Befohlenes Dasein
sondern ist noch immer auf die Mentalität des Kidor ausgerichtet. Er wähnt sich unter dem Schutz der Galaktischen Union, vertritt das Prin zip der freien Meinungsäußerung und fürchtet sich vor nichts. Auf die letzten Worte des Sektierers reagiert er sehr sauer.
„Ich stelle es dir frei, irgendeiner Lehre oder Philosophie anzugehören, die dir gefällt, aber ich habe ebenso das Recht, meine Meinung zu äußern. Laß mich also in Ruhe oder ich werde dich bei der Polizei wegen deiner unflätigen Reden zur Anzeige bringen.“
„Unflätig nennst du die Lehre des großen Geistes Litpaka? Habt ihr es alle gehört, ihr Freunde und Anhänger unserer Lehre? Wollen wir diesen Abtrünnigen und Verworfenen für immer zum Schweigen bringen?“
Ein unbeschreiblicher Tumult erhebt sich, und die fanatisier te Menge beginnt in Aktion zu treten. Immer mehr Sektierer werden durch die laute Auseinandersetzung herbeigelockt. Einige Männer mit Knüppeln und Eisenspitzen sind in den inneren Kreis eingedrungen. Sie werden mit kurzen Worten über die beiden Eingeschlossenen unterrichtet. Ohne ein Wort zu sagen, packen die Schwarzgekleideten Ko-os Teran und Ira Tarwi und führen sie zur Mitte des Platzes, wo bereits die anderen Opfer stehen.
Diese bedauernswerten Menschen wissen, was ihnen bevor steht. Sie wissen, daß sie von ihren grausamen Gegnern zu To de geführt werden.
Ko-os Teran ist noch lange nicht gebrochen.
„Vorwärts!“ ruft er den Männern zu. „Ihr wißt doch wohl, daß euch dieses Gesindel ans Leben will! Habt ihr keinen Mut mehr, euch zu verteidigen? Wenn wir alle zusammenhalten, dann sollen diese Burschen dort draußen noch etwas erleben!“
Er predigt tauben Ohren. Diese Litpaka-Lehre ist so tief in den Menschen des Hennos verwurzelt, sie sind von Kindheit an so sehr in der Furcht und in der Unterwürfigkeit erzogen worden, daß sie eher noch gegen Ko-os Teran Front machen, als sich gegen ihre Peiniger zu stellen. Außer einem.
Er ist ein großer, muskulöser Bursche mit intelligentem Gesicht. Als Ko-os Teran seine aufputschenden Worte ruft, horcht er hoch auf, als höre er eine angenehme Musik. Teran, dessen Blicke von einem zum anderen schweifen, hat seine Gesinnung erkannt.
„Komm, Freund!“ redet er ihm zu. „Wir wollen versuchen zu fliehen.“
„Schweig!“ antwortet der Mann leise. „Hier auf diesem Marktplatz ist es unmöglich. Man wird uns dann vor die Stadt bringen, um uns auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen. Dort muß sich eine Möglichkeit finden. Sammelt einstweilen Kräfte, damit uns der erste Ansturm gelingt.“
Doch sie kommen nicht mehr zum Sprechen. Denn die Anführer der schwarzgekleideten Sektierer haben das Zeichen zum Aufbruch gegeben.
Es ist ein Elendszug, der sich in Bewegung setzt.
Ko-os Teran, Iri Tarwi und der unbekannte breitschultrige Mensch, die Widerspenstigen unter den Gefangenen, wandern in einer Reihe in dem langen Zug. Überall werden die Menschen von den an den Seiten der Straßen stehenden Zuschauern beschimpft. Und jeder ist froh, daß er sich nicht durch irgendeinen blinden Zufall mit in diesem jammervollen Zug befindet.
Ko-os Teran wartet auf eine günstige Gelegenheit, um auszubrechen. Und er hat sich vorgenommen, keine Rücksicht walten zu lassen.
„Sobald ich ausbreche“, raunt er Ira Tarwi zu, „reißen Sie einem dieser schwarzen Lumpen einen Knüppel aus der Hand. Ich werde das gleiche tun. Und dann ohne Rücksicht drauf! Sie scheinen hier keine Schußwaffen zu haben – um so besser! Vielleicht finden wir eine Gegend vor, in der wir uns verbergen können.“
Ira Tarwi nickt mit zusammengebissenen Zähnen. Und auch der muskulöse, neugewonnene Gefährte, der sich den Anschein völliger Gebrochenheit gibt und sich mühsam Schritt für Schritt vorwärtsschleppt, zeigt durch ein Aufblitzen seiner grauen Augen an, daß er die Worte Terans verstanden hat.
Sie haben die letzten, würfelförmigen Häuser erreicht. Der Zug bewegt sich durchs Stadttor und gelangt in freies Gelände. Ko-os Teran sieht heimlich in die Runde. Das Gelände ist nicht übel. Sandboden, Kiefernwäldchen, eine Anhöhe, Buschwerk, dazwischen Prärie, hoch mit Gras und unbekannten Blüten bestanden. Die Stadt ist in quadratischer Form mit hoher Mauer mitten hineingebaut.
Was aber das nur wenig Beruhigende an dieser Landschaft ist, ist die Szenerie, die die Helfer der fanatisierten Sektierer nur hundert Meter von dem Stadttor entfernt aufgebaut haben. Es sind umfangreiche
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