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Befehl von oben

Befehl von oben

Titel: Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Gesicht verstärkte nur ihre Verwirrung.
    »Was hat das zu bedeuten? Wer ist sie?« wollte der Direktor des Projekts wissen.
    »Es ist eine Regel ihrer Religion, daß sie nicht allein reisen dürfen.
    Um ihre Keuschheit zu schützen«, erklärte Moudi. »Andernfalls hätte ich mit unserer Patientin nicht herkommen können.«
    »Sie lebt noch?« Bei der Ankunft war er nicht dagewesen.
    Moudi nickte. »Ja, und wir müßten sie noch drei Tage so erhalten können, oder vier«, sagte er.
    »Und die andere?«
    Moudi wich aus: »Das ist nicht an mir.«
    »Wir könnten noch eine …«
    »Nein! Das wäre barbarisch«, protestierte Moudi. »So etwas wäre abscheulich vor Gott.«
    »Und was wir zu tun planen, nicht?« fragte der Direktor. Eindeutig war Moudi zu lange im Busch gewesen. Doch es war nicht wert, darüber zu streiten. Ein richtig infizierter Ebola-Patient war alles, was sie brauchten. »Säubern Sie sich, und dann werden wir sie aufsuchen.«
    Moudi begab sich in die Ärzte-Lounge im ersten Stock. Die Einrichtung war in der Tat viel privater als ihre westlichen Pendants, denn bei Menschen in diesem Erdteil war die körperliche Sittsamkeit viel strenger. Der Plastikanzug hatte die Reise ohne jeden Riß überstanden. Er steckte ihn in einen großen Plastikbehälter, bevor er unter die Dusche ging, deren heißes Wasser mit Chemikalien versetzt war, und genoß fünf Minuten hygienische Glückseligkeit. Während des Fluges hatte er sich gefragt, ob er jemals wieder sauber würde. Unter der Dusche jetzt stellte sich eine ähnliche Frage, aber nur leise im Geiste. Er kam wieder hervor, um frisches Grün anzuziehen – im Grunde alles frisch – und seine normale penible Routine zu komplettieren. Ein Pfleger hatte in der Lounge einen brandneuen Anzug für ihn bereitgelegt, original amerikanischer Racal in Blau, den er anzog, ehe er auf den Korridor hinaustrat. Der Direktor, ähnlich gekleidet, wartete schon auf ihn, und zusammen gingen sie hinunter zu den Behandlungsräumen.
    Es waren nur vier, hinter luftdichten, bewachten Türen. Die Einrichtung unterstand der iranischen Armee. Die Ärzte waren alle Militärangehörige, die Pfleger alle felderprobte Männer. Sicherheit war hier erwartungsgemäß sehr streng. Moudi und der Direktor waren aber schon vor Betreten dieses Stockwerks kontrolliert worden, der Wachtposten hier drückte die entsprechenden Knöpfe, um die Tür zur Luftschleuse zu öffnen. Mit einem Zischen der Hydraulik ging sie auf und gab den Blick frei auf eine zweite. Sie konnten deutlich sehen, wie der Rauch von der Zigarette des Soldaten in die Sicherheitszone gesaugt wurde. Gut.
    Das Lüftungssystem funktionierte also ordnungsgemäß. Die beiden Männer hegten ein seltsames Vorurteil gegenüber den eigenen Landsleuten. Sie hätten es lieber gehabt, wenn die gesamte Anlage von ausländischen Ingenieuren gebaut worden wäre – die Deutschen waren dafür im Nahen Osten besonders beliebt –, aber der Irak hatte diesen Fehler schwer gebüßt. Die ordentlichen Deutschen bewahrten von allem, was sie bauten, Pläne auf, deshalb wurden so viele ihrer Projekte zu Staub zerbombt. Und darum war dieses Gebäude, wenn auch eine Menge der Einrichtung woanders gekauft worden war, von einheimischen Konstrukteuren errichtet worden. Ihr Leben hing vom exakten Funktionieren jedes einzelnen Systems und Untersystems hier ab, daran ließ sich jetzt nichts mehr ändern. Die innere Tür ging nicht auf, bevor die äußere nicht wieder fest verschlossen war. Das funktionierte, und sie konnten weitergehen.
    Schwester Jean Baptiste befand sich im letzten Raum auf der rechten Seite. Drei Pfleger waren bei ihr. Sie hatten ihr bereits alle Kleider vom Leib geschnitten und somit einen fortschreitenden Tod offenbart. Die Soldaten waren entsetzt, ihr Zustand war viel schlimmer als alles, was sie auf dem Schlachtfeld an Verwundungen gesehen hatten. Rasch säuberten sie ihren Körper und deckten ihn zu, mit so viel Respekt vor der Sittsamkeit der Frau, wie ihre Kultur vorschrieb. Der Direktor warf einen Blick auf den Morphiumtropf und stellte ihn sogleich um ein Drittel zurück.
    »Wir möchten sie so lange wie möglich am Leben erhalten«, erklärte er.
    »Die Schmerzen dieser …«
    »Kann man nicht abhelfen«, erwiderte er kalt. Er wollte Moudi Vorhaltungen machen, unterließ es dann aber. Ältere Person, europäisch, weiblich, wie er sah, vom Morphium betäubt, Atmung zu flach für seinen Geschmack. Die Pfleger legten Kontakte an

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