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Befehl von oben

Befehl von oben

Titel: Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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gut.«
    Der Hauptmann nickte ausdruckslos, seine Gefühle waren schon durch die zehn Erschießungen in der letzten Stunde betäubt. Er schüttelte eine Zigarette aus seiner Packung, steckte sie dem Mann zwischen die Lippen und hielt ein Zündholz dran. Darauf sagte er, was ihm noch am Herzen lag: »Salam alaikum.« Friede sei mit dir.
    »Davon werde ich mehr haben als Sie, junger Mann. Tun Sie Ihre Pflicht. Geben Sie acht, daß Ihre Pistole geladen ist.« Der General schloß die Augen für einen langen Zug. Nur vor Tagen hatte ihm sein Arzt gesagt, daß es schlecht für seine Gesundheit war. Ha! Er blickte zurück auf seine Laufbahn, was die Amerikaner 1991 seiner Division angetan hatten, und staunte, daß er noch lebte. Nun, dem Tod war er mehrmals entronnen, doch das Rennen konnte man nur verlängern, nie wirklich gewinnen. Noch ein tiefer Zug. Er kannte den Geschmack. Wie kam wohl ein mickriger Hauptmann an amerikanische Winstons? Die Soldaten hoben die Gewehre zum »Zielt«. Ihre Gesichter waren ausdruckslos. Ja, das kam vom Töten, überlegte er. Was grausam und abscheulich sein sollte, wurde einfach zu einem Job, der …
    Der Hauptmann trat zum vornübergesackten Körper, der von dem um die Handschellen geschlungenen Nylonseil hing. Und wieder, dachte er, als er die 9-mm-Browning zog und zielte. Ein letzter Knall machte dem Stöhnen eine Ende. Dann schnitten zwei Soldaten das Seil durch und schleiften die Leiche weg. Ein weiterer brachte ein neues Seil an.
    Ein vierter harkte mit dem Gartenrechen im Dreck herum, nicht, um das Blut zu verbergen, sondern um den Dreck damit zu mischen, weil man auf Blut leicht ausrutschte. Der nächste würde Politiker sein, kein Soldat. Die Soldaten starben wenigstens größtenteils mit Anstand, wie der letzte. Nicht so die Zivilisten. Die wimmerten und weinten und riefen Allah an. Und wollten immer die Augenbinde. Das war eine neue Erfahrung für den Hauptmann, der so etwas noch nie getan hatte.
    Es hatte ein paar Tage gedauert, alles zu organisieren, aber nun waren sie alle in getrennten Häusern und verschiedenen Stadtvierteln – und kaum war das erledigt, gerieten die Generäle darüber in Sorge. Getrennt untergebracht, dachten alle, könnte man sie nacheinander abholen und einbuchten bis zum Rückflug nach Bagdad. Keine Familie hatte mehr als zwei Leibwächter, und was konnten die schon ausrichten? Sie trafen sich oft – jeder General hatte einen Wagen zur Verfügung –, hauptsächlich, um weitere Reisevorkehrungen zu treffen. Man zankte sich darüber, ob sie zusammen zu einem neuen gemeinsamen Aufenthaltsort reisen oder jetzt getrennte Wege gehen sollten. Einige trugen vor, daß es sicherer und kostengünstiger wäre, ein großes Stück Land zu kaufen und darauf zu bauen. Andere deuteten an, daß sie, endgültig aus dem Irak heraus (zwei hegten die Illusion, im Triumph wiederzukehren und die Macht an sich zu reißen, aber alle bis auf die beiden wußten, das waren Hirngespinste), erfreut wären, bestimmte von ihnen nie wiederzusehen. Kleinliche Rivalitäten hatten lange schon echte Abneigung kaschiert, die im neuen Umfeld deutlich auflebte. Der Geringste von ihnen hatte ein persönliches Vermögen von über vierzig Millionen Dollar – einer hatte fast dreihundert Millionen Dollar bei verschiedenen Schweizer Banken –, mehr als genug für ein bequemes Leben in jedem Land der Welt. Die meisten wählten die Schweiz, stets sichere Zuflucht für Leute mit Geld und dem Wunsch, ruhig zu leben; ein paar blickten auch weiter nach Osten. Der Sultan von Brunei suchte Leute zur Reorganisation seiner Armee, und drei der irakischen Generäle erwogen, dafür vorzusprechen. Die sudanesische Regierung hatte auch informelle Gespräche angeknüpft, um einige Berater für laufende Militäroperationen gegen animistische Minderheiten im Süden des Landes anzuwerben – die Iraker hatten ja Erfahrung im Umgang mit Kurden.
    Aber die Generäle mußten sich nicht nur um sich selbst Sorgen machen. Alle hatten ihre Familien herausgeschafft. Viele hatten Mätressen dabei, die nun zum allseitigen Mißbehagen in den Wohnungen ihrer Gönner lebten. Sie wurden genauso geschnitten wie in Bagdad. Das würde sich ändern.
    Der Sudan ist großenteils Wüstenland, bekannt für mörderisch trockene Hitze. Da er einst ein britisches Protektorat war, steht in der Hauptstadt ein Krankenhaus für Ausländer mit vorwiegend englischem Personal. Keine Spitzeneinrichtung, aber es überragte die meisten im

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