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Begegnungen (Das Kleeblatt)

Begegnungen (Das Kleeblatt)

Titel: Begegnungen (Das Kleeblatt)
Autoren: Hansi Hartwig
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leistest dir gewiss nicht wä hrend der gesamten Werftzeit … oder etwa doch? Wie lange liegt ihr eigentlich in der Werft? Zwei Wochen?“
    Unter halb geschlossenen Lidern musterte er sie reglos.
    „Drei? Oder noch länger? Im Fünf-Sterne-Hotel?“
    Er hob mit nichts sagendem Lächeln die Schultern und schwieg.
    „Oh, wie ich diese eindeutigen Antworten liebe! Adrian und du, ihr seid euch verdammt ähnlich, wenn es darum geht, unliebsamen Fragen auszuweichen. Also, wo … wohnst … du … normalerweise?“, wiederholte sie langsam und übertrieben deutlich.
    Mit seinen blauen Augen unter den langen, schwarzen Wimpern starrte er Sus anne finster an in der irrigen Hoffnung, sie damit von weiteren neugierigen Fragen abzuhalten.
    „Was?“ Sie hielt sich die flache Hand wie eine Schwerhörige hinters Ohr. „Du tust ja gerade, als hättest du keinen festen Wohnsitz. “
    „Ja, man könnte es in der Tat so nennen“, murmelte er ausweichend.
    „Was soll denn dieses blödsinnige Gequatsche?“
    „Lass mich zur Abwechslung etwas Intelligentes sagen“, lenkte er ab. „Dein Essen hat vorzüglich geschmeckt, Susanne. Und ich danke dir vielmals dafür.“
    „Ist das ein Wunder bei diesem begnadeten Lehrer, den ich hatte?“
    Ihr Kopf schoss mit einem Mal in die Höhe. Sie musterte Clausing, als hätte sie ihn nie zuvor gesehen. „Aber, warte mal. Wartewartewarte, Matt’n …“ Sie hüstelte verlegen und wurde puterrot.
    „Matthias“, berichtigte sie sich rasch.
    „Matt’ n.“
    „Pfff!“ Hastig wischte sie seinen Einwand beiseite und stieß hervor: „ Hast du vor unserer Abreise nach Lerwick nicht erklärt, Adrian und du, ihr würdet euch aus dem Sandkasten kennen? Wo stand der nun wirklich? Wo hast du deinen Wohnsitz? Wenn ich mich recht erinnere, hat Adrian behauptet … oder weiß ich das aus der Besatzungsliste?“
    Unvermittelt erhob sich Matthias aus seinem Sessel und strebte zielsicher auf die Bar im Wohnzimmerschrank zu. Während er sich zwei Finger breit Whiskey in ein Glas aus Waterford-Kristall einschenkte und in einem Zug in seinen Rachen kippte, keimte in Susanne ein düsterer Verdacht. Bewegte er sich nicht mit einer derartigen Sicherheit durch ihre Wohnung, als wäre er und nicht sie hier zu Hause? Eigenartig. Das Barfach hatte bislang noch kein Fremder auf Anhieb gefunden. Das konnte nur bedeuten …
    Er war nicht das erste Mal hier! Wie sonst ließ sich erklären, dass Adrian schon friedlich in seinem Bett schlief, wo die Männer kaum einen nennenswerten Vorsprung hatten, bis sie selber nach Hause gekommen war? Wenngleich Clausings Schlitten um einiges schneller fuhr als ihr lütter Kleinwagen, die Strecke vom Hotel bis zu ihrer Wohnung war nicht lang genug, um derart viel Vorsprung herauszuholen. Es sei denn, man kannte sich nicht bloß in der Stadt, sondern ebenfalls in diesem Haus, in dieser Wohnung aus.
    „Es ist genau so, wie ich es dir gesagt habe“, schloss er in einem endgültigen Ton.
    Sie warf frustriert die Hände in die Luft. „Warum kann man mit euch nicht vernünftig reden? Ich verstehe eure Probleme einfach nicht. Bist auch du in Irland aufgewachsen? Tröste dich, es gibt bestimmt Schlimmeres. Oder … lebst du etwa immer noch dort? Und musst du deshalb im Hotel schlafen, wenn du kein Schiff hast?“
    „Es ist spät, Zeit für mich zu gehen. Noch einmal vielen Dank für das Essen.“
    Blitzschnell war sie aufgesprungen und stellte sich ihm in den Weg. „Matthias!“
    Ihre Schultern sackten nach unten. Und was wollte sie ihm jetzt sagen? Dass er ihr endlich die Wahrheit über die Vergangenheit des wundersamen Adrian Ossmann erzählen musste, um seine gegenwärtige Situation besser verstehen zu können? Dass sie heute nicht allein sein wollte? Dass sie Angst vor der Zukunft hatte? Sie merkte bestürzt, wie ihre Augen feucht wurden.
    „Wirst du wiederkommen? … Nein!“ Sie riss erschrocken die Hände in die Höhe und wich ein Stück vor ihm zurück. „Nein, das wollte ich nicht … nicht so sagen.“
    Natürlich wollte sie, dass er wiederkam. Sie wollte, dass er ihr und Adrian half. Sie wurde mit diesem Problem nicht alleine fertig.
    „Ich werde mit Ossi reden. Er weiß selber, dass es auf diese Weise nicht weitergeht mit ihm. Mit euch.“ Seine Stimme, obwohl sanft und freundlich, hatte einen stahlharten Unterton. Er wirkte wie immer ausgesprochen selbstsicher und der Blick seiner Augen verriet einmal mehr, dass er daran gewöhnt war, Entscheidungen zu treffen und
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