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Begegnung im Schatten

Begegnung im Schatten

Titel: Begegnung im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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werden. Sie aufrecht zu erhalten, ist ohnehin illusionär. Da die beiden außerordentlich lernfähig sind, wird ein Eingewöhnen nicht so schwer sein.“
    „Also, Sie meinen eine artgerechtere Haltung“, spottete Dr. Lauring. Aber innerlich begrüßte sie Hausers Entscheidung. Weg aus dem Laboratorium bedeutete auch Abstand zu den Kollegen und ungestörteres Arbeiten mit den Geschöpfen.
    Hauser ging auf ihre Bemerkung nicht ein. „Ich denke, es ist eindeutig. Scheuen Sie weder Mühe noch Mittel. Es muss schnell gehen. Kollegin Lauring, Sie unterstützen das bitte nach Kräften!“ Damit schloss er den Punkt der Tagesordnung.
    Dr. Lauring lehnte sich zufrieden zurück. Sie lächelte innerlich. Seit drei Tagen hatte sie die Schreibtafel Lissis und Grits durch ein Notebook ersetzt. Und die Ergebnisse der ersten Unterweisung übertrafen alle Erwartungen. – Der Umzug fand sonnabends statt, damit auch Franziska dem Ereignis beiwohnen konnte.
    Markus Markowitsch hatte ganze Arbeit geleistet. Auf über 300 Quadratmetern war ein der Physis der Aliens angepasster Bereich entstanden, der aber auch höchsten menschlichen Ansprüchen gerecht geworden wäre.
    Das ursprünglich erbaute Aquarium hatte Markowitsch geschickt in eine künstliche, überdachte Landschaft einbeziehen lassen und mit Wasser gefüllt, dessen Zusammensetzung der des Schwarzen Meeres entsprach. Eine Wohnung, ausgestattet mit zum Teil sondergefertigten Einrichtungsgegenständen, zum Beispiel im Sanitärbereich, schuf, so hofften die Erbauer, Wohlbehagen. Dazu zählte auch eine Art kleiner Freiluftgarten. Allerdings, so auf Anordnung Hausers – der Geheimhaltung wegen, wie er erläuterte – wurde der Komplex mit einer Mauer eingefriedet und mit Sicherheitseinrichtungen versehen, sodass Einblick und unbefugtes Betreten verhindert blieben.
    Die künftigen Bewohner hatten unterdessen die Größen ihrer Ahnen erreicht. Grit maß 67 Zentimeter, Lissi 62, sodass dieses Unterscheidungsmerkmal blieb – wenn man sie gemeinsam vor sich hatte. Nur Dr. Lauring erkannte Grit an der helleren Augenfarbe, auch dann, wenn sie sie allein traf. Den Kollegen zuliebe allerdings versah sie die beiden mit unterschiedlichen Armspangen, die sie offensichtlich gern mochten. In Grits war ein Aquamarin, in Lissis ein gelber Topas eingelassen.
    Unbefangen betraten die beiden ihr neues Reich, so gut wie möglich beobachtet von allen Angehörigen des Teams. Dr. Lauring hatte gebeten – aus nur ihr geläufigem Grund – die Anlage nicht gemeinsam zu besichtigen. Lissi und Grit sollten von vornherein im neuen Umfeld das Gefühl von Selbstständigkeit, von etwas Eigenem und einer Art Verantwortlichkeit erlangen. Von Hauser wurde diese Begründung unterstützt. In Wirklichkeit aber wollte Dr. Lauring ihr Geheimnis nicht preisgeben; die beiden waren seit einiger Zeit in der Lage, Fragen zu stellen, und davon hätten sie in der neuen Umgebung unbedingt Gebrauch gemacht.
    Als seien sie sich der Ehre, die ihnen mit der neuen Umwelt zuteil wurde, bewusst, betraten sie Hand in Hand zunächst den überdachten Bereich langsamen Schritts, sodass der Watschelgang sogar weniger auffiel. Ihre Köpfe drehten sich hin und her, und Dr. Lauring war sich sicher, dass damit jede Einzelheit ein für alle Mal einen Speicherplatz in ihren Hirnen inne hatte.
    Ihre Haltung behielten sie bei, bis sie, ja bis sie des großen Bassins ansichtig wurden. Sie stürzten förmlich los, sogar die Hände beim Lauf zu Hilfe nehmend, und kopfüber ging’s ins Wasser, dass es hoch aufspritzte – zum Amüsement der Beobachter an der Glaswand.
    „Das wird dauern, bevor sie alles andere in Besitz nehmen“, gab Dr. Lauring zu bedenken. „So schnell kommen sie nicht wieder heraus. Gehen wir.“
    Spätestens als der Bau der Mauer beschlossen wurde, meldete sich neben dem Hochgefühl, der Freude und des Stolzes, an etwas Unerhörtem mitzuarbeiten, in Stephan Ramlundt eine leise Stimme, die da anklopfte und fragte, was um die liebenswürdigen Wesen weiter geschehen solle, wie soll ihre Zukunft sein? Er fand keine Antwort außer jener, die sich von Anbeginn des Ereignisses an abgezeichnet hatte: Sie bleiben isolierte Exoten mit dem einzigen Vorteil, der Sensationslust der Menschheit nicht zum Fraß vorgeworfen zu werden. Zu werden? Und wenn der ehrgeizige Hauser doch…? Als Paukenschlag sozusagen, mit dem er sich von der Welt verabschiedet? Wäre es ihm zuzutrauen? Es wäre!, selbst ohne Rücksicht auf das Umfeld. Und

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