Befehl von oben
zurückbleiben würden für ihre Rolle in der kommenden Partitur, war ja kaum der Rede wert. Während der ganzen, langen Diskussion hatten sie diesen Punkt nicht einmal berührt.
»Ich brauche ein Telefon«, sagte Badrayn als nächstes. Der Geheimdienstchef führte ihn in einen Nebenraum. Es hatte immer eine Direktleitung nach Teheran gegeben. Selbst während der Feindseligkeiten – über einen Mikrowellenturm. Danach über ein Glasfaserkabel, das nicht angezapft werden konnte. Unter den wachsamen Augen des irakischen Offiziers drückte er die Zahlen, die er sich zuvor eingeprägt hatte.
»Hier spricht Yousif. Ich habe Nachricht«, sagte er der Stimme, die sich meldete. »Einen Moment«, war die Antwort.
Daryaei war nicht erbaut davon, früh geweckt zu werden, da er in den letzten Tagen schlecht geschlafen hatte. Als das Telefon an seinem Bett ertönte, ließ er es blinzelnd mehrere Male klingeln, ehe er abhob.
»Ja?«
»Hier spricht Yousif. Es ist zugestimmt. Fünf Freunde werden benötigt.«
Lobet Allah, denn er ist freundlich, dachte Daryaei für sich. All die Jahre von Krieg und Frieden gingen in diesem Augenblick in Erfüllung.
Nein, nein, das war verfrüht. Doch das Schwierigste war jetzt getan.
»Wann sollen wir beginnen?«
»So bald wie möglich.«
»Danke. Das werde ich nicht vergessen.« Und damit war er vollkommen wach. An diesem Morgen vergaß er, zum erstenmal seit vielen Jahren, sein Morgengebet. Gott würde verstehen, daß sein Werk rasch getan werden mußte.
*
Wie erschöpft sie doch sein mußte, dachte Moudi. Beide Nonnen erwachten, als das Flugzeug landete. Es kam das übliche Rütteln, als die Maschine abbremste, und ein schwabberndes Geräusch kündete davon, daß Jean Baptiste, wie zu erwarten, in der Tat geblutet hatte. Wenigstens hatte er sie lebend hierher gebracht. Die Augen hatte sie offen, sie starrten verwirrt wie die eines Kleinkindes zur gekrümmten Decke der Kabine. Maria Magdalena schaute einen Augenblick aus dem Fenster, aber alles, was sie sah, war ein Flughafen, und die sahen überall auf der Welt gleich aus, besonders bei Nacht. Schließlich kam das Flugzeug zum Stehen, und die Tür ging auf.
Wiederum würden sie einen Lastwagen nehmen. Vier Leute kamen in das Flugzeug, alle in schützendes Plastik gekleidet. Moudi löste die Riemen, die seine Patientin gehalten hatten, und gab der anderen Nonne ein Zeichen, sitzen zu bleiben. Vorsichtig hoben die vier Sanitäter das feste Plastiklaken an den Ecken an und trugen es zur Tür. Dabei sah Moudi, wie etwas auf den flachgeklappten Sitz tropfte, der seiner Patientin als Lager gedient hatte. Er schob den Gedanken beiseite. Die Besatzung hatte ihre Anweisungen, und die waren oft genug wiederholt worden. Als die Patientin sicher im Lkw war, verließen auch Moudi und Maria Magdalena das Flugzeug. Beide nahmen den Kopfschutz ab und sogen die frische, kühle Luft ein. Er nahm eine Feldflasche von einem der bewaffneten Soldaten, die das Flugzeug umstanden, und reichte sie ihr. Dann ließ er sich noch eine für sich geben. Beide tranken einen Liter Wasser, ehe sie den Laster bestiegen. Durch den langen Flug waren beide desorientiert, sie um so mehr, da sie ja nicht wußte, wo sie wirklich war.
Moudi sah die 707, die kurz zuvor mit den Affen eingetroffen war, hatte aber keine Ahnung, daß das ihre Ladung gewesen war.
»Ich habe Paris noch nie gesehen – abgesehen von Zwischenlandungen, all die Jahre«, sagte sie, bevor die Plane hinten heruntergeklappt wurde und ihr die weitere Sicht versperrte.
Schade, daß Sie es auch niemals sehen werden.
16
Der Iraker-Transfer
»Absolut nichts hier«, stellte der Pilot fest. Der Seahawk kreiste in tausend Fuß Höhe und tastete die Wasseroberfläche mit einem Suchradar ab, das empfindlich genug war, Wrackteile zu entdecken – war ja entwickelt worden, U-Boot-Periskope aufzuspüren –, aber es fand nicht einmal eine schwimmende Perrier-Flasche. Beide trugen auch Nachtsicht-Ferngläser und hätten zumindest am öligen Schein eine Treibstofflake auf dem Wasser erkannt, aber auch das war negativ.
»Hat wohl hart getroffen, nichts hinterlassen«, erwiderte der Kopilot über Bordsprechanlage.
»Wenn wir nur nicht am falschen Fleck suchen.« Der Pilot schaute auf sein taktisches Navigationssystem. Sie waren am richtigen Ort. Nur noch Treibstoff für rund eine Stunde – wurde langsam Zeit, wieder ans Landen auf der Radford zu denken, die das Suchgebiet auch selbst durchkämmte. Die
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