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Befehl von oben

Befehl von oben

Titel: Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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konnte auch nicht weglaufen. Er stand auf und ging raus, bog nach links ab zu Arnies Büro, an Secret-Service-Agenten vorbei, die den Austausch sicher gehört und sich eigene Gedanken gemacht hatten.
    »Arnie?«
    »Ja, Mr. President?«
    »Es tut mir leid.«
    »Okay, Süße«, stöhnte er. Er würde morgen zum Arzt gehen. Nichts war besser geworden, vielmehr schlimmer. Wenn er's nur verschlafen könnte, aber das ging nicht. Nur die Erschöpfung gönnte ihm hier und da eine Stunde. Das bloße Aufstehen, um zum Klo zu gehen, erforderte ein paar Minuten konzentrierter Mühe. Seine Frau wollte dabei helfen, aber nein, dafür braucht ein Mann keine Begleitung. Andererseits hatte sie recht: Er mußte zum Arzt. Wäre er doch schon gestern gegangen, dachte er. Dann hätte er sich heute besser gefühlt.
    Das Vorgehen war leicht gewesen. Der Tresorraum mit dem Bandarchiv hatte Ausmaße wie eine respektable Bibliothek, und alles war leicht auffindbar. Dort auf dem fünften Regal waren drei Beta-Kassetten in ihren Schutzhüllen. Plumber nahm sie und ersetzte die Bänder in den Hüllen durch leere. Die drei Bänder nahm er in seiner Aktentasche mit heim, wo aus praktischen Gründen ein Betamax kommerzieller Art stand. Er spielte die Bänder des ersten Interviews ab, um sicherzugehen, daß sie nicht beschädigt waren. Sie waren intakt. Die mußten in sichere Verwahrung.
    Dann entwarf John Plumber sein Drei-Minuten-Kommentar für die Abendnachrichten des nächsten Tages. Es wurde eine milde Kritik der Präsidentschaft Ryans. Dafür brauchte er eine Stunde, da er im Gegensatz zum derzeit typischen TV-Reporter Wert legte auf eine gewisse sprachliche Eleganz. Er druckte die Rede aus und las sie durch, denn Fehlerkorrektur und das Redigieren fielen ihm auf Papier leichter als am Monitor. Zufrieden kopierte er das Stück auf Diskette, von der im Studio später eine Fassung für den Teleprompter gemacht würde. Dann komponierte er ein weiteres Kommentarstück gleicher Länge, das er ebenfalls druckte. Mit diesem befaßte sich Plumber deutlich länger. Wenn es sein beruflicher Schwanengesang werden sollte, mußte es anständig sein, und dieser Reporter, der schon eine Menge Nachrufe für andere erstellt hatte, wollte seinen eigenen perfekt haben. Mit der abschließenden Fassung zufrieden, machte er davon einen Ausdruck und stopfte die Seiten in seine Aktentasche neben die Kassetten. Die Seiten würde er nicht auf Diskette kopieren.
    »Ich schätze, daß die fertig sind«, sagte der Chief Master Sergeant.
    Die Aufnahme vom Predator zeigte die Panzerkolonnen auf dem Rückweg ins Lager, Turmluken offen, Besatzungen sichtbar, meist rauchend. Die Manöver waren für die frischgebackene UIR-Armee gut verlaufen, und auch jetzt führten sie ihre Straßenbewegung gut geordnet durch.
    Major Sabah hatte erwartet – gehofft –, daß der neue Nachbar seines Landes zur Integration seiner Streitmächte viel länger gebraucht hätte, aber die Gemeinsamkeiten der Ausstattung und der Kampfdoktrin hatte sie begünstigt. Radiomeldungen, die hier und bei STORM TRACK kopiert worden waren, wiesen darauf hin, daß die Übung vorbei war. Durch die TV-Aufnahmen des UAV wurde dies bestätigt, und Bestätigung war wichtig.
    »Merkwürdig …«, bemerkte der Sergeant, selbst überrascht.
    »Wie bitte?« fragt Sabah.
    »Entschuldigung, Sir.« Der NCO stand auf, ging zum Eckschrank und entnahm eine Karte, die er bei der Werkstation ausbreitete. »Dort gibt es keine Straße. Schauen Sie, Sir.« Er verglich die Kartenkoordinaten mit denen auf dem Monitor – der Predator trug sein eigenes GPS-System und meldete seine Position automatisch an die Operateure – und tippte auf den richtigen Kartenabschnitt. »Sehen Sie?«
    Der kuwaitische Offizier blickte zwischen Karte und Bildschirm hin und her. Auf letzterem gab es jetzt eine Straße, aber das war leicht erklärt. Eine 100-Panzer-Kolonne könnte fast jede Oberfläche zu einer Art hartgepreßter Straße umwandeln, und das war hier geschehen.
    Vorher aber hatte es dort keine gegeben. Das hatten die Panzer erst in den letzten paar Stunden besorgt.
    »Das ist eine Veränderung, Major. Früher war Iraks Armee immer straßengebunden.«
    Sabah nickte. Es war so offensichtlich, daß es ihm nicht aufgefallen war. Die Armee Iraks hatte 1991 an der eigenen Zerstörung durchs Festhalten an den Straßen mitgewirkt. Es ließ ihre Bewegungen vorhersagen und hatte den vorrückenden Alliierten die Freiheit gelassen, aus

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