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Befehl von oben

Befehl von oben

Titel: Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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boten. Die Filter wurden mit religiöser Präzision alle zwölf Stunden gewechselt. Die UV-Strahler, fünfmal so stark wie erforderlich, wurden ständig überwacht. Im »heißen« Bereich hielt man die Raumluft bei leichtem Unterdruck, um einem Leck vorzubeugen; dies erlaubte, das Gebäude auf strukturelle Festigkeit zu prüfen. Was das Restrisiko betraf, nun, sagte er sich, dazu waren ja alle so intensiv trainiert auf korrekten Umgang mit Schutzkleidung und scharfen Gegenständen.
    Der Direktor war ebenfalls Arzt, ausgebildet in Paris und London, aber er hatte schon seit Jahren keinen Patienten mehr behandelt. Die letzten zehn Jahre hatte er sich hauptsächlich der Molekularbiologie gewidmet und da ganz besonders dem Studium von Viren. Über sie wußte er soviel wie fast jeder andere, aber das war halt herzlich wenig.
    Er wußte aber, wie man sie züchtete, und vor ihm lag jetzt ein perfektes Medium, ein menschliches Wesen, vom Schicksal verwandelt in eine Fabrik zur Produktion des tödlichsten Organismus, den die Menschheit kannte. Gesund hatte er sie nicht gekannt. Womöglich war sie eine gute Krankenschwester gewesen, wie Moudi sagte, doch das war jetzt Vergangenheit, und es hatte wenig Sinn, sich für jemanden zu erwärmen, der ohnehin in drei Tagen tot sein würde, höchstens in vier. Je länger diese Fabrik aber ihre Arbeit tat, desto besser: So konnte er mit einem menschlichen Körper als Rohstoff sein Produkt herstellen und so Allahs großartigste Schöpfung in Seinen tödlichsten Fluch umwandeln.
    Zur anderen Frage hatte er Anweisungen gegeben, während Moudi geduscht hatte. Schwester Maria Magdalena wurde zu einer anderen Säuberungseinrichtung geführt, mit Kleidung versorgt und sich selbst überlassen. Ungestört hatte sie geduscht und sich dabei gefragt, was vor sich ging – wo war sie überhaupt? Sie war immer noch zu sehr durcheinander, um sich ernsthaft Sorgen zu machen, zu desorientiert, um zu verstehen. Wie Moudi hatte sie lange geduscht, und das hatte ihr den Kopf etwas klarer gemacht, also versuchte sie jetzt, die Fragen zu formulieren, die sie ihm stellen wollte. In ein paar Minuten würde sie den Doktor finden und ihn fragen, was los war. Das Klinikgewand wirkte angenehm vertraut, und sie hatte auch ihren Rosenkranz, hatte ihn mit unter die Dusche genommen. Er war aus Metall, im Gegensatz zum formalen Rosenkranz, der zum Ordensgewand gehörte und den sie aus Anlaß der letzten Gelübde erhalten hatte, vor mehr als vierzig Jahren. Doch der metallene war leichter zu desinfizieren, und sie hatte sich Zeit genommen, ihn unter der Dusche gründlich zu reinigen. Abgetrocknet und angezogen, sagte sie sich, daß Beten die beste Vorbereitung für ihre Suche nach Information sein würde, und so kniete sie, bekreuzigte sich und begann zu beten. Sie hörte nicht, daß hinter ihr die Tür aufging.
    Der Soldat vom Sicherheitsdienst hatte seine Befehle. Er hätte es schon eher tun können, aber in die Privatsphäre einer Frau einzudringen, die zudem badete und deshalb nackt war, wäre ein abscheulicher Akt, und sie lief ja nicht weg. Es freute ihn, zu sehen, daß sie betete, mit dem Rücken zu ihm, offensichtlich vertieft in ihre Andacht. Es war recht so. Verurteilten Kriminellen wurde ausnahmslos Gelegenheit gegeben, mit Allah zu sprechen; diese Gelegenheit zu verwehren war eine Sünde.
    Um so besser, sagte er sich, während er seine 9-mm-Automatik zog. Sie sprach gerade mit ihrem Gott …
    … und jetzt tat sie es noch direkter. Er entspannte den Hammer, halfterte die Waffe und rief die beiden Sanitäter herein, um hier wieder Ordnung zu schaffen. Er hatte schon vorher Menschen getötet, war zu Erschießungen von Staatsfeinden abkommandiert worden und hatte seine Pflicht getan. Diesmal schüttelte er den Kopf. Er war sich sicher, er hatte eine Seele zu Allah geschickt. Wie seltsam, sich nach einer Exekution gut zu fühlen.
    *
    Tony Bretano war mit einem TRW-eigenen Geschäftsflugzeug gekommen. Wie sich zeigte, hatte er über das Angebot von Lockheed-Martin noch nicht entschieden, und es freute Ryan, daß George Winstons Information inkorrekt gewesen war. Das zeigte, daß er zumindest in diese Insiderinformation nicht eingeweiht war.
    »Ich habe schon einmal nein gesagt, Mr. President.«
    »Zweimal.« Ryan nickte. »Zur Leitung von ARPA und zum Deputy Secretary for Technology. Ihr Name ist auch beim NRO gefallen, man hat Sie aber dazu nie angerufen.«
    »Das habe ich gehört«, bestätigte Bretano. Er war

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