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Bedenke Phlebas

Bedenke Phlebas

Titel: Bedenke Phlebas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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verbrachte ein Viertel jeden Tages damit, auf
allen vieren zu gehen. Doch ob dies für seine Spezies nichts als
natürlich oder für seine Person bloße Affektiertheit
war, konnte Horza nicht entdecken.
    Lamms Körpergröße lag ziemlich unter dem
Durchschnitt, doch sah er sehr muskulös und kompakt aus. Er
besaß doppelte Augenbrauen und kleine, chirurgisch
eingepflanzte Hörner. Letztere stachen aus seinem dünn
werdenden, aber sehr dunklen Haar hervor. Was sein Gesicht anging, so
tat er sein Bestes, es aggressiv und drohend wirken zu lassen. Er
sprach zwischen den Operationen verhältnismäßig
wenig, und wenn er doch sprach, ging es für gewöhnlich um
Schlachten, an denen er teilgenommen hatte, Leute, die er
getötet hatte, Waffen, die er benutzt hatte, und so weiter. Lamm
betrachtete sich als den stellvertretenden Kommandanten des Schiffes,
ungeachtet Kraiklyns Politik, alle Mitglieder der Crew als
gleichrangig zu behandeln. Hin und wieder pflegte Lamm die Leute
daran zu erinnern, daß sie ihn nicht reizen durften. Er war gut
bewaffnet und tödlich, und sogar sein Anzug trug eine atomare
Ladung, die er, wie er sagte, eher hochgehen als sich gefangennehmen
lassen werde. Anscheinend hoffte er, die Leute würden daraus den
Schluß ziehen, daß er, wenn sie ihn verstimmten, in
seiner Verärgerung seine legendäre Atombombe zünden
könnte.
     
    »Zum Teufel, was siehst du mich so an?« erklang Lamms
Stimme durch einen Sturm statischer Geräusche im Shuttle. Horza,
der in seinem zu großen Anzug durchgeschüttelt wurde, kam
zu Bewußtsein, daß er den anderen Mann, der ihm direkt
gegenübersaß, tatsächlich angesehen hatte. Er
berührte den Mikrophonknopf an seinem Hals und sagte:
    »Ich habe an etwas anderes gedacht.«
    »Ich will nicht, daß du mich ansiehst.«
    »Irgendwohin müssen wir alle sehen«, sagte Horza
scherzend zu dem Mann in dem mattschwarzen Anzug, dessen Helm eine
graue Sichtscheibe hatte. Der schwarze Anzug machte eine Geste mit
der Hand, die kein Laser-Gewehr hielt.
    »Verdammt noch mal, laß das bleiben!«
    Horza ließ die Hand von seinem Hals sinken. Er
schüttelte innerhalb des Anzughelms den Kopf. Das Ding
paßte so schlecht, daß es sich an der Außenseite
nicht bewegte. Er starrte auf den Abschnitt des Shuttlerumpfes
über Lamms Kopf.
    Sie wollten den Tempel des Lichts angreifen. Kraiklyn saß an
den Kontrollen des Shuttles. Dicht über den Wäldern von
Marjoin, die noch in nächtlichem Dunkel lagen, steuerte er sie
auf die Sonnenaufgangslinie über dem dichtgepackten, dampfenden
Grün zu. Der Plan ging dahin, daß die CAT, die
Sonne sehr tief hinter sich, zu dem Planeten zurückkehren, ihre
Effektoren auf eventuell vorhandene elektronische Einrichtungen des
Tempels richten und mit den Hilfslasern und ein paar
Sprengstoffbomben soviel Lärm und Lichtblitze erzeugen
würde wie möglich. Während dieses
Ablenkungsmanöver die gesamte Verteidigungskapazität, die
die Priester haben mochten, auf sich zog, sollte das Shuttle entweder
geradewegs zum Tempel fliegen und die gesamte Mannschaft absetzen
oder, falls es eine feindliche Reaktion gab, im Wald auf der
Nachtseite des Tempels landen und ihre kleine Truppe in
Raumanzügen dort aussteigen lassen. Die Leute würden sich
dann verteilen und, sofern sie ein solches Gerät besaßen,
mit ihrem Antigrav zum Tempel fliegen oder – wie in Horzas Fall
– so gut es ging in Richtung der am Hang gelegenen niedrigen
Gebäude und kurzen Türme, die den Tempel des Lichts
darstellten, robben, kriechen, gehen oder rennen.
    Horza hatte nicht glauben wollen, daß sie ohne irgendeine
vorherige Erkundung landen wollten, aber als er Kraiklyn bei der
Vorbesprechung im Hangar zu diesem Punkt anbohrte, hatte ›der
Mann‹ gemeint, damit würden sie unter Umständen das
Element der Überraschung aufgeben. Er hatte genaue Karten des
Ortes und einen guten Schlachtplan. Die Mönche waren keine
ausgemachten Trottel, und der Planet war von Kontakt besucht worden,
und zweifellos wußten sie, daß rings um ihn ein Krieg
tobte. Für den Fall, daß die Religionsgemeinschaft
für irgendeine Raumbeobachtung gesorgt hatte, war es
klüger, eine Erkundung, die Kraiklyns Söldnertruppe
verraten konnte, gar nicht erst zu versuchen. Wie dem auch sei,
Tempel veränderten sich nicht sehr.
    Horza und verschiedene andere waren von dieser Auslegung der
Situation nicht sehr beeindruckt gewesen, aber es gab nichts, was sie
hätten tun können. So saßen sie jetzt alle in

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