Befehl von oben
CIA verbracht.«
»Das stimmt, Tom. Wie ich Ihnen heute vormittag bereits gesagt habe, hat noch kein Präsident je über Geheimdienstunternehmen gesprochen. Dafür gibt es triftige Gründe.« Ryan war noch gelassen, da er nicht wußte, welche Tür soeben aufgegangen war.
»Aber Mr. President, Sie waren persönlich an zahlreichen Unternehmen beteiligt, die wesentlich dazu beitrugen, den Kalten Krieg zu beenden. Zum Beispiel beim Loseisen des sowjetischen Raketen-U-Boots Roter Oktober. Sie haben dabei eine persönliche Rolle gespielt, nicht wahr?«
Der Aufnahmeleiter, im voraus auf diese Frage eingestimmt, wechselte gerade rechtzeitig auf die Kamera mit Ryans Gesicht in Nahaufnahme, um einzufangen, wie dessen Augen groß wie Tennisbälle wurden. Er war wirklich nicht allzugut in der Beherrschung seiner Gefühle.
»Tom, ich …«
»Die Zuschauer sollten erfahren, daß Sie eine entscheidende Rolle bei einem der größten Geheimdienstcoups aller Zeiten gespielt haben. Wir haben doch ein intaktes sowjetisches Raketen-U-Boot in die Finger bekommen?«
»Zu dieser Story gebe ich keinen Kommentar.« Mittlerweile konnte die Schminke sein blasses Aussehen nicht mehr verbergen. Cathy wandte sich ihrem Mann zu, da sie spürte, wie seine Hand in ihrer zu Eis wurde.
»Und kaum zwei Jahre später haben Sie persönlich das Überlaufen des russischen KGB-Chefs in die Wege geleitet.«
Jack hatte endlich seine Gesichtszüge wieder in der Gewalt, aber seine Stimme klang hölzern. »Tom, das hat aufzuhören. Sie verbreiten hier haltlose Spekulationen.«
»Mr. President, dieser Russe, Nikolaj Gerasimow, ehemals KGB, lebt jetzt mit Familie in Virginia. Der U-Boot-Kapitän lebt in Florida. Das ist keine ›Fabel‹« – er lächelte – »das wissen Sie. Sir, ich verstehe Ihr Stillschweigen nicht. Sie haben eine gewichtige Rolle dabei gespielt, der Welt den Frieden zu bringen, von dem Sie vor ein paar Minuten gesprochen haben.«
»Tom, lassen Sie mich eines klarmachen. Ich werde niemals Geheimdienstunternehmen in irgendeinem öffentlichen Forum besprechen. Punkt.«
»Aber das amerikanische Volk hat ein Recht darauf, zu erfahren, was für ein Mann in diesem Büro sitzt.« Das gleiche hatte vor elf Stunden John Plumber gesagt, der nun innerlich zusammenzuckte, als er sich so zitiert hörte. Er konnte sich aber nicht öffentlich gegen seinen Kollegen wenden.
»Tom, ich hab' meinem Land jahrelang nach bestem Wissen und Gewissen gedient, aber genauso wie Sie nicht Ihre Informanten preisgeben können, können unsere Nachrichtendienste viele ihrer Aktivitäten nicht enthüllen, weil die reale Gefahr besteht, daß Menschen dabei getötet werden.«
»Aber Mr. President, das haben Sie schon getan. Sie haben Menschen getötet.«
»Ja, das habe ich, und mehr als ein Präsident ist Soldat gewesen oder …«
»Einen Augenblick mal«, unterbrach Cathy, deren Augen nun aufblitzten. »Ich möchte mal was sagen. Jack ist zum CIA gegangen, nachdem unsere Familie von Terroristen angegriffen wurde. Wenn er damals nicht so gehandelt hätte, wäre keiner von uns mehr am Leben. Ich war damals schwanger mit unserem Sohn, und sie haben versucht, in Annapolis mich und meine Tochter in meinem Auto umzubringen und …«
»Entschuldigen Sie, Mrs. Ryan, wir müssen hier kurz unterbrechen.«
»Das muß aufhören, Tom. Das muß auf der Stelle aufhören«, sagte Ryan mit allem Nachdruck. »Wenn Leute in aller Öffentlichkeit von geheimen Missionen sprechen, können echt Menschen umkommen. Begreifen Sie das?« Die Kameras waren abgeschaltet, aber die Bänder liefen noch.
»Mr. President, die Bevölkerung hat ein Recht, es zu erfahren, und es ist meine Aufgabe, über Fakten zu berichten. Habe ich in irgendeinem Punkt gelogen?«
»Ich kann selbst dazu nichts sagen, und das wissen Sie«, bemerkte Ryan, der beinahe eine treffende Antwort geknurrt hätte. Ruhe bewahren, Jack, gemahnte er sich. Ein Präsident kann keinen Wutanfall haben, todsicher nicht live im Fernsehen. Verdammt, Marko würde nie kooperieren mit solchen – oder doch? Er war Litauer, und vielleicht mochte er die Vorstellung, ein Nationalheld zu werden. Aber Gerasimow war was anderes. Ryan hatte den Mann entehrt, ihn mit dem Tod bedroht – wenn auch durch die Hände seiner Landsleute – und ihn all seiner Macht beraubt. Gerasimow genoß nun ein weit bequemeres Leben, als er jemals in der Sowjetunion hätte genießen können, die er einfrieren und regieren hatte wollen, aber er gehörte
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