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Befehl von oben

Befehl von oben

Titel: Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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denke, der Präsident sollte es erfahren«, sagte Goodley mit einer Stimme, die sein Dringlichkeitsgefühl vertuschte – dachte er zumindest.
    »Er muß mehr erfahren, als wir ihm jetzt erzählen können. Ben?« fügte der Direktor hinzu.
    »Ja?«
    »Jack läßt Sie wegen Geduld nicht erschießen, und wir können sowieso nur die Entwicklung beobachten. Denken Sie dran, wir können ihn nicht mit Information zuschütten. Er hat nicht mehr die Zeit, sich alles anzusehen. Was er zu sehen kriegt, muß auf den Punkt gebracht sein. Das ist Ihr Job«, erklärte Ed Foley. »Das werden Sie in ein paar Wochen heraushaben. Ich werde helfen«, fuhr Ed fort, womit er Goodley an sein kurzes Dienstalter erinnerte.
    »Okay, ich werde warten.« Es klickte in der Leitung.
    Goodley hatte etwa eine Minute Zeit, während der er das NSA-Bulletin nochmals las, dann läutete das Telefon erneut.
    »Dr. Goodley.«
    »Doktor, Büro des Präsidenten«, sagte eine der höheren Sekretärinnen. »Ich habe einen Herrn Golowko auf der Privatleitung des Präsidenten. Könnten Sie den Anruf entgegennehmen?«
    »Ja«, erwiderte er, und dachte, oh, Scheiße.
    »Ich übergebe«, sagte sie und klinkte sich aus.
    »Hier Ben Goodley.«
    »Hier Golowko. Wer sind Sie?«
    »Ich bin amtierender Nationaler Sicherheitsberater des Präsidenten.« Und ich weiß, wer Sie sind.
    »Goodley? Ach ja, der Nachrichtendienstbeamte, der gerade gelernt hat, sich zu rasieren. Meinen Glückwunsch zu Ihrer Beförderung.«
    Die Spieltaktik war schon beeindruckend, aber Goodley schätzte, daß der Russe eine Akte auf dem Schreibtisch hatte, die alles bis hin zu seiner Schuhgröße enthielt. Auch Golowkos Gedächtnis konnte nicht so gut sein, und Goodley war jetzt lange genug im White House, daß RVS/KGB die Hausarbeiten erledigt hatte.
    »Nun, einer muß ja ans Telefon gehen, Minister.« Spieltaktik ging auch umgekehrt. Golowko war nicht wirklich Minister, agierte aber so, und das war technisch gesehen ein Geheimnis. Eine schwache Retourkutsche, aber immerhin. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Sie kennen die Vereinbarung, die ich mit Iwan Emmetowitsch habe?«
    »Ja, Sir, das tu' ich.«
    »Sehr gut. Sagen Sie ihm, daß gerade ein neuer Staat entsteht. Vereinigte Islamische Republik wird er heißen und vorerst Iran und Irak umfassen. Ich vermute aber, daß er noch weiterwachsen möchte.«
    »Wie verläßlich ist diese Information, Sir?« Lieber artig; den Russen sich größer vorkommen lassen.
    »Junger Mann, ich würde keine Meldung an Ihren Präsidenten machen, wenn ich sie nicht für verläßlich hielte, aber«, fügte er großzügig hinzu, »ich verstehe, daß Sie die Frage stellen müssen. Die Nachrichtenquelle ist für mich verläßlich genug, daß ich der Information mein Vertrauen mitgebe. Es wird noch mehr kommen. Haben Sie ähnliche Hinweise?«
    Die Frage ließ Goodleys erstarren. Für so etwas fehlten ihm Anweisungen. Ja, er hatte erfahren, daß Präsident Ryan mit Golowko über eine Zusammenarbeit gesprochen, die Sache auch mit Ed Foley diskutiert hatte und daß beide entschieden hatten, sie anzugehen. Aber niemand hatte ihm Kriterien dafür genannt, Informationen an Moskau weiterzugeben, und er konnte jetzt nicht in Langley um Instruktionen nachfragen, da würde er vor dem Russen schwach erscheinen, und die Russen wollten nicht, daß Amerika im Augenblick Schwäche zeigte, und es lag jetzt an ihm, und er mußte eine Entscheidung treffen. Der Denkprozeß dauerte insgesamt kaum eine Drittelsekunde.
    »Ja, Minister. Sie hätten zu keinem besseren Zeitpunkt anrufen können. Direktor Foley und ich haben gerade die Entwicklung besprochen.«
    »Ah ja, Dr. Goodley. Ich sehe, Ihre Funküberwachungsleute sind effizient wie immer.«
    »Herr Minister, ich werde noch diese Stunde mit Präsident Ryan sprechen und Ihre Information weitergeben. Vielen Dank für Ihren zeitigen Anruf, Sir.«
    »Schönen Tag noch, Dr. Goodley.«
    Vereinigte Islamische Republik las Ben auf seiner Schreibunterlage.
    Es hatte einmal die Vereinigte Arabische Republik gegeben, eine zweifelhafte Allianz zwischen Syrien und Ägypten, die aus zwei Gründen scheitern mußte. Die räumlich getrennten Länder waren grundlegend unvereinbar gewesen und die Allianz nur geschaffen worden, um Israel zu vernichten. Das letztere Land hatte Einwände vorgebracht – sehr wirkungsvolle. Noch wichtiger: Vereinigte Islamische Republik machte eine ebenso religiöse Aussage wie eine politische, weil Iran keine arabische

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