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Befehl von oben

Befehl von oben

Titel: Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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innerhalb des D.C. Beltway entgangen, nicht aber den lokalen Fernsehstationen draußen im Lande.
    Maria tat liebenswürdiger, als sie sich fühlte, als ihr der Programmkoordinator das Zeitsignal gab. Sie lächelte in die Kamera …
    »Wir melden uns zurück.«
    Ryan hatte zwölf Minuten, bis NBC ihn bekam. Der zum Frühstück getrunkene Kaffee trieb jetzt, und er mußte zur Toilette, doch beim Aufstehen brachte ihn das Mikrofonkabel fast zu Fall.
    »Hier entlang, Mr. President«, Price zeigte nach links, den Korridor entlang, dann rechts zum Oval Office, erkannte Jack zu spät. Mitten im Schritt hielt er inne. In seinen Gedanken gehörte es noch immer jemand anderem, doch Toilette war Toilette, und diese war Teil einer kleinen Zimmerflucht mit Salon, die vom Office abging. Es war wenigstens privat, sogar vor der Prätorianergarde, die ihm sonst überallhin folgte wie ein Rudel Schäferhunde, das ein besonders wertvolles Lamm zu beschützen hatte. Was Jack nicht wußte: Über der Tür ging ein Licht an, wenn jemand dieses spezielle Örtchen aufsuchte, und ein Guckloch in der Tür zum Office erlaubte dem Secret Service, selbst diesen Aspekt vom täglichen Leben ihres Präsidenten zu verfolgen.
    Beim Händewaschen schaute Ryan in den Spiegel, stets ein Fehler in solchen Momenten. Das Make-up ließ ihn jünger erscheinen, als er war, das ging ja noch, aber auch unecht: eine falsche Röte, die seine Haut noch niemals hatte. Er bekämpfte den Zwang, das Ganze wegzuwischen, bevor er für NBC zurückkam. Dieser Moderator war ein Schwarzer, und beim Händeschütteln im Roosevelt Room stellte Jack zu seinem Trost fest, daß dessen Make-up noch viel grotesker schien als sein eigenes. Jack bedachte nicht, daß Fernsehbeleuchtung den menschlichen Teint so verändert, daß man für normales Aussehen auf dem Bildschirm dem nichtelektronischen Auge als Clown vorkommen muß.
    »Was werden Sie heute tun, Mr. President?« war Nathans vierte Frage.
    »Ich werde ein weiteres Gespräch mit dem amtierenden FBI-Direktor Murray führen – genaugenommen werden wir eine Zeitlang zweimal pro Tag zusammenkommen. Ich habe auch eine anberaumte Sitzung mit den für nationale Sicherheit zuständigen Gremien, dann mit einigen überlebenden Kongreßmitgliedern. Nachmittags haben wir eine Kabinettssitzung.«
    »Beisetzungsvorbereitungen?« Der Reporter hakte eine weitere Frage von der Liste in seinem Laptop ab.
    Ryan schüttelte den Kopf. »Zu früh. Ich weiß, es ist frustrierend für uns alle, aber diese Dinge brauchen Zeit.« Er sagte nicht, daß das White-House-Protokollbüro fünfzehn Minuten seines Nachmittags bekommen hatte, um ihm den Planungsstand zu erläutern.
    »Es war ein japanisches Flugzeug, von einer staatlichen Gesellschaft. Haben wir Grund zur Annahme, daß …«
    Um darauf zu antworten, beugte sich Ryan etwas nach vorn. »Nein, Nathan, haben wir nicht. Wir haben mit der japanischen Regierung Verbindung aufgenommen. Premierminister Koga hat absolute Kooperation zugesagt, und wir nehmen ihn beim Wort. Ich möchte betonen, daß die Feindseligkeiten mit Japan gänzlich beigelegt sind. Was geschah, war ein schreckliches Mißverständnis.
    Jenes Land wird sich darum bemühen, diejenigen vor Gericht zu bringen, die schuld am Konflikt waren. Noch wissen wir nicht, wie dies passiert ist – gestern abend, meine ich –, und ›weiß nicht‹ heißt weiß nicht. Solange wir es nicht wissen, möchte ich Spekulationen entgegentreten. Sie helfen nicht, sie schaden allenfalls, und Wunden haben wir für eine Weile genug. Jetzt müssen wir übers Heilen nachdenken.«
    »Domo arigato«, murmelte der japanische Premierminister. Es war das erstemal, daß er Ryans Gesicht gesehen und seine Stimme gehört hatte.
    Beide waren jünger, als er erwartet hatte, obwohl er über Ryan schon in allen Einzelheiten unterrichtet war. Koga bemerkte Anspannung und Unbehagen des Mannes, wenn er aber etwas anderes zu sagen hatte als eine offensichtliche Antwort auf eine geistlose Frage – wieso tolerierten die Amerikaner nur die Unverschämtheit ihrer Medien? –, dann veränderte sich die Stimme ein wenig, wie auch die Augen. Der Unterschied war nur gering, doch Koga war es gewohnt, auch nur den Hauch einer Nuance zu bemerken. Es war sein Vorteil, in Japan aufgewachsen zu sein, und noch mehr, sein ganzes Leben als Erwachsener in der Politik zugebracht zu haben.
    »Er war ein vorzüglicher Feind«, bemerkte ein Mitarbeiter des Außenministeriums. »Und in der

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