Befehl von oben
anderen Zeugs?«
»Stimmt alles«, sagte Ryan. »Yeah, wir haben Roten Oktober in die Finger gekriegt, yeah, ich hab' Gerasimow selbst rausgeschafft. Wenn wir's nicht gemacht hätten, Gerasimow hatte schon alles zum Sturz Andrej Narmonows vorbereitet – und es gäb' immer noch einen Warschauer Pakt, und die schlimme alte Zeit wär' nie vorbeigegangen. Also haben wir den Mistkerl kompromittiert, und er hatte keine andere Wahl, als ins Flugzeug zu steigen. Er ist immer noch sauer, trotz allem, was wir getan haben, ums ihm behaglich zu machen, aber soviel ich weiß, gefällt's seiner Frau und seiner Tochter in Amerika ganz gut.«
»Haben Sie jemanden umgebracht?« fragte Arnie.
»In Moskau nicht. Im U-Boot – der hat versucht, die Selbstzerstörung einzuleiten. Er hat einen Schiffsoffizier umgelegt und zwei andere ziemlich schlimm zusammengeschossen, aber ich hab' ihm selbst die letzte Fahrkarte ausgestellt – und hatte jahrelang Alpträume deswegen.«
In einer anderen Wirklichkeit, dachte van Damm, wäre sein Präsident ein Held. Aber die Realität und öffentliche Politik hatten wenig miteinander gemein. Ihm fiel auf, daß Ryan nicht seine Geschichte von Bob Fowler und dem vermasselten Atomraketenabschuß berichtet hatte. Der Stabschef hatte das fast hautnah miterlebt. J. Robert Fowler hätte es fast zerfetzt, als er erfuhr, wie knapp er vor einem Massenmord im Maßstab Hitlers bewahrt worden war. Es gab eine Zeile in Hugos Les Miserables, die beim älteren Mann hängengeblieben war, als er das Buch zum erstenmal in der High-School las: »Wie übel Gutes sein kann.« Das war noch so ein Fall. Ryan hatte seinem Land tapfer und ausgezeichnet gedient, aber keine seiner Taten würde der öffentlichen Untersuchung standhalten. Intelligenz, Vaterlandsliebe und Mut hatten lediglich zu einer Folge von Ereignissen geführt, die man bis zur Unkenntlichkeit zu einem Skandal verdrehen konnte. Und Ed Kealty wußte genau, wie das zu bewerkstelligen war.
»Wie können wir den Drall dabei beherrschen?« fragte der Präsident.
»Was muß ich noch wissen?«
»Die Akten zu Roter Oktober und Gerasimow befinden sich in Langley. Die kolumbianische Sache, nun ja, da wissen Sie das Notwendige.
Ich bin nicht sicher, ob selbst ich rechtlich befugt bin, die Berichte zu entsiegeln. Wollen Sie andererseits Rußland destabilisieren? Dazu würde es führen.«
Roter Oktober, dachte Golowko, dann blickte er zur hohen Decke seines Büros. »Iwan Emmetowitsch, du gerissener Schweinehund. Two ju matj!«
Der Fluch wurde in leiser Bewunderung gesprochen. Von der allerersten Begegnung an hatte er Ryan unterschätzt, und damit hatte er selbst nach all den späteren direkten und indirekten Kontakten nicht aufgehört. So hatte er Gerasimow also kompromittiert! Und dabei wohl Rußland gerettet – aber ein Land sollte von innen, nicht von außen gerettet werden. Einiges mußte für immer ein Geheimnis bleiben, weil das beide Seiten gleichermaßen schützte. Dies war so ein Geheimnis. Es würde nun beide Länder in Verlegenheit bringen. Für die Russen bedeutete es den Verlust einer Ressource von nationaler Bedeutung durch Hochverrat – schlimmer noch, es war etwas, was der eigene Geheimdienst nicht aufgedeckt hatte, und der Verlust zweier Jagd-U-Boote bei derselben Operation machte daraus eine Affäre, die die sowjetische Marine mit aller Inbrunst zu vergessen suchte – und so hatte man sich mit dem Deckmantel nicht weiter befaßt.
Sergej Nikolaj'tsch kannte den zweiten Teil besser als den ersten.
Ryan hatte einen Staatsstreich verhindert. Golowko dachte, Ryan hätte es ihm sagen können und den internen Organen überlassen, aber nein.
Ryan wäre verrückt gewesen, den Vorteil nicht auszuschlachten. Gerasimow mußte wie ein Kanarienvogel gesungen haben – den westlichen Spruch kannte er. Alles aufgegeben, was er wußte; Ames, zum Beispiel, war er sicher, und Ames war eine Diamantmine gewesen für den KGB.
Und du hast dir immer gesagt, daß Iwan Emmetowitsch ein begabter Amateur ist, dachte Golowko.
Doch selbst seine berufliche Bewunderung war gedämpft. Rußland würde bald Hilfe brauchen. Wie könnte es sich an jemand um Hilfe wenden, der – wie jetzt bekanntwerden würde – mit den inneren Angelegenheiten seines Landes wie ein Puppenspieler umgegangen war? Die Erkenntnis war einen weiteren Fluch wert, der aber keine Bewunderung ausdrückte.
Auf öffentlichen Gewässern gilt freie Fahrt für alle, und so konnte die Marine gar
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