Bedenke Phlebas
ein Kreuzer ganz allein gelandet, wenn
die Flotte dicht hinter ihm war?«
Horza zuckte die Achseln. »Das weiß ich auch nicht. Es
blieb kaum Zeit, meinen Einsatz zu besprechen, als das Kontaktschiff
aufkreuzte. Ich vermute, sie wollten diese Kultur-Frau unbedingt
haben und dachten, wenn sie auf die Flotte warteten, würde das
Kontaktschiff sie entdecken, die Frau aufnehmen und die Flucht
ergreifen.«
Kraiklyn nickte nachdenklich.
»Hmm. Sie müssen sie schrecklich dringend gebraucht
haben. Hast du sie gesehen?«
»O ja. Bevor sie mich enttarnte und danach auch
noch.«
»Wie ist sie?« Kraiklyn zog die Brauen zusammen und
begann wieder, mit der Flasche zu spielen.
»Sie ist groß und dünn, sieht auf gewisse Weise
gut aus und ist trotzdem unsympathisch. Für meinen Geschmack zu
verdammt gerissen. Ich weiß nicht… Sie unterscheidet sich
nicht sehr von anderen Kultur-Frauen, die ich kennengelernt habe. Ich
meine, sie sehen wohl alle anders aus und so, aber sie würde
unter ihnen nicht auffallen.«
»Manche von diesen Kultur-Agentinnen sollen ganz hübsch
raffiniert sein. Sie sollen… Tricks kennen, du verstehst? Alle
Arten von speziellen Anpassungen und verrückter
Körperchemie. Hast du gehört, ob sie irgend etwas
Besonderes gemacht hat?«
Horza schüttelte den Kopf. Er fragte sich, wohin das alles
führen sollte. »Nicht daß ich wüßte«,
antwortete er. Verrückte Körperchemie hatte Kraiklyn
gesagt. Kam ihm ›der Mann‹ langsam auf die Schliche? Hielt
er Horza für einen Kultur-Agenten oder gar für einen
Wandler? Kraiklyn sah immer noch seine Drogenflasche an. Er nickte
und sagte:
»So ungefähr die einzige Sorte Frau, mit der ich etwas
zu tun haben möchte, ist eine von diesen Kultur-Agentinnen. Es
heißt, sie hätten tatsächlich alle diese…
Veränderungen, du verstehst?« Kraiklyn blinzelte Horza zu
und inhalierte die Droge. »Zwischen den Beinen; die Männer
haben diese aufgemotzten Eier, stimmt’s? Und die Frauen haben
etwas Dementsprechendes. Soll ihnen für die Fickstunden
kommen… na ja, jedenfalls für die Fickminuten…«
Kraiklyns Stimme verlor sich, sein Blick wurde glasig. Horza
bemühte sich, nichts von der Verachtung, die er empfand, merken
zu lassen. Da sind wir wieder bei diesem Thema angelangt, dachte er. Er versuchte, zu zählen, wie oft er Leute –
für gewöhnlich von Gesellschaften des dritten oder
unterhalb des vierten Niveaus, für gewöhnlich im
großen und ganzen menschlich und in der Mehrzahl der Fälle
männlich – in gedämpftem, neidisch bewunderndem Ton
davon sprechen gehört hatte, daß ›es‹ in der
Kultur ›mehr Spaß mache‹. In diesem einen Punkt
verrückterweise prüde, spielte die Kultur das Ausmaß
herunter, in dem innerhalb der Kultur Geborene solche
veränderbaren Genitalien erbten.
Natürlich steigerte eine derartige Zurückhaltung nur das
Interesse aller anderen, und Horza wurde gelegentlich wütend auf
Menschen, die jenen kriecherischen Respekt zeigten, den die
quasi-technologische Sexualität der Kultur so oft hervorrief.
Bei Kraiklyn wunderte es ihn kein bißchen. Er fragte sich, ob
›der Mann‹ an sich selbst einen billigen, die Kultur-Praxis
imitierenden chirurgischen Eingriff habe vornehmen lassen. Das war
nicht ungewöhnlich. Auch nicht ungefährlich. Zu oft war
eine solche Veränderung die reine Klempnerarbeit, besonders bei
Männern, und machte keinen Versuch, das Herz und das übrige
Kreislaufsystem so zu verstärken, daß es mit der
erhöhten Anstrengung fertig wurde. (In der Kultur war diese hohe
Leistungsfähigkeit natürlich in den Erbanlagen enthalten.)
Eine solche Nachäffung dieses Symptoms der Kultur-Dekadenz
hatte, wörtlich zu verstehen, eine Menge gebrochener Herzen zur
Folge gehabt. Vermutlich werde ich gleich etwas über diese
wundervollen Drogendrüsen zu hören bekommen, dachte
Horza.
»… Ja, und dann haben sie diese Drogendrüsen«,
fuhr Kraiklyn fort, den Blick immer noch ins Leere gerichtet, und
nickte vor sich hin. »Damit sollen sie sich, wann immer sie
wollen, von so gut wie jedem Stoff einen Schuß verpassen
können. Man stelle sich das vor. Ein Drüsensekret, das sie
high machen kann.« Kraiklyn streichelte die Flasche in seiner
Hand. »Es heißt doch, eine Kultur-Frau könne man
nicht vergewaltigen, du verstehst?« Anscheinend erwartete er
darauf keine Antwort. Horza blieb still. Wieder nickte Kraiklyn.
»Ja, sie haben Klasse, diese Frauen. Nicht wie der Scheiß
auf diesem Schiff.« Er zuckte die Achseln
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