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Begegnung im Schatten

Begegnung im Schatten

Titel: Begegnung im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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scheintugendhafte FKK-Gegner, keinen Einblick hatten.
    Sie sahen den Fischern zu, wenn sie ihren Fang im Hafen anlandeten, oder spazierten in den Weinbergen, umzirpt von Zikaden und Grashüpfern. An das Bevorstehende dachten sie wenig und wenn, dann, als sei es etwas, das weit von einem steht und einen nicht betrifft, schon gar nicht aus der Glückseligkeit reißen kann, in die man sich eingekuschelt hat.
    Gebräunt, erholt und entspannt und mit ausreichenden Eintragungen in den Analyseprotokollen, traten sie nach 14 Tagen die Heimreise an in Erwartung der und gewappnet für die nun bald kommenden ereignisreichen Tage. – Sonntagmorgen.
    Markus Markowitschs Erfindung funktionierte.
    Sie saßen beim Frühstück, als sie der Hupton des automatischen Überwachers aufschreckte.
    Es war das Krokodilei drei, das den Alarm ausgelöst hatte und bei dem ein Schlupf offenbar unmittelbar bevorstand.
    Natürlich vergaß man das Frühstück, eilte ins Labor und versammelte sich vor der Brutbox, obwohl eigentlich nichts weiter zu tun blieb, als die Sandbedeckung des Eis so weit zu reduzieren, dass sich der Schlüpfling würde befreien können. Die nötigen Handgriffe besorgte Hauser selber.
    Aber niemand ging zurück an den Tisch.
    Das Ei hatte, wie seinerzeit jenes des Schnabeltieres, einen Riss quer zur Längsachse. Und obwohl sich dessen Verbreiterung nur erahnen ließ, sich außerordentlich langsam vollzog, wich keiner der Akteure von der Stelle, trotz der interessanten Vorgänge, die auf den Schreibtischen oder unter den Mikroskopen lagen.
    Ein fünfstimmiges „Ah“ und das gleichzeitige Vorbeugen der fünf Köpfe kündigten an, dass am Ei etwas Entscheidendes geschah.
    In der Tat, der Spalt hatte sich plötzlich erweitert und ein dunkles, schleimumgebenes und mit Sandkörnern bestreuseltes Etwas drängte nach außen, aufgestützt auf den Schalenrand und zwei Ärmchen.
    Dr. Hauser griff behutsam zu und hob Eierschalen mitsamt dem halb Geschlüpften aus der Box, hielt es auf der flachen Hand.
    Mit einem Flutsch befreite sich des winzige Wesen vollends aus seinem engen Gehäuse. Eingehüllt in wässrigen Schleim lag es auf Hausers großer Hand, offenbar erschöpft von der Anstrengung, zum Licht der Welt zu kommen.
    Unwillkürlich dachte Franziska an das Grimmsche Märchen vom Daumesdick. Ja, der Winzling sah wohl dem plumpen Finger nicht unähnlich, wenn man davon absah, dass er rabenschwarz war, sich unterhalb der Kuppe verjüngte und natürlich keinen Hornnagel trug. Das Wichtigste aber: Er schien, wie nach der jüngsten Erfahrung auch zu befürchten gewesen wäre, keine Missbildung zu sein, sondern eine arge Verkleinerung seiner Ebenbilder aus dem Shuttle.
    In das Wesen auf Hausers Hand kam Bewegung. Die kleine Schwanzflosse schwang hin und her, die Ärmchen bewegten sich unstet wie bei einem neugeborenen menschlichen Säugling.
    Aber schon nach wenigen Minuten kam Ratlosigkeit auf. Der Schleim auf Hausers Hand trocknete rasch, wurde zähflüssiger, die Bewegungen des Kleinen weniger.
    Abermals zeigte sich Dr. Laurings vorausschauende Umsicht. Sie stellte eine Schüssel mit flachem Rand auf den Arbeitstisch, bis oben hin offenbar mit Wasser gefüllt. Die Frau drängte energisch Markowitsch, der im Wege stand, zur Seite. „Kommen Sie, Kollege Hauser“, forderte sie. „Hier ist salzhaltiges Wasser. Versuchen Sie’s.“
    Hauser bedachte sie mit einem dankbaren Blick, tauchte seine flach gehaltene Hand mit dem Winzling darauf vorsichtig ein und ließ sie langsam überspülen.
    Als sich der kleine Körper etwa zu zwei Dritteln im Wasser befand, kam Leben in ihn. Mit einem kräftigen Schlag des Schwanzes schlüpfte das Wesen von Hausers Hand, der diese aber gleichzeitig im Zurückweichen erschreckt aus dem Wasser hob. Zappelnd zunächst aber in wenigen Augenblicken stetig zog der Kleine in der Schüssel Kreise, angetrieben durch wenige Schwanzschläge und mit eng an den Körper gelegten Armen. Den Kopf hielt er dabei mehr unter als über Wasser Es wirkte dieses Schwimmen äußerst elegant und erinnerte stark – ebenso wie die Haut – an einen Delphin.
    Nach einigen Runden schob sich der Körper auf den Rand der Schüssel, hielt sich dort mit den Händchen fest und blieb ruhig liegen, den Unterleib vom Wasser umspült. Um eine winzige Öffnung hinter seinem Kopf bildeten sich rhythmisch, in rascher Folge Bläschen und schwanden wieder. „Er atmet“, kommentierte Dr. Lauring, während die anderen, angerührt von der

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