Befehl von oben
Behandlungsraum einfach auf den Boden und machten nichts anderes, als über ihrer eigenen zu brüten und sich zu ängstigen, daß sie so werden würden wie die vor ihnen.
Mit der ursprünglichen Gruppe ging es im erwarteten Tempo bergab.
Ihre Schmerzen wurden schlimmer bis zu dem Punkt, wo sie sich nicht mal mehr langsam krümmten, weil Bewegung mehr schmerzte als Stilliegen. Einer schien dem Tod schon sehr nahe, und Moudi fragte sich, ob das Herz dieses Opfers wie bei Benedikt Mkusa ungewöhnlich anfällig für den Mayinga-Typ von Ebola war – vielleicht hatte dieser Untertyp der Krankheit eine bisher nicht vermutete Vorliebe für Herzgewebe?
Das wäre im abstrakten Studium eine interessante Erfahrung gewesen, aber er war schon weit über das abstrakte Studium der Krankheit hinaus.
»Wir haben nichts mehr davon, wenn wir diese Phase fortführen, Moudi«, bemerkte der Direktor, der neben dem jüngeren Mann stand und die Fernsehmonitore beobachtete. »Nächster Schritt.«
»Wie Sie wünschen.« Dr. Moudi nahm das Telefon und redete etwa eine Minute.
Nach fünfzehn Minuten rührte sich etwas. Die Sanitäter erschienen auf der Bildfläche, brachten alle neun Mitglieder der zweiten Gruppe über einen Gang zu einem zweiten großen Behandlungsraum, wo die Ärzte auf einem anderen Monitorensatz sahen, daß jedem ein Bett zugewiesen und ein Medikament gegeben wurde, nach dessen Einnahme sie binnen weniger Minuten einschliefen. Die Sanitäter kehrten dann zur ursprünglichen Gruppe zurück. Die Hälfte von ihnen schlief, und alle anderen waren benommen, konnten sich nicht widersetzen. Die noch bei Bewußtsein waren, wurden als erste mit dem Narkotikum Dilaudid, das in die gerade am günstigsten zu erreichende Vene injiziert wurde, getötet. Die Hinrichtungen dauerten nur ein paar Minuten und waren letztlich eine Gnade. Die Leichen wurden nacheinander auf Bahren geladen, um in den Verbrennungsofen transportiert zu werden. Als nächstes wurden die Matratzen und Bettlaken zur Verbrennung zusammengebündelt, worauf nur noch die Metallgestelle der Betten übrigblieben. Diese wurden mit dem Raum zusammen ausgesprüht, der für einige Tage versiegelt würde, bevor er erneut mit Desinfektionsmitteln besprüht würde. Die kollektive Aufmerksamkeit des Stabes wandte sich jetzt der Gruppe zwei zu, neun Verurteilte, die anscheinend die Übertragbarkeit von Ebola-Zaire-Mayinga durch die Luft bewiesen hatten.
*
Der Beamte der Gesundheitsbehörde kam erst einen vollen Tag später, zweifellos aufgehalten – wie MacGregor vermutete – durch einen Stapel Papierkram auf dem Schreibtisch, ein köstliches Abendessen und eine Nacht mit der Frau, die gerade etwas Pfeffer in sein Leben brachte.
Wenigstens kannte er sich mit den Vorsichtsmaßnahmen aus. Der Amtsarzt betrat kaum den Raum, stand mit geneigtem Kopf und verkniffenen Augen da, um sich den Patienten aus zwei Meter Entfernung besser besehen zu können. Der Raum war abgedunkelt, um Salehs Augen zu schonen. Dennoch war die Hautverfärbung zu sehen. Den Rest erklärten die zwei aufgehängten Einheiten mit Blut der Gruppe 0 und die Morphiuminfusion, zusammen mit dem Krankenblatt, das der Regierungsbeamte in den behandschuhten, zitternden Händen hielt.
»Die Antikörpertests?« fragte er leise mit amtlicher Würde.
»Positiv«, sagte ihm MacGregor.
Der erste dokumentierte Ausbruch von Ebola – wobei niemand wußte, wie lange es die Krankheit schon gab, wieviel Dschungeldörfer sie vor hundert Jahren etwa schon ausgelöscht hatte – hatte die Belegschaft des nächstgelegenen Krankenhauses mit erschreckendem Tempo heimgesucht, so daß das medizinische Personal die Einrichtung panikartig verlassen hatte. Und das hatte perverserweise mehr zum Ende der Epidemie beigetragen als vielleicht eine fortgesetzte Behandlung – die Opfer starben, und niemand kam ihnen nahe genug, um sich anzustecken. Afrikanische Mediziner wußten mittlerweile, was sie für Vorkehrungen zu treffen hatten. Alle trugen Schutzmasken und Handschuhe, und Desinfektionsmaßnahmen wurden rigoros durchgesetzt. So lässig und unbekümmert afrikanisches Personal manchmal war, diese Lektion hatten sie gut gelernt, und nachdem dieses Gefühl der Sicherheit eingekehrt war, taten sie wie auf der übrigen Welt ihr Bestmögliches.
Bei diesem Patient nützte das nicht mehr viel. Das war auch aus dem Krankenblatt zu ersehen.
»Aus dem Irak?« fragte der Beamte.
Dr. MacGregor nickte. »Das hat er mir gesagt.«
»Das
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