Begegnung in Tiflis
Straßenrand und weinte bitterlich.
Gegen Morgen wurde er abgeholt von der Miliz aus Tiflis.
Aber die deutsche Stewardeß Bettina Wolter entdeckte man nicht. Weder in Kisten noch unter den Achsen. Auch die Hunde versagten. An einem Bach verloren sie die Witterung, denn im fließenden Wasser bleibt kein Duft.
»Hunde sind das!« schrie Oberst Jassenskij, als man ihm das meldete. »Erbärmliche, stinkende Hunde! Eine Hündin riechen sie zehn Werst weit bei Windstille, aber hier versagen sie. Abschießen sollte man sie!«
Was half's? Es gab keine Spur mehr. Die Grenze war abgeriegelt. Irgendwo dort in den armenischen Bergen irrte das Mädchen herum, das nicht nur für Oberst Jassenskij zu einem entscheidenden Problem wurde. Auch Moskau hatte sich wieder gemeldet. Ein langes Fernschreiben fanden General Oronitse und Oberst Jassenskij vor, als sie in die Dienststelle nach Tiflis zurückkamen.
»Aha! Aha!« sagte Jassenskij wieder, und immer, wenn er so enthusiastisch »Aha« sagte, wurde Oronitse nachdenklich, denn was Jassenskij erfreute, war meistens der Kummer der anderen. »Meine Ahnung!«
Die Fernschreiben waren deutlich. Sie waren Befehle. Und wenn Moskau befahl, bedeutete das, mit dem eigenen logischen Denken aufzuhören. Nicht nur in Rußland ist es so, Freunde; überall, wo einer die Hacken zusammenschlägt und »Jawohl!« antwortet, hat der Geist nichts mehr zu suchen.
Die Befehle lauteten: Bettina Wolter muß unter allen Umständen aufgegriffen werden.
Bettina Wolter ist in Tiflis in Verwahr zu nehmen. Sie wird so schnell wie möglich nach Moskau überführt werden.
Die Nachrichtensperre bleibt.
Die Herren der deutschen Fluggesellschaft DBOA werden einige Fotos der Bettina Wolter mitbringen. Das beste Bild ist zu klischieren und anzudrucken. Alles unter Verschluß als G/Ib.
Bettina Wolter wird ab sofort zum militärischen Sicherheitsfaktor erklärt.
»Da haben wir es, Fjodor Nikolajewitsch«, sagte Oberst Jassenskij ein wenig bedrückt und legte die Fernschreiben zurück auf den Tisch. »Solche Dinge aus Moskau. Sehen Sie nun auch ein, daß hinter dem mysteriösen Flugzeugabsturz mehr steckt als nur ein dämlicher Blitzeinschlag?«
General Oronitse schwieg. An die Nacht auf dem Flugplatz dachte er, an die schwere Maschine, die ohne Lichter aus den Wolken schoß, zu steil zur Landung ansetzte, emporgerissen wurde und dann durchsackte. Er hatte das Tonband angehört, das auf dem Kontrollturm II von Wladimir Mironowitsch Bubnow beschrien worden war, in höchster Verzweiflung, als er das Unglück hilflos vor seinen Augen ablaufen sah. Und es war ein Unglück, weiter nichts. Aber Oronitse schwieg. Warum sich Unannehmlichkeiten machen, dachte er. Moskau befiehlt – das ist gut, Genossen. Damit geht die Verantwortung von uns weg in den Kreml, und auch die Blamage. Denn daran glaubte General Oronitse ganz fest: Bis auf die Knochen blamiert würde man eines Tages dastehen wie einer, der die Hosen voll hat.
Doch wer kennt die Gedanken des Kreml?
Dort saßen in einem kleinen Zimmer der GRU drei Männer an einem alten Tisch und blätterten in einigen Papieren.
Experten des Nachrichtenwesens, Sektion Westeuropa, Teil Bundesrepublik, waren es, und sie lasen in den wenigen Angaben, die man über Oberleutnant Wolfgang Wolter besaß.
»Er hat Verbindungen zur Gruppe Gehlen«, sagte einer der schlicht gekleideten Männer, mit einer Hornbrille auf der langen Nase. »Ein wertvoller Mann. Jassenskij muß das Mädchen sicherstellen. Haben wir das Mädchen, haben wir auch den Bruder. Uns fehlt ein Ohr im Amt Gehlen.«
In der gleichen Nacht landeten auch die deutschen Experten aus Hamburg und wurden zu den Flugzeugtrümmern geführt, die noch immer von Rotarmisten ringförmig abgesperrt waren. Dann fuhr man sie zum Grusinischen Krankenhaus Nr. I und ließ sie mit den verletzten Passagieren und mit den Piloten Pohlmann und Andresen sprechen.
Hier trafen die deutschen Experten auch auf Oberst Jassenskij und General Oronitse.
»Ein merkwürdiger Unfall, fürwahr«, sagte Jassenskij anzüglich. »Haben Sie die Bilder der Bettina Wolter mitgebracht?«
»Natürlich.« Der deutsche Delegationsleiter, ein Oberingenieur, überreichte dem sowjetischen Oberst ein Kuvert mit drei Bildern. Bettina Wolter in Stewardeß-Uniform, einmal im Profil, einmal en face, einmal als Ganzfoto. »Es ist uns unerklärlich, wieso …«
»Ein hübsches Mädchen«, unterbrach Jassenskij. Auf Erklärungen der Deutschen legte er keinen Wert. Am
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