Begegnungen (Das Kleeblatt)
Sprache verschlug.
„ Dir gehört das … das gesamte Haus? Ich glaub, ich hab ’nen Krampf im Ohr. Sag das noch mal! Schon diese eine Wohnung hier muss ein Vermögen gekostet haben und nun behauptest du sogar, du wärst wirklich und wahrhaftig der Eigentümer dieses riesigen Palastes mit all seinen tollen Wohnungen?“
„Ja.“
„Erzähl mir bloß nicht, dass der Park dahinten ebenfalls dir gehört.“
„ Also schön, ich erzähle es dir nicht.“
„ Scheiße!“ Das war alles, was Suse dazu einfiel. Nicht unbedingt das beste Wort, wenn man sich eines aussuchen durfte, andererseits war es ja ihre Spezialität, im entscheidenden Moment das Falsche zu sagen und zu tun.
Er musterte sie von Kopf bis Fuß. Was keine gute Idee war. Er fluchte lautlos , denn er wusste, das hier war ein riesiger Fehler. So, wie sie ihn ansah, wirkte es, als dächte sie, sie könnte tatsächlich Licht in die dunkelsten Ecken seines Herzens bringen.
Himmel, sie jagte ihm gewaltige Angst ein.
Was zum Teufel sollte er bloß mit ihr anfangen? Es war viel zu gefährlich für ihn zu bleiben. Er musste dafür sorgen, dass er ihr aus dem Weg ging, bevor es zu spät war. Aber sie hatte längst den Teil von ihm geweckt, der ihm schlafend am liebsten war. Der Teil, der Interesse am Wohl und Wehe anderer zeigte. Und der eigentliche Grund, weswegen er verschwinden musste. Dabei hatte er wirklich große Mühe darauf verwandt, kein Gefühl für Frauen zu entwickeln, das über reine Lust hinausging. Bei Suse versagten jedoch sämtliche Abwehrstrategien. Sie war geistreich, witzig und frech. Sie war so verdammt anziehend. Und er wollte sie am liebsten mehr als zehn Meilen von sich selbst entfernt wissen. Er hatte seine Erfahrungen mit Liebe gemacht. Und es hatte ihn beinahe zerstört.
Matthias war es schließlich, der eine Entscheidung traf, um das Thema wenigstens vorübergehend zu beenden. „In einer Woche späteste ns ist die ‚Heinrich’ zurück in Rostock. So lange finde ich ein Hotelzimmer in der Stadt. Für einen Hausbesitzer und Kapitän mit meiner Reputation dürfte das nicht mal in der Hochsaison ein Problem darstellen“, sagte er mit bissiger Stimme. „Reicht es dir, wenn ich morgen früh gehe?“
20 . Kapitel
Susanne zuckte zusammen, als hätte er ihr eine schallende Ohrfeige verpasst.
Morgen. Morgen schon wollte er gehen? Aber das konnte er unmöglich tun! Morgen war Heiligabend!
In kindlicher Vorfreude und voller Heimlichkeit hatte sie während der letzten Tage für die Feiertage geplant und vorbereitet, eingekauft und einen Speiseplan aufgestellt – in der Hoffnung, Matthias würde auch weiterhin für sie kochen. Ja, sie hatte sogar Plätzchen gebacken! (Und sich dabei gründlich den Magen verdorben.) Nicht zu vergessen die Geschenke, die in der hintersten Ecke ihres Kleiderschrankes auf die Bescherung warteten. Und hatte sie nicht den Hausmeister dabei beobachtet, wie er mehrere frisch geschlagene Blautannen von einem Laster abgeladen hatte, was ganz bestimmt Clausings Idee gewesen war? Außerdem wollte sie heute noch Karten für ein Weihnachtskonzert in der Kirche besorgen und ein Kindermädchen für Manuel engagieren.
Und sie wollte nicht alleine sein!
Nicht am Heiligen Abend. Nicht am Fest der Freude, der Liebe und Familie. Einzig und allein aus diesem Grund war sie trotz der heftigen Proteste ihrer Eltern zurück an die Ostsee gefahren. Sie wollte Weihnachten mit ihrer Familie, mit Adrian und Manuel, verbringen.
Wenn Matt’n jetzt ging und sie alleine ließ, wo Adrian schon nicht bei ihr sein konnte …
Nein, sie würde es nicht überleben!
„Ich habe nicht die Absicht, dich aus deiner Wohnung zu vertreiben“, lenkte sie kleinlaut ein und versteckte ihre geröteten Wangen hinter ihrer Kaffeetasse.
„Vergiss nicht, ich habe sie vermietet.“
„Nicht an mich. Also wenn jemand geht, dann bin ich das.“
„Es ist doch völlig egal, wessen Name im Mietvertrag steht.“
„Dir vielleicht. Aber Ordnung muss sein, findest du nicht?“
„Ossi hat für euch beide unterschrieben. Und außerdem, wo willst du hin?“
Diese nicht enden wollende Diskussion zerrte an den Nerven des Kapitäns. Hinter seinen Schläfen pochte und hämmerte es. Er katapultierte sich aus seinem Sessel und war mit zwei großen Schritten an der Schrankbar.
„Das lass mal mein Problem sein, Clausing. Ich bin dir schließlich keine Rechenschaft schuldig.“
„Widersprichst du mir eigentlich nur, weil du die Grenzen meiner Geduld
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