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Begegnungen (Das Kleeblatt)

Begegnungen (Das Kleeblatt)

Titel: Begegnungen (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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fielen wie Blei in die Stille.
    „ Lediglich ein Zwischenhoch, dessen Einfluss heute für unser Gebiet wetterwirksam ist. Die Wolken weisen eindeutig darauf hin.“
    „Oh, ich vergaß völlig, dass ich den begnadetsten Nautiker der Reederei vor mir habe“, erwiderte sie lachend. „Doch dieses Ass hat offenbar vergessen, dass ebenfalls wir Funker Vorlesungen in Meteorologie beim ollen Scharnow hören durften. Und ja, ich habe die Zirrostratus beobachtet und auch den Halo gesehen, obendrein die Vorhersage gehört: Es ist mit Südwestwinden Stärke 5 bis 6, südostdrehend, strichweise sogar 7 und mit Schauerböen zu rechnen. Ich bin also vorgewarnt. Das Barometer zeigt einen schnellen Luftdruckanstieg …“
    „ Touché! “ unterbrach er sie vergnügt. „Ich wollte nicht belehrend wirken.“
    „Echt nicht?“
    „Mmmh, ich befürchte, manchmal führe ich mich in der Tat wie ein …“, sein Lächeln verrutschte etwas, „äh … Besserwisser auf.“
    „Manchmal?“
    „Hör auf zu schimpfen, wenn ich versuche, zu Kreuze zu kriechen. Das fällt mir nämlich nicht leicht.“
    „Ach, wirklich?“ Noch immer schmunzelnd tupfte sie sich den Mund ab , nahm Manuel aus der Wiege und zwinkerte ihm zu. „Wollen wir zwei beide ihm glauben, dass er vor jemandem zu Kreuze kriecht? Ausgerechnet ihm, diesem langen, arroganten und eloquenten Schönling? Der jetzt auch noch behauptet, ein Adliger zu sein?“ Sie senkte die Stimme noch ein wenig. „Ich weiß wirklich nicht, ob das eine so gute Idee ist.“
    „Das habe ich gehört!“
    „Da siehst du es, er muss sich immer und überall einmischen“, sprach sie weiter zu ihrem Baby. „Und wie ich die Sache einschätze, besteht leider nicht die geringste Chance, dass ihn sein Gehör irgendwann im Stich lässt und wir unsere Ruhe vor ihm haben.“
    Plötzlich stand er hinter ihr und umfasste sie mit beiden Armen . Eine Hand strich zärtlich über das seidige Haar des Jungen, weil er sich verbieten musste, Suse diese Aufmerksamkeit zu schenken.
    „Matt’n.“
    Sie konnte sein Gesicht nicht sehen, doch seine Stimme verriet ihn, als er den Kopf senkte und ihr einen zaghaften Kuss auf den Scheitel drückte.
    „Ich weiß. Himmel, Suse, ich weiß! Und ich werde es nicht vergessen.“
    Sie machte sich von ihm los, wandte sich allerdings nicht um. Sie würde es nicht ertragen, den Schmerz und die Liebe in seinen wundervollen Augen zu sehen. Es machte ihr aus einem unerfindlichen Grund schon genug zu schaffen, diese Gefühle in seiner Stimme zu hören. Sie verriet so viel von der Trauer und Einsamkeit, die ihn umgaben, auch wenn er Befehle brüllte, eine Frau verführte oder einen Scherz von sich gab. Heimlich verglich Suse ihn mit einer Bienenkönigin, der die Arbeiterinnen blind vertrauten, während sie im Herz des Bienenstocks saß und den Honig machte. Tag und Nacht wuselten seine Mannen um ihn herum und befolgten seine Kommandos. Und doch war er mutterseelenallein.
    „ Was hältst du davon, Manuel in den Kinderwagen zu packen, damit wir ein Stück durch den Park spazieren gehen können?“
    Ha, das könnte dir so passen. Du würdest dich am Kinderwagen festklammern und tun, als müsstest du dich darauf konzentrieren, das Gefährt sicher durch den meterhohen Schnee zu bugsieren, bloß um mich nicht ansehen oder mit mir reden zu müssen.
    „Ich denke, heute ist der ideale Zeitpunkt, um das Tragetuch auszuprobieren, das du mir geschenkt hast.“
     
    So konnte Matthias Clausing eine Stunde später nicht umhin , der jungen Mutter seinen Arm anzubieten, um nicht ausgesprochen unhöflich und rücksichtslos zu erscheinen.
    W ollte er ihr einen Vorwurf daraus machen, weil sie gern mit großen Männern an ihrer Seite protzte? dachte sie schmunzelnd. Und sein weicher Kaschmirmantel ließ sie die schneidende Kälte dieses Weihnachtsmorgens beinahe vergessen.
    „Was passierte damals im Büro deines Vaters? Wie ist Adrian dorthin gekommen? Und weshalb ausgerechnet er?“
    „Hast du deine Eltern nie in den Wahnsinn getrieben mit deiner hartnäckigen Fragerei?“
    „Mmmh, hin und wieder schon. Ich schätze, es war pure Bequemlichkeit, dass sie mich nicht erdrosselt haben. Allerdings kann ich dich beruhigen, sie haben es überlebt“, sagte sie lakonisch. „Und das wirst du vermutlich ebenfalls. Also?“
    „Was muss sich Der da oben bloß dabei gedacht haben, als er ein Weib wie dich erschaffen hat?“
    „Der Zweck heiligt die Mittel?“, mutmaßte sie mit vollendet starrer

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