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Befehl von oben

Befehl von oben

Titel: Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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hat dafür in vielen Fällen der Siebziger und Achtziger Kriterien festgelegt: Schuldspruch, gefolgt von Strafmaßverfahren, von ›speziellen Umständen‹ abhängig. All diese Richter haben die Regelung aufrechterhalten – ein paar Ausnahmen. D hier hob in Mississippi ein Urteil wegen geistiger Zurückgebliebenheit auf. Gutes Urteil, wurde ohne Anhörung kommentarlos bestätigt, obwohl die Tat gruselig war. Sir, das Problem des Systems ist eins, das niemand wirklich heilen kann. Es liegt am Gesetz. Viele Rechtsprinzipien basieren auf ungewöhnlichen Fällen. Es gibt die Binsenweisheit, daß schwere Fälle schlechtes Recht bringen. Wie in England, die beiden Kinder, die ein kleineres umbrachten? Was zum Teufel soll ein Richter tun, wenn die überführten Mörder nur acht Jahre alt sind? Man betet bloß, daß man den Fall einem anderen aufdrückt. Wir tun halt unser Bestes, aus solchen Sachen trotzdem eine zusammenhängende Rechtsdoktrine aufzustellen. Leicht ist es nicht.«
    »Schätze, Sie haben streng gewählt. Sind es auch faire Leute?«
    »Wissen Sie, was ich vorhin sagte? Diese Art Macht will ich gar nicht.
    Er hier kippte eine Verurteilung, die einer meiner besten Leute bewirkte – wegen Verleitens. Der Beklagte war schuldig wie der Teufel, kein Zweifel, und wir waren alle stocksauer. Aber Richter sah sich die Argumente an und entschied wohl richtig: Der Fall ist jetzt Teil der FBI-Richtlinien.«
    Jack sah auf die Mappen. Da hätte er eine ganze Woche daran zu lesen.
    Seit Washington hatte kein Chef der Justizbehörden vor der Notwendigkeit gestanden, den gesamten Obersten Gerichtshof neu zu besetzen, und damals war es in einer Zeit geschehen, als die nationale Übereinstimmung in Gesetzesfragen viel fester und tiefer gewesen war als heutzutage in Amerika. Damals hatte »grausame und ungewöhnliche Bestrafung« die Folterbank oder den Scheiterhaufen bedeutet – beides war im vorrevolutionären Amerika in Gebrauch gewesen. In jüngeren Entscheidungen aber traf es zu auf den Entzug von Kabelfernsehen und die Verweigerung einer Geschlechtsumwandlung oder einfach nur auf überfüllte Gefängnisse. Na fein, dachte Ryan, die Gefängnisse sind überfüllt, warum entlassen wir dann nicht gefährliche Verbrecher in die Gesellschaft aus Angst, gegenüber abgeurteilten Kapitalverbrechern zu grausam zu sein?
    Nun hatte er die Macht, das alles zu ändern. Er brauchte nur Richter zu benennen, die einen so harten Standpunkt zu Verbrechen hatten wie er. Und für Ryan kam auch noch ein persönliches Element hinzu. Gegen ihn, seine Frau und seine Kinder war ein Mordanschlag verübt worden.
    Er kannte die Empörung darüber, daß es Menschen gab, die ein Leben so leicht auslöschen konnten, wie andere sich Süßigkeiten beim Lebensmittelhändler kauften, die anderen auflauerten, als wären sie Jagdwild, und deren Taten nach Vergeltung schrien. Er erinnerte sich, wie er mehr als einmal in Sean Millers Augen geblickt und nichts gesehen hatte, rein gar nichts. Keine Menschlichkeit, keine Gefühlsregung – nicht einmal Haß, so weit hatte der sich außerhalb der Gesellschaft begeben, daß es keine Rückkehr mehr gab …
    Aber dennoch.
    Ryan schloß die Augen und dachte zurück an den Augenblick, die geladene Browning in der Faust, sein Blut kochte, aber Hände wie Eis, der köstliche Moment, da er das Leben dessen auslöschen wollte, der nach seinem getrachtet hatte und Cathys und Sallys und Klein Johns, noch ungeboren. Ihm in die Augen sah, und endlich die Angst, die die Unmenschlichkeit durchbrach … doch wie oft hatte er seither der Güte Gottes gedankt, daß er den Hahn nicht gespannt hatte. Er hätte es getan.
    Er hatte es mehr gewollt als alles im Leben und erinnerte sich, wie er den Abzug drückte und nichts geschah – und dann war der Moment vergangen. Jack erinnerte sich ans Töten. Der Terrorist in London, der im Boot unterm Abhang, der Koch im U-Boot, die entsetzliche Nacht in Kolumbien, die ihm jahrelang Alpträume bescherte. Aber bei Sean Miller war es anders gewesen. Bei Miller ging's nicht um Notwendigkeit.
    Für Jack war es eine Art Gerechtigkeit gewesen, und er war da als Gesetzesvertreter, und mein Gott, wie hatte er dieses wertlose Leben auslöschen wollen! Er hatte aber nicht. Das Gesetz, das dem Leben dieses Terroristen und seiner Komplizen ein Ende bereitet hatte, war wohlüberlegt, kalt und distanziert – wie es sein mußte. Aus diesem Grund mußte er die bestmöglichen Leute zur Neubesetzung

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