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Begegnungen (Das Kleeblatt)

Begegnungen (Das Kleeblatt)

Titel: Begegnungen (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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Kannst du denn nicht verzeihen?“
    Nein! Weil ich es genauso wenig wie du vergessen kann, schrie jede Faser ihres Körpers. Sie presste ihre Hände gegen Clausings breite Brust, um von ihm loszukommen.
    „Es wird nicht wieder passieren“, murmelte er und mühte sich, überzeugend zu klingen. Dabei wusste er viel zu gut, dass er dies nicht garantieren konnte.
    Diese Frau war die Versuchung pur und eine schmerzliche Erinnerung an alles, was man ihm genommen hatte. Fröhlich, unschuldig und voller Optimismus und Lebensfreude war sie – und damit alles, was sein Herz schon so lange vermisste. Sie war eine Katastrophe. Übrigens sein Lieblingsfrauentyp. Trotzdem konnte er sich nicht entscheiden, ob er sie küssen oder erwürgen sollte. Er wollte sie so sehr, dass ihm der Kopf dröhnte von dem Verlangen, sich die Hose herunterzureißen und in lustberauschter Wut über sie herzufallen.
    Genau das Richtige, damit die Katastrophe dieses Abends nukleare Dimensionen annahm.
    Als würde er sich selbst nicht über den Weg trauen, und nur das hätte er in diesem Augenblick beschwören können, stellte er Suse behutsam auf den Boden. Ihm fiel die seidige Strähne auf, die sich aus dem Band gelöst hatte und auf ihrer Brust lag. Er musste seine schurkischen Anwandlungen arg bezwingen, um die widerspenstigen Haare nicht zu berühren.
    „N imm deine Pfoten von mir“, zischte sie ihn überflüssigerweise an, denn er hielt bereits die Hände hinter seinem Rücken verschränkt, um sich nicht durch deren Zittern zu verraten.
    Da sie trotz intensiver Suche mit keinem Geg enargument aufwarten konnte, erwiderte sie schließlich: „Vielleicht hast du sogar Recht. Wenn ich jetzt gehen würde, könntest du es in deiner unendlichen Eitelkeit so auslegen, als hätte dieser peinliche Zwischenfall auf der ‚Heinrich’ tatsächlich irgendeine Bedeutung für mich gehabt. Also gut, ich bleibe vorerst und werde mich nach den Feiertagen in aller Ruhe nach einer anderen Wohnung umsehen. Zufrieden?“
    Nein, Susanne, Engel und widerspenstiges Biest! Ich bin erst zufrieden, wenn …
    Er zuckte zurück, als ihm jemand ins Ohr schrie: Vorsicht, Clausing! Finger weg! Denk das nicht einmal, wenn du nicht vorhast , dir dein eigenes Grab zu schaufeln.
    Denn s oweit gingen die Abmachungen mit Ossi wirklich nicht. Einen solchen Verrat würde die beste Freundschaft nicht überleben.
    Und er vermutlich noch weniger.
    „ Meine Selbstbeherrschung ist bemerkenswert“, sagte er mehr zu sich selbst. „Ich verliere höchst selten die Contenance, denn Macht und Temperament sind eine gefährliche Mischung.“
    „Worauf du einen lassen kannst“, schmollte Suse und rieb sich die Oberarme dort, wo er sie festgehalten hatte. „Also, was nun? Bleibst du hier? Morgen? Wegen Weihnachten und so?“
    „ Ja, einverstanden.“
    „Steht zufällig eine der Wohnungen in diesem Haus leer?“ Gleich darauf lachte sie schrill und winkte ab. „Vergiss es! Sollte ein Witz sein. Wahrscheinlich können Normalsterbliche die Miete nicht mal ansatzweise aufbringen. Und wenn was frei wäre, würdest du sicher nicht ins Hotel umziehen müssen. Du hast behauptet, ihr wohnt schon seit zwanzig Jahren hier?“
    „Ja.“
    „Da warst du noch ziemlich jung, was?“
    „Mein …“, Matthias schluckte heftig, als würde es ihn Überwindung kosten, das Wort auszusprechen, „mein alter Herr hat das Haus vor langer Zeit als Bruchbude gekauft und mit erheblichem Aufwand herrichten lassen. Ist ganz hübsch geworden, nicht wahr? Offenbar hatte er ein glückliches Händchen bei diesen Dingen. Ich glaube, es war so gut wie das Einzige, was ihm wirklich gelungen ist.“
    Irgendetwas in seiner Stimme ließ Suse aufhorchen. War es Bitterkeit? Kälte? Oder gar Traurigkeit? Auf jeden Fall klang es nicht nach einem Lobgesang auf seinen Vater.
    „Auf dich muss er doch mindestens ebenso stolz sein. Doktoringenieur und Kapitän auf Großer Fahrt! Wow! Herr über Mensch und Maschine. Wenn das nicht wie Musik in den Ohren aller Eltern klingt, weiß ich auch nicht, was sonst.“
    Er murmelte etwas Unverständliches vor sich hin, während er mit verzogenem Gesicht den kalten Kaffee in seiner Tasse leerte und sich angewidert schüttelte.
    „Wo lebt deine Familie eigentlich?“
    Er tat, als hätte er ihre Frage nicht gehört, sondern schnellte aus seinem Sessel und horchte angestrengt auf das Geräusch im oberen Stock. Lächelnd wandte er sich zu Suse um und seine Miene verriet eine übergroße

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