Bedenke Phlebas
Ehe er sich versah, hatte er mit aller Kraft an dem
Bein, das Zallin festhielt, gezogen, sich mit den Händen
abgestoßen und sich zwischen die Beine des Jungen geschleudert.
Er schlug die ihm verbliebenen Zähne in die rechte Wade
Zallins.
»AAH!« kreischte Zallin. Horza biß fester,
fühlte den Griff um seinen Fuß ein bißchen schlaffer
werden. Er riß den Kopf nach oben, versuchte, das Fleisch des
Burschen zu zerreißen. Ihm war, als werde seine Kniescheibe
gleich explodieren und sein Bein brechen, aber er zerrte weiter an
dem Mundvoll lebenden Fleisches. Zallin ließ los.
Sofort hörte Horza mit Beißen auf und warf sich
zurück. Die Hände des Burschen donnerten wie Hämmer
auf die Stelle, wo sein Kopf gewesen war. Horza kam auf die
Füße. Sein Knöchel und sein Knie schmerzten, waren
aber nicht ernsthaft verletzt. Zallin näherte sich hinkend; Blut
strömte aus seiner Wade. Horza änderte die Taktik und
sprang vor, schlug den Burschen mitten in den Bauch, unter der
rudimentären Deckung der gewaltigen Arme. Zallin preßte
die Hände auf den Magen und die unteren Rippen und krümmte
sich im Reflex. Horzas beide Fäuste trafen seinen Nacken.
Normalerweise hätte der Schlag getötet, aber Zallin war
kräftig, und Horza war immer noch schwach. Als der Wandler sich
wieder ins Gleichgewicht brachte und umdrehte, mußte er
aufpassen, nicht mit einem der Freibeuter, die am Schott standen,
zusammenzustoßen. Der Kampf war quer durch den Hangar vom einen
Ende zum anderen gegangen. Bevor Horza zu einem weiteren Schlag
ansetzen konnte, hatte Zallin sich wieder aufgerichtet, das Gesicht
verzerrt vor frustrierter Aggression. Schreiend drang er auf Horza
ein, der geschickt durch Seitschritt auswich. Aber Zallin stolperte
bei seinem kopflosen Angriff, und durch reines Glück stieß
sein Kopf in Horzas Magen.
Der Schlag war umso schmerzhafter und demoralisierender, als er
unerwartet kam. Horza fiel, rollte sich ab, versuchte bei Zallin
einen Überwurf. Der Bursche fiel jedoch auf ihn und nagelte ihn
auf dem Deck fest. Horza wand sich ohne Erfolg. Er war gefangen.
Zallin stützte sich auf eine Handfläche, riß die
andere Hand, zur Faust geballt, nach hinten hoch und sah
höhnisch auf das Gesicht des Mannes unter ihm nieder. Horza
erkannte plötzlich, daß er nichts mehr tun konnte. Er
beobachtete die massige Faust, wie sie in die Höhe stieg. Sein
Körper lag flach auf dem Boden, seine Arme waren eingeklemmt. Es
war vorbei. Er hatte verloren. Er bereitete sich darauf vor, den Kopf
so schnell wie möglich aus dem Weg des knochenzersplitternden
Schlages zu reißen, der jeden Augenblick fallen mußte,
und versuchte noch einmal, die Beine zu bewegen, obwohl er
wußte, daß es hoffnungslos war. Er hätte gern die
Augen geschlossen, doch er mußte sie offenhalten. Vielleicht
zeigt ›der Mann‹ Erbarmen. Er hat doch gesehen, daß
ich gut gekämpft habe. Ich habe nur Pech gehabt. Vielleicht
befiehlt er Zallin aufzuhören…
Zallins Faust schwebte in der Luft wie das Beil einer Guillotine,
das, kurz bevor es fällt, an seinen höchsten Punkt
hochgezogen ist.
Der Schlag fiel nie. Als Zallin die Muskeln anspannte, rutschte
seine andere Hand, die das Gewicht seines Oberkörpers trug, auf
dem Deck in seinem eigenen Blut aus. Sie schoß unter ihm weg.
Zallin grunzte vor Überraschung. Er fiel Horza entgegen, sein
Körper drehte sich ein bißchen, und der Wandler
spürte, daß das ihn haltende Gewicht sich verringerte. Er
hievte sich in die Höhe und rollte den Burschen von sich. Horza
rollte in die andere Richtung, fast gegen die Beine der zusehenden
Söldner. Zallins Kopf schlug auf das Deck – nicht heftig,
aber bevor er reagieren konnte, warf Horza sich ihm auf den
Rücken, verschränkte die Hände um seinen Hals und
riß den silberhaarigen Kopf des Jungen zurück. Seine Beine
glitten zu beiden Seiten von Zallins Körper nieder. Rittlings
auf ihm sitzend, hielt er ihn fest.
Zallin wurde still. Ein gurgelndes Geräusch stieg aus der
Kehle, die Horzas Hände umklammert hielten. Der Junge war mehr
als stark genug, um den Wandler abzuwerfen, auf den Rücken zu
rollen und zu zermalmen. Doch bevor er etwas davon hätte tun
können, wäre ihm mit einem Ruck von Horzas Händen der
Hals gebrochen worden.
Zallin sah zu Kraiklyn hoch, der beinahe genau vor ihm stand. Auch
Horza, in Schweiß gebadet und nach Luft schnappend, blickte in
die dunklen, tiefliegenden Augen ›des Mannes‹. Zallin
zappelte ein bißchen und lag wieder
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