Begegnung im Schatten
Wiederbeschaffung des Objekts bot. Herumgerätselt wurde, wie und von wem die unbekannten Täter Kenntnis über den Fund in der Kohle erhalten hatten. Als von diesem Fakt die Rede war, blickte Kalisch immer wieder in die Runde. Tonfall und Andeutungen ließen keinen Zweifel, dass er – ohne es auszusprechen – den Judas unter den Anwesenden vermutete.
Dann, nach längerer Debatte, wurde man sich einig, doch die Polizei einzuschalten. Der von Kalisch informierte Minister gab widerwillig dazu sein Einverständnis.
Hauptkommissar Ebele, drahtig und kurz angebunden, konnte es ermöglichen, bereits nach zwei Stunden vor Ort zu erscheinen, sodass die Runde der Eingeweihten noch zur Verfügung stand. Ebele, in Begleitung einer hübschen jungen Frau, die er als Kommissarin Constanze van Haarden vorstellte, und die man eher in der Modebranche als im Polizeidienst vermuten würde, hörte sich zunächst Professor Kalischs Prolog an, den dieser in kleinem Kreis erbat, von seiner Seite nur unter Teilnahme Dr. Georgius. Der Hauptkommissar bezog die van Haarden ein.
Er hörte sich Kalischs Schilderung ohne Zwischenfragen nur mit gelegentlichem Stirnrunzeln an und schwieg noch eine Weile, als dieser seinen Bericht mit der Bitte beendet hatte, den Fall mit äußerster Diskretion zu behandeln.
„Ich möchte das sehen“, forderte Ebele dann.
Erst als sie den kleinen Rundgang beendet hatten, wendete er sich an die Anwesenden, und es wiederholte sich im Grunde die Debatte, die Kalisch bereits geführt hatte – ebenfalls ohne Ergebnis.
„Denken Sie nach – Sie wissen, der kleinste Hinweis… Gibt es außer Ihnen noch Leute, die mit dem Apparat zu tun hatten, ihn gesehen haben?“, fragte van Haarden drängend.
ja, doch“, antwortete der Tagebauleiter zögernd nach einer Überlegenspause. „Ein paar gibt es schon. Die nämlich, die das Ding aus dem Bau heraustransportiert und die, die das Zelt aufgestellt haben. Sieben, acht Leute vielleicht.“
„Aber die wissen doch nicht, worum es sich handelt!“, rief Kalisch erregt. „Sie wissen weder, dass der Körper in der Kohle gesteckt hat, noch von seinem Ursprung. Ein besonderes Fass, ein Behälter, oder was weiß ich, war da zu transportieren und mit dem Zelt zu schützen. Von denen war doch keiner dabei, als von uns…“, er vollführte eine Armbewegung, die die Anwesenden umfassen sollte, „die Mutmaßung ausgesprochen wurde, es handle sich um etwas Unirdisches!“
„Trotzdem“, sagte die van Haarden. „Wir müssen dem nachgehen.“
„Und die Spurensicherung muss her“, setzte Ebele hinzu. „Wir benötigen auch Ihre Fingerabdrücke. Keine Angst“, beschwichtigte er, als er den besorgten Blick Kalischs bemerkte, „auch bei uns gibt es eine Schweigepflicht. Obwohl, lange darf es nicht mehr dauern, dass Sie – das zurückhalten, wie Sie selber sagen. Wenn einmal die Gerüchteküche…“ Er winkte ab. „Aber das wissen Sie ja.“
Sie hatten die Abreise verschoben, nicht nur, weil der Hauptkommissar den dringenden Wunsch geäußert hatte, aus Sicht der weiteren Ermittlungen die Beteiligten in der Nähe haben zu wollen. Nur Professor Kalisch reiste; seine Verpflichtungen ließen einen längeren Aufenthalt nicht zu. Als er sich von Sandra Georgius verabschiedete, sagte er mit sorgenvollem Gesicht: „Halten Sie die Ohren steif, Sandra. Es kommt da einiges auf uns zu.“
Obwohl Kalisch Näheres zu seinen Bedenken nicht geäußert hatte, war sich Sandra Georgius im Klaren, dass der Diebstahl des einen Aliens massivste Vorwürfe nach sich ziehen würde. Schließlich, wird man sagen, habe die Heimlichtuerei das Verbrechen erst ermöglicht. Man hätte, so zumindest wird die öffentliche Meinung sein, diesen unwiederbringlichen, sensationellen Fund ganz anders gesichert, wäre er in die richtige Zuständigkeit gelangt.
Große Hoffnung, dass die Ermittlungen zum Erfolg fuhren könnten, hatten die drei Beauftragten Kalischs nicht. Zwei Zeugen wollten zwar in den frühen Morgenstunden einen Lieferwagen gesehen haben, der aus der Richtung des Tagebaues mit hoher Geschwindigkeit die Zufahrtsstraße befuhr. Aber weder Farbe, noch Typ oder Kennzeichen des Fahrzeuges konnten sie benennen.
Eine überraschende, vertrauliche Information erhielt Sandra Georgius am Tag nach der Entdeckung des Diebstahls: Kommissarin van Haarden bestellte sie ins Büro, weil das, was zu sagen war, nichts für’s Telefon sei. Ob dieses Tatbestandes überrascht, begab sich Sandra Georgius zur
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