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Befehl von oben

Befehl von oben

Titel: Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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nichts dagegen tun, daß das gemietete Boot dem Dock 8/10 so nahe kam. Bald schloß sich ein weiteres an, dann noch mehr, bis schließlich ganze elf Kameras auf das abgedeckte Trockendock gerichtet waren, das nach dem Auslaufen der meisten amerikanischen Raketen-U-Boote leer war. Auch ein anderes Boot war nicht mehr da, das sich nur kurz dort aufgehalten hatte und nicht amerikanisch war, wie das Gerücht ging.
    Der Zugang zu Personalakten der Marine war via Computer möglich, und einige versuchten gerade, die früheren Besatzungsmitglieder der USS Dallas zu überprüfen. Ein frühmorgendlicher Anruf bei COMSUBPAC über seine Dienstzeit als kommandierender Offizier der Dallas drang nur bis zur Pressestelle vor, wo man darin geschult war, bei Anfragen ›kein Kommentar‹ zu sagen. Heute würden davon mehr als genüg eingehen. Anderswo auch.
    »Ron Jones hier.«
    »Und hier ist Tom Donner von NBC News.«
    »Nett«, sagte Jones höflich, »ich selber schaue CNN.«
    »Vielleicht sollten Sie heut abend zu unserer Show schalten. Ich wollte Sie sprechen wegen …«
    »Ich habe die Times gelesen. Kein Kommentar …«, fügte er zu.
    »Aber …«
    »Aber: Ja, ich war mal U-Boot-Mann, man nennt uns den Stillen Dienst. Das war auch lange her. Ich führe jetzt mein eigenes Geschäft. Verheiratet, Kinder, die ganze Latte, wissense?«
    »Sie waren der leitende Sonarmann an Bord der USS Dallas, als …«
    »Mr. Donner, ich habe beim Ausscheiden aus der Navy die Geheimhaltungsvereinbarung unterschrieben. Ich rede nicht über das, was wir taten, okay?« Es war sein erster Kontakt mit Reportern und entsprach den Erwartungen, die man ihm zugetragen hatte.
    »Dann müßten Sie uns bloß sagen, es ist nie geschehen.«
    »Daß was nie geschehen ist?« fragte Jones.
    »Das Aufbringen des russischen U-Boots Roter Oktober.«
    »Wissen Sie, das ist das Verrückteste, das ich je gehört habe.«
    »Was?«
    »Elvis.« Er legte auf. Dann rief er Pearl Harbor an.
    Bei Tagesanbruch rollten die Ü-Wagen durch Winchester, Virginia, fast wie die Bürgerkriegsarmeen, die die Stadt mehr als vierzigmal wechselseitig besetzt hatten.
    Ihm gehörte das Haus eigentlich nicht. Man konnte nicht mal sagen, daß es dem CIA gehörte. Auf der Urkunde stand der Name einer Papierfabrik, die einer Stiftung gehörte, deren Direktorium obskur war, aber da Grundbesitz in Amerika amtlich eingetragen sein muß, ließen sich die Daten in kaum zwei Tagen eruieren.
    Die aufgetauchten Reporter hatten Archivfotos und -bandmaterial zu Nikolaj Gerasimow, und armlange Linsen auf Stativen wurden auf die Fenster eine Viertelmeile entfernt gerichtet. Einige grasende Pferde im Blickfeld würden der Story eine hübsche Note geben: CIA BEHANDELT RUSSISCHEN MEISTERSPION WIE KÖNIGLICHEN BESUCH.
    Die beiden Sicherheitsleute im Haus waren auf hundertachtzig und riefen Langley wegen Instruktionen an, aber das Büro für Öffentlichkeitsarbeit dort – merkwürdige Einrichtung beim CIA – pochte nur darauf, daß es Privatbesitz sei (ob das unter den Umständen Rechtens war, wurde von CIA-Anwälten gerade geprüft); daß Reporter ihn also nicht unbefugt betreten durften.
    Es war schon Jahre her, daß er etwas zu lachen gehabt hatte. Sicher, es hatte gelegentliche Lichtblicke gegeben, aber dies war etwas so Besonders, daß er nie an sein Eintreffen geglaubt hätte. Er hatte sich immer für einen Amerika-Experten gehalten. Gerasimow hatte zahlreiche Spionageaktionen gegen den »Hauptfeind« geleitet, wie die Vereinigten Staaten in seinem nicht mehr existierenden Land genannt wurden, aber er gestand sich ein, daß einer erst herkommen und ein paar Jahre hier leben müsse, um zu verstehen, wie unbegreiflich Amerika war, wie nichts einen Sinn ergab, wie buchstäblich alles geschehen konnte, und je verrückter es war, desto wahrscheinlicher. Keine Fantasie reichte aus, um zu ahnen, was in einem Tag, noch weniger in einem Jahr passieren würde. Und das hier war der Beweis.
    Der arme Ryan, dachte er, als er am Fenster stand und seinen Kaffee trank. In seinem Land – für ihn würde es immer die Sowjetunion sein – wäre das nie passiert. Ein paar uniformierte Wächter und ein strenger Blick hätten die Leute verscheucht, oder wenn der Blick nicht ausgereicht hätte, dann gab es noch andere Optionen. Aber nicht so in Amerika, wo die Medien all die Freiheiten eines Wolfs in den sibirischen Wäldern hatte – er lachte beinahe über diesen Gedanken. In Amerika waren Wölfe eine geschützte

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