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Bedenke Phlebas

Bedenke Phlebas

Titel: Bedenke Phlebas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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auf
und rieb sich damit Brust und Arme ab, auf denen Schweiß in dem
goldenen Flaum glitzerte. »Ich dachte, du wärst
abgekratzt.«
    »Habe ich solange geschlafen?« fragte Horza. Er
wußte nicht, welches Zeitsystem sie auf dem Schiff
benutzten.
    »Zwei Standardtage.« Yalson frottierte ihr stachliges
Haar und schlang sich das feuchte Handtuch über die leicht
pelzigen Schultern. »Du siehst jetzt auch besser aus.«
    »Ich fühle mich besser«, antwortete Horza. Er hatte
noch keinen Blick in einen Spiegel oder einen Reverser werfen
können, aber er wußte, daß sein Körper langsam
das geriatrische Aussehen verlor und zum Normalzustand
zurückfand.
    »Sind das Zallins Sachen?« Yalson deutete mit einem
Kopfnicken auf das Paket in seinen Händen.
    »Ja.«
    »Ich will dir zeigen, wie man die Vakrohre bedient. Wir
werden das Zeug wahrscheinlich ausstoßen, wenn wir das
nächste Mal aus dem Warp kommen.«
    Yalson öffnete das Deck und die Rohrluke darunter. Horza
ließ Zallins Besitztümer in den Zylinder fallen, und
Yalson schloß ihn wieder. Der Wandler fing den Geruch von
Yalsons warmem, transpirierendem Körper auf, und er gefiel ihm.
Aber in ihrem Benehmen ihm gegenüber lag nichts, was in ihm
Gedanken erweckt hätte, sie könnten jemals mehr als Freunde
sein. Mit einem Freund auf diesem Schiff würde er sich jedoch
zufriedengeben. Er hatte ihn dringend nötig.
    Danach gingen sie in die Messe, um etwas zu essen. Horza war
ausgehungert; sein Körper verlangte Nahrung, um sich
wiederaufzubauen und das dürre Gestell, das er sich zugelegt
hatte, um den Außenweltminister von Sorpens Gerontokratie zu
verkörpern, mit Fleisch auszupolstern.
    Wenigstens, dachte Horza, funktioniert die Robot-Kombüse, und
das Schwerkraftfeld macht keine Zicken. Die Vorstellung von zu engen
Kabinen, verdorbenem Essen und einem unregelmäßig
funktionierenden oder sporadisch aussetzenden Schwerkraftfeld
erfüllte den Wandler mit Entsetzen.
     
    »…Zallin hatte keine richtigen Freunde.« Yalson
stopfte sich gerade Essen in den Mund. Sie saßen zusammen in
der Messe. Horza wollte wissen, ob es jemanden auf dem Schiff gab,
der den Burschen, den er getötet hatte, würde rächen
wollen.
    »Der arme Teufel«, wiederholte Horza. Er legte seinen
Löffel hin und starrte für eine Sekunde quer durch den
vollgestopften, niedrigen Raum der Messe. Wieder fühlte er in
seinen Händen das schnelle, entscheidende Knacken des Knochens.
Vor seinem geistigen Auge sah er, wie die Wirbelsäule brach, die
Luftröhre zusammenfiel, die Arterien zerquetscht wurden –
und damit wurde das Leben des Jungen abgeschaltet, als habe er einen
Schalter gedreht. Er schüttelte den Kopf. »Woher stammte
er?«
    »Wer weiß?« Yalson zuckte die Achseln. Sie
bemerkte den Ausdruck auf Horzas Gesicht und setzte kauend hinzu:
»Höre, er hätte dich getötet. Er ist tot.
Vergiß ihn! Natürlich ist es schlimm, aber… auf jeden
Fall war er ganz hübsch langweilig.« Sie aß
weiter.
    »Ich habe nur überlegt, ob es jemanden gäbe, dem
ich etwas schicken sollte. Freunde oder Verwandte
oder…«
    »Höre, Horza!« Yalson wandte sich ihm zu. »Wer
an Bord dieses Schiffes kommt, hat keine Vergangenheit. Es gilt als
sehr schlechtes Benehmen, jemanden zu fragen, woher er kommt oder was
er in seinem Leben getan hat, bevor er beitrat. Vielleicht haben wir
alle ein paar Geheimnisse, oder vielleicht möchten wir über
manches, was wir getan haben, oder manches, was uns angetan worden
ist, einfach nicht reden. Wie dem auch sei, versuche nicht, es
herauszufinden. Auf dieser Kiste ist der einzige Platz, wo du ein
Privatleben hast, der Platz zwischen deinen Ohren, also mach das
Beste daraus! Wenn du lange genug lebst, wird vielleicht jemand den
Wunsch haben, dir alles über sich zu erzählen –
wahrscheinlich, wenn er betrunken ist… aber bis dahin darfst du
niemanden drängen. Mein Rat ist, daß du im Augenblick
darauf verzichtest.«
    Horza öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Yalson fuhr
fort: »Ich werde dir jetzt alles sagen, was ich weiß, nur
um dir das Fragen zu ersparen.« Sie legte den Löffel hin
und wischte sich die Lippen mit einem Finger. Dann drehte sie sich
auf ihrem Sitz so, daß sie ihm das Gesicht zuwandte. Sie hob
eine Hand. Die Härchen des leichten Pelzes auf ihren Unterarmen
und Handrücken umgaben ihre dunkle Haut mit einem goldenen
Schimmer. Sie streckte einen Finger aus. »Erstens – das
Schiff. Es ist hronischer Herkunft und seit Hunderten von

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