Befehl von oben
Nation war – wie Irak –, sondern eine arische, mit anderen ethnischen und sprachlichen Wurzeln. Der Islam war die einzige Weltreligion, deren Heilige Schrift alle Formen von Rassismus verurteilte und die Gleichheit aller Menschen vor Gott verkündete, ungeachtet der Hautfarbe – was der Westen oft übersah. Somit war der Islam eine vorgeblich einende Kraft, und dieser neue Staat spielte schon mit seinem Namen drauf an. Das sagte viel aus, genug, daß Golowko es nicht erst erklären mußte, und unterstrich Golowkos Meinung, er und Ryan seien auf der gleichen Wellenlänge. Goodley sah noch mal zur Wanduhr. In Moskau war es auch Nacht. Golowko arbeitete spät – na ja, für einen hochrangigen Beamten nicht so spät. Ben nahm den Hörer und tippte wieder #3. Er brauchte für die Zusammenfassung des Anrufs aus Moskau weniger als eine Minute.
»Wir dürfen glauben, was er sagt jedenfalls in dieser Sache. Sergej Nikolaj'tsch ist ein ganz alter Hase«, sagte der DCI. »Also gut, worüber macht er sich Sorgen?«
»Um etliche Republiken mit ›-stan‹ am Ende«, sprudelte Goodley hervor, ohne nachzudenken.
»Erfaßt.« Das kam von einer anderen Stimme.
»Vasco?«
»Ja, eben reingekommen.« Und Goodley mußte wiederholen, was er gerade Ed Foley gesagt hatte. Wahrscheinlich war auch Mary Pat da. Für sich allein waren beide schon gut. Wenn sie im gleichen Zimmer gemeinsam nachdachten, waren sie eine tödliche Waffe. Das mußte man gesehen haben, um es zu begreifen, wie Ben wußte.
»Sieht mir nach einer großen Sache aus«, bemerkte Goodley.
»Mir auch«, sagte Vasco über die Freisprecheinrichtung. »Wir lassen hier mal einige Ideen los. In rund einer Viertelstunde ruf ich wieder durch.«
»Würdense mirr glauben, daß Avi ben Jakob chat sich bei ins gemeldet?« berichtete Ed nach einigem Hintergrundgeräusch in der Leitung.
»Die haben wohl ziemlich was um die Ohren.«
Es war pure Ironie, daß die Russen sowohl die ersten waren, sich mit Amerika kurzzuschließen (und daß sie es überhaupt taten), als auch die einzigen, die direkt im White House anriefen, womit sie die Israelis in beiden Punkten schlugen. Doch die Belustigung würde nur kurz dauern, das wußten alle. Israel hatte wohl von allen den schlimmsten Tag. Rußland hatte bloß einen sehr schlechten. Und Amerika durfte an der Erfahrung teilhaben.
Es wäre kulturlos gewesen, ihnen das letzte Gebet zu verweigern. Waren sie auch grausam gewesen und Kriminelle, so mußten sie doch Gelegenheit zum Gebet erhalten, wenn auch nur kurz. Bei jedem war ein Mullah, der ihm mit strenger, aber nicht unfreundlicher Stimme sein Schicksal verkündete, heilige Texte zitierte und von der Chance sprach, sich mit Allah zu versöhnen, bevor man Ihm vors Angesicht trat. Das verweigerte keiner – ob sie glaubten, war eine andere Frage und oblag dem Urteil Allahs, doch die Mullahs hatten ihre Pflicht getan –, dann wurde jeder in den Gefängnishof geführt.
Es lief wie am Fließband, zeitlich sorgfältig abgestimmt, so daß die drei Geistlichen jedem verurteilten Verbrecher die dreifache Zeitspanne gewährten, die benötigt wurde, um jeden der Reihe nach ins Freie zu befördern, an den Pfahl zu binden, zu erschießen, die Leiche wegzuschaffen und den Vorgang erneut zu beginnen. Es kam auf fünf Minuten pro Hinrichtung und fünfzehn fürs Gebet.
Der kommandierende General der 41. Panzerdivision war typisch, nur war sein Glaube nicht ganz so verkümmert. In der Zelle wurden ihm vor seinem Imam – der General zog das arabische Wort dem Farsi-Begriff vor – die Hände gefesselt, und er wurde von Soldaten abgeführt, die eine Woche zuvor noch salutiert und gezittert hätten, wenn er vorbeikam. Er hatte sich mit seinem Schicksal versöhnt, und er würde den persischen Hundesöhnen nicht die geringste Genugtuung bieten. Insgeheim aber verfluchte er vor Gott die feigen Vorgesetzten, die aus dem Land entwischt waren und ihn zurückgelassen hatten. Vielleicht hätte er den Präsidenten selbst umbringen und die Macht übernehmen können, dachte er, als man seine Handschellen an den Pfahl band. Der General blickte einen Moment zur Wand hinter ihm und taxierte, wie gut die Treffsicherheit des Erschießungskommandos war. Seltsam belustigend fand er, daß er wohl ein paar Sekunden länger sterben würde, und er schnaubte verächtlich. Ein Hauptmann kam mit einer Augenbinde.
»Das heben Sie sich auf für heute nacht, wenn Sie schlafen gehen. Eine Zigarette, seien Sie so
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