Begegnung im Schatten
Größe des Augenblicks, keines Wortes fähig zu sein schienen.
Nach langen Minuten ging Dr. Hauser zum Becken und wusch sich die Hände.
„Wenn ihm nun noch Ihr Essen schmeckt…“, sagte Stephan Ramlundt hochachtungsvoll an die Lauring gewandt.
„Wird schon, wird schon“, erwiderte diese geschäftig, ließ Ramlundt stehen und sprach Markowitsch an: „Hier…“, sagte sie und unterstützte mit Handbewegungen ihre Rede, „könnten Sie eine kleine Ebene bauen, damit er, wenn er will, die Schüssel verlassen kann. Es ist doch offenbar eine Amphibie, oder? Ein Zaun ringsum, so hoch…“, sie spreizte Daumen und Zeigefinger so weit es ging auseinander, „und eine wärmedämmende Unterlage; natürlich auch eine Ruhestätte mit einem Fell darüber, wäre vielleicht ideal. Eine Kinderstube sozusagen. Ein Nesthocker wie wir Menschen scheint er ja glücklicherweise nicht zu sein. Das macht es uns leichter…“
Markowitsch nickte. Doch bevor er sich rückäußern konnte, rannte sie davon und machte sich am Geräteschrank zu schaffen.
Wenig später begann Dr. Lauring unmittelbar neben der auf dem großen Arbeitstisch vorgesehenen Fläche für ihre Kinderstube mit Ständern und Haltern eine große viereckige Linse und eine Lampe aufzubauen.
Franziska Hauser-Lan sah ihr mit zunehmendem Unverständnis zu.
„Na, wie soll ich sonst die Körperöffnung zum Füttern treffen?“, antwortete sie auf die nicht gestellte Frage.
„Und – erkennt man, ob männlich oder weiblich?“
„Also, wenn wirklich zweigeschlechtlich, was keineswegs sicher ist, dann weiblich; weiblich deshalb, weil sein Körper äußerlich mit dem des Obduzierten aus dem Shuttle identisch ist.“
Zwei Tage später gegen Abend hupte es erneut Alarm. Ein zweites Krokodilei wollte seinen Inhalt der Welt offenbaren.
Fast routinehaft wiederholte sich das gleiche Prozedere. Ein scheinbar gleichartiges Geschöpf schlüpfte und schwamm alsbald, wie es schien, etwas träger als das erste.
Zur Verwunderung und Freude der gespannten Beobachter nahmen die beiden sehr bald Kontakt zueinander auf. Sie tollten im Wasser, spielten zweifelsfrei Verfolgung und Fangen, und das mehrmals am Tag. ,An Land’ bewegten sie sich wesentlich unbeholfener. Sie gingen auf allen vieren, aber schoben sich nicht wie Robben bäuchlings vorwärts, sondern nutzten die zweigeteilte Schwanzflosse als eine Art Hilfsbeine. Der Gang glich am ehesten dem eines Warans. In ihrer Schlafstatt kuschelten sie aneinander, und gemeinsam nahmen sie mit mehr Appetit als der erste allein die Nahrung auf.
Überhaupt, Dr. Lauring blühte förmlich auf. Übersehen ließ sich nicht, wie stolz sie auf sich und ihre Erfolge war. Offenbar akzeptierten sie die Kleinen als ihr Muttertier. Schon nach wenigen Tagen parierten sie auf ihren Ruf und bewiesen eine erstaunliche Lernfähigkeit.
Am liebsten hätten alle Angehörige des Teams die meiste Zeit des Tages an der Heimstatt der zwei Aliens zugebracht, zumal Markowitsch die Gestaltungswünsche der Lauring weit übererfüllt hatte. Die Schüssel glich jetzt einem Minisee auf einem Hügel in einer Liliputlandschaft. Aus kleinen Schälchen sprossen Kresse und Rapunzeln, natürlich nicht aus Erde, sondern keimfreier Steckmasse.
Es ließ sich nicht verhindern, und selbst Hauser schloss sich an, dass sich die Gruppe, wenn die beiden Gesellen ihre Schlafstatt verließen, um die „Kinderstube“ sammelte und zuschaute.
Selbst der Umstand, der nach weiteren Tagen die Gewissheit brachte, dass kein weiterer Nachwuchs aus den restlichen Eiern schlüpfen würde, trübte die Freude nur wenig.
Langsam aber kehrte Normalität ein.
Während Hauser und Stephan Ramlundt den anliegenden Aufgaben nachgingen, Markowitsch sich um Organisatorisches und das Anwesen kümmerte, Franziska Hauser-Lan ihre ursprüngliche Tätigkeit in der Stadt wieder aufnahm, durfte sich Dr. Lauring ausschließlich um die Heranwachsenden, und zwar erstaunlich schnell Heranwachsenden, sorgen.
Und was ihr zunächst eine echte Sorge bereitete war, dass es keine Anzeichen gab, mit den Wesen jemals kommunizieren zu können. Sie stießen zwar bei ihren Spielen unterschiedliche Laute aus, diese als Sprache zu klassifizieren, schien aber äußerst vermessen. Woher sollten sie eine solche kennen? Bei aller Intelligenz und Ausprägung der Hirne: Vererbbar dürfte eine Sprache wohl nie werden. Dabei geriet Anja Lauring jedes Mal ins Staunen, wenn sie die beiden zu irgend etwas aufforderte. Sie rief
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