
Frau ab und sagte: »Weißt du, ich komme auch ohne deine
Hilfe zurecht. Laß dich von mir nicht aufhalten, wenn du gehen
und Geld setzen möchtest.« Er sah der Frau wieder ins
Gesicht und fand kein Mitleid oder auch nur Mitgefühl darin. Sie
musterte ihn von neuem, dann nickte sie, machte auf dem Absatz kehrt
und ging zu den anderen zurück. Horza fluchte.
»Gut!« Kraiklyn schlug die behandschuhten Hände
zusammen. Die Gruppe verteilte sich auf die Seiten des Hangars und
schloß die beiden Kämpfer ein. Zallin sah Horza vom
anderen Ende des freien Raums finster an. Horza stieß sich von
dem Schott ab und schüttelte sich. Er versuchte, seine Muskeln
zu lockern und sich fertigzumachen.
»Es geht also um Leben und Tod für beide von euch«,
verkündete Kraiklyn lächelnd. »Keine Waffen, aber ich
sehe keinen einzigen Schiedsrichter, deshalb… ist alles erlaubt.
Okay – fangt an!«
Horza schuf ein bißchen mehr Platz zwischen sich und dem
Schott. Zallin kam auf ihn zu, geduckt, die Arme ausgestreckt wie ein
Paar übergroßer Zangen eines riesenhaftes Insekts. Mit
allen seinen eingebauten Waffen hätte Horza ohne zu große
Schwierigkeiten gewinnen können, es sei denn, Zallin landete
einen glücklichen Schlag. Aber er durfte nicht vergessen,
daß man ihm die Giftzähne auf Sorpen gezogen hatte. Als
einzige wirksame Waffe waren ihm die Giftdrüsen unter seinen
Fingernägeln geblieben. Wenn er sie benutzte, errieten die
anderen, was er war, und das würde auf jeden Fall seinen Tod
bedeuten. Vielleicht hätte er, wenn er seine Zähne noch
gehabt hätte, irgendwie damit durchkommen können, Zallin zu
beißen. Das Gift griff das Zentralnervensystem an, und Zallin
wäre allmählich langsamer geworden; wahrscheinlich
hätte niemand die Wahrheit erraten. Kratzte er ihn, war das
tödlich für sie beide. Das Gift in den Beuteln unter Horzas
Fingernägeln lähmte die Muskeln der Reihe nach vom
Eintrittspunkt ausgehend, und es wäre offensichtlich, daß
Zallin von etwas anderem als normalen Nägeln gekratzt worden
war. Selbst wenn die anderen Söldner dies nicht als Betrug
ansahen, war die Wahrscheinlichkeit groß, daß ›der
Mann‹, Kraiklyn, in Horza einen Wandler erkannte und ihn
töten ließ.
Ein Wandler war eine Bedrohung für jeden, der durch Kraft
herrschte, sei es die seines Willens oder die seiner Arme.
Amahain-Frolk hatte das gewußt, und Kraiklyn würde es
ebenfalls wissen. Auch reservierten alle Menschen für Horzas
Spezies ein gewisses Maß an Abscheu. Die Wandler hatten sich
nicht nur von ihrem ursprünglichen genetischen Bestand weit
entfernt, sie bedeuteten auch eine Bedrohung der Identität,
einen Angriff auf die Individualität sogar jener Personen, die
für eine Verkörperung gar nicht in Frage kamen. Das hatte
nichts zu tun mit Seelen oder körperlicher oder spiritueller
Besessenheit. Es war, was die Idiraner sehr gut verstanden, das
behavioristische Nachahmen eines anderen, das man als abstoßend
empfand. Die Individualität, den meisten Menschen kostbarer als
jede andere ihrer Eigenschaften, wurde irgendwie billig gemacht durch
die Mühelosigkeit, mit der ein Wandler sie als Begrenzung
ignorieren und als Verkleidung benutzen konnte.
Horza hatte sich in einen alten Mann gewandelt, und dieses
Vermächtnis lag noch auf ihm. Zallin kam sehr nahe.
Der Bursche stürmte vor und faßte ungeschickt nach
Horza, seine langen Arme wie Zangen benutzend. Horza duckte sich und
sprang zur Seite, schneller, als Zallin vorhergesehen hatte. Ehe er
Horza folgen konnte, hatte der Wandler auf der Schulter seines
Gegners einen Tritt gelandet, der auf den Kopf gezielt gewesen war.
Zallin fluchte. Horza ebenfalls. Er hatte sich den
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