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Begegnungen (Das Kleeblatt)

Begegnungen (Das Kleeblatt)

Titel: Begegnungen (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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den Schlaf zu wiegen. Der melodiöse Klang strömte wie warmer Whiskey aus seiner Kehle und ihr wurde gleichzeitig heiß und kalt. Wie konnte ein Mensch so offensichtlich vernarrt in ein fremdes Kind sein? Er plapperte totalen Blödsinn, gurrte und giggelte, pustete dem Kleinen leicht ins Gesicht und machte diese albernen Töne, die Erwachsene aus einem unerfindlichen Grund bei Babys von sich gaben.
    Die Widersprüche in seinem Wesen steigerten die Faszination, die er auf Susanne ausübte. Ein dermaßen maskuliner Mann durfte keinen Säugling umhertragen! Und was war das? Bildete sie sich das bloß ein oder hatte er in der Tat einen ganz weichgespülten Blick? Sie hasste es, wenn sich jemand weigerte, in bestimmte Schubladen zu passen. Dadurch wurde das Leben viel zu kompliziert.
    Die zarten Fingerchen des Babys umschlossen den Zeigefinger des Mannes, mit dem er sacht über die rosigen Pausbacken strich. Um wie viel zerbrechlicher als ohnehin schon erschien ihr Kind im Vergleich zu dem schlanken, hoch gewachsenen Mann. Aber verglichen mit ihm wirkten sowieso alle Menschen wie verblasste Gummibärchen.
    L angsam hob er den Blick von dem Winzling in seiner Armbeuge. Sie hatte das Gefühl, dass er die Spannung seines Auftrittes mit voller Absicht übertrieb und dabei regelrecht auskostete, wie ihr die Augen übergingen. Und dann schenkte er ihr dieses unnachahmliche Lächeln, welches in seinen kornblumenblauen Augen begann – Augen, umrahmt von den längsten und dichtesten Wimpern, die sie je bei einem Mann gesehen hatte – und Frauen vor Verlangen wimmern ließ.
    Es war genau d ieses diabolische Grinsen, das Susanne einmal mehr aus der Fassung brachte und zwei winzige, absolut niedliche Grübchen in seine Wangen zauberte. Wie oft hatte sie diesen Blick verflucht! Wie oft hatte sie vor allem sich selbst zum Teufel gewünscht bei ihrer vorhersehbaren Reaktion auf die Demonstration seiner Unwiderstehlichkeit. Seltsam, es war wirklich seltsam, dachte sie, dass ihr Herz jedes Mal dann, wenn sie ihn lächeln sah, einen Salto schlug. Er sollte ihr nichts bedeuten! Und er sollte sie nicht in Versuchung führen, ihm ein „Verkauft“-Schild um den Hals zu hängen!
    Sie wünschte sich in diesem Moment nichts sehnlicher, als dass sich d ieser stolze Kerl sofort in Luft auflöste und für alle Zeiten von der Bildfläche verschwand. Es war ihr völlig schleierhaft, wie er in ihre Wohnung gekommen war, ohne dass sie etwas davon bemerkt hatte.
    „Du?“, krächzte sie heiser und hielt sich am Türrahmen fest aus Angst , sich nicht mehr länger auf ihren wackligen Beinen halten zu können.
    Er ließ sich nicht von ihrer Sprachlosigkeit, die sehr wahrscheinlich Ausdruck ihres Schockzustandes war, ablenken und strahlte sie mit unverhohlener Wiedersehensfreude an.
    „Guten Morgen, Wireless . Willkommen daheim. Und meinen herzlichen Glückwunsch zu diesem Prachtstück! Ich hoffe, du hattest nichts dagegen, dass ich dich noch ein paar Minuten habe schlafen lassen. Aber diesen kleinen Mann verlangte es offenbar lediglich nach etwas Unterhaltung, nachdem er vor einer halben Stunde anfing zu krähen. Er war so freundlich, bei meinem Anblick nicht zu protestieren oder gar loszubrüllen.“
    Im Gegensatz zu dir, vermutete der Kapitän und bekämpfte den Drang, seine Hände auf plötzlichen Fellbewuchs und seine Stirn auf sprießende Hörner zu überprüfen. Tatsächlich hielten ihn viele für einen Teufel, aber wenn er sich nicht irrte, hing seit Suses Erscheinen eindeutig ein leichter Schwefelgeruch in der Luft.
    Während er sprach, hatte Suse das Gefühl, unter Strom zu stehen. Noch immer völlig von den Socken starrte sie ihn an, als wäre vor ihr ein zweiköpfiges Kalb aus dem Boden gewachsen. Ihr Blick glitt von den rabenschwarzen Haaren zu dem goldenen Ohrring und über den dunklen Schatten eines Bartes in seinem kantigen Gesicht zu der nackten Brust und weiter hinab zu den ebenfalls nackten Füßen. Die Hose hing ihm tief auf den Hüften, da er sich die Mühe erspart hatte, den Gürtel zu schließen.
    Trotz diese r unbedeutenden Mängel fragte sie sich, wie es sein konnte, dass es ihr stets, wenn sie diesem Menschen begegnete, so vorkam, als würde er noch besser aussehen als zuvor. Selbst wenn er in seinen Kleidern schlief, sah er am Morgen danach wahrscheinlich pikobello aus, weil es kein Kissen wagen würde, dieses wunderbar kräftige Haar durcheinander zu bringen. Sie erinnerte sich daran, wie es sich anfühlte.
    Nicht dass sie

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