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Begegnung in Tiflis

Begegnung in Tiflis

Titel: Begegnung in Tiflis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dieser die Hände über dem Kopf zusammen und tat einen Wonneschrei.
    »Wie aus dem Märchenbuch!« brüllte er. »Wie aus dem Film! Wird das einen Auflauf geben! Das spricht sich herum! Ein anderes Zimmer muß ich dir geben, ein breiteres Bett, und fließendes Wasser. Du wirst die schönsten Weibchen in den Kissen haben, Freundchen!«
    Und so begann die neue Karriere Dimitris als Portier vor der russischen Bar ›Datscha‹. Er stand vor dem kulissenartigen Eingang des Nachtlokals, riß die Tür auf, wenn die Gäste vorfuhren, nahm den Damen die Mäntel ab und kassierte im Laufe einer Nacht durchschnittlich sieben bis zehn Billets, die ihn einluden, die Schreiberin doch tagsüber, ganz gleich zu welcher Zeit, zu besuchen. Ein Erfolg, über den Ilja Matwejewitsch Pikalow gar nicht erstaunt war, denn er war lange genug in Beirut, um zu wissen, daß die Damen der Gesellschaft in Langeweile badeten und Männer wie Dimitri umworben wurden wie gut im Hafer stehende Hengste.
    Zwei Tage trug Dimitri seine schöne Uniform, als Kolka und Bettina in Beirut landeten.
    In Teheran hatten sie sich neu eingekleidet. Ganz westlich sahen sie nun aus. Vor allem Kolka war kaum noch zu erkennen in seinem gutsitzenden Sommeranzug, dem weißen Hemd, dem bunten Schlips. Sein Haar war jetzt ganz kurz, zwei Millimeter hoch; ein sogenannter ›Hindenburgschnitt‹, der Kolka das Aussehen eines alten, von Schenkeldruck und Attacke träumenden Rittmeisters gab. Bettina trug wieder ihre alte Haarfarbe, das schöne, mattleuchtende Mittelblond, das in der Sonne aufflammen konnte wie Messing. In Teheran hatte sie sich die Farbe aus Tiflis herauswaschen lassen und die Haare etwas länger gelassen. Viel weicher war nun ihr Gesicht, fraulicher und reifer, von einer Schönheit, die selbst Kolka auffiel, so daß er sagte: »Verdammt noch mal, wer hätte mir solch eine Tochter jemals zugetraut! Als ich dich zum letztenmal sah, lagst du in den Windeln und sahst aus wie eine verschrumpelte Rübe.«
    In Beirut mieteten sie sich durch Vermittlung der Fluggesellschaft in einem kleinen Hotel ein, denn noch wußten sie nicht, wie lange sie in Beirut bleiben mußten und wie weit ihr Geld reichen würde.
    »Wir müssen damit rechnen, vielleicht zu arbeiten«, sagte Kolka, als sie in ihrem Zimmer waren und sich von dem Flug ausruhten. »Ohne Dimitri gibt es keine Rückkehr, ich muß es wieder sagen.«
    »Das ist selbstverständlich, Paps.« Bettina starrte an die fleckige Decke. Es war ein billiges Zimmer, und es roch von der Küche unter ihnen nach Knoblauch, Thymian und Pommes frites. »Wo wollen wir aber Dimitri suchen?«
    »Fangen wir wieder bei der deutschen Handelsmission an. Vielleicht wissen sie jetzt etwas.«
    Es zeigte sich, daß Kolka richtig dachte.
    Der Beamte war aus dem Urlaub zurück, hatte sich gut erholt, trug eine braune Seefarbe mit sich herum und in der Tasche Fotos von entzückenden Libanesinnen, die ihm die Ferien vergoldet und außerdem viel Geld gekostet hatten. Aber was tut's? Man kann nicht alles umsonst haben, und der Erinnerungswert übersteigt bei weitem die tatsächlichen Kosten. Dementsprechend war der Beamte auch gut gelaunt – man sieht, daß man Beamte viel öfter in den Urlaub schicken sollte! – und erinnerte sich sofort an den merkwürdigen Russen, der Ölingenieur gewesen war und nur mit einem Smoking auf dem Leib geflüchtet sein wollte.
    »Er war hier«, sagte Kolka nach dieser Auskunft und wischte sich über die Augen vor Ergriffenheit. »Unser Dimitri war hier. Er hat sein Wort gehalten.«
    Und Bettina küßte Kolka vor den Augen des Beamten und weinte vor Glück.
    »Es war alles ziemlich verwirrt«, sagte der Beamte leutselig (Gott segne den Urlaub!) und bot Bettina und Kolka eisgekühlten Orangensaft an. »Wer konnte annehmen, daß seine Erzählungen stimmen? Außerdem war da der Empfang für Nobelpreisträger Bunche, und wir haben ja auch keine Möglichkeit, Asylersuchen zu erfüllen. Wir sind nur eine Handelsmission, geduldet und schwach besetzt. Ich habe Herrn Sotowskij deshalb an die amerikanische Botschaft weitergeleitet.«
    Die Amerikaner, zu denen Kolka und Bettina sofort fuhren, waren ebenso freundlich wie der deutsche Beamte, nur wußten sie noch weniger.
    »Yes, er war hier«, sagte Major Hawkins, der damals Dimitri eine Nacht beherbergt hatte. »Hat hier geschlafen und ist dann wieder zurück zur deutschen Mission. Was sollten wir mit ihm? Er wollte nach Deutschland.«
    »Aber die Deutschen können ihm auch

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