Begegnungen (Das Kleeblatt)
der Leibhaftige persönlich, der sich just in diesem Moment eine unschuldige Seele holen wollte.
„ Was ist mit Adrian? Wo steckt er überhaupt?“
Einigermaßen überrascht von ihrer Frage hob der Kapitän den Kopf. Seine Augen weiteten sich b ei dem Anblick, der sich ihm unverhofft bot, weil sich bei Suses heftiger Bewegung der Morgenmantel über ihren Brüsten geöffnet hatte. Seine Kinnlade klappte nach unten.
„ Clausing!“, schnauzte sie ihn an. „Hast du dir das immer noch nicht abgewöhnt?“
„ Das? Abgewöhnt?“
„Was bist du? Mein Echo?“
„Davon werde ich nie genug bekommen, also warum sollte ich es mir abgewöhnen?“ Er schluckte mehrmals und fuhr sich mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen. „Erst wenn ich kein Mann mehr bin.“
„Schöne Aussichten“, keifte sie und raffte den Stoff vor ihrer Brust zusammen.
Dass Matthias die Nacht neben ihr verbracht hatte, verwirrte sie fast noch mehr als die Tatsache, dass Adrian nicht nach Hause gekommen war. Sollte es möglicherweise gar kein Traum gewesen sein, als sie sich in starken Armen wiedergefunden hatte? Dass sie die lange vermisste N ähe eines Mannes genossen hatte, ohne sein Gesicht erkannt zu haben? Mit grimmiger Miene musterte sie ihn von Kopf bis Fuß, als könnte sie auf diese Weise herausfinden, ob er mehr als sie wusste.
„Da muss ich dir zweifellos Recht geben“, erwiderte er und hoffte, Suses gesamte Aufmerksamkeit auf sein entwaffnendes Lächeln ziehen zu können, denn leider war seine Hose nicht weit genug geschnitten, dass er genug Platz darin gefunden hätte. Zumindest nicht in dieser speziellen Situation. „Wunderschön.“
Sus anne schnaubte zornig und stampfte mit dem nackten Fuß auf. „Würdest du uns jetzt endlich allein lassen? Manuel braucht eine frische Windel. Oder willst du das ebenfalls für mich übernehmen?“
Sie beobachtete erstaunt, wie er blass wurde und gleich darauf flammende Röte sein Gesicht überzog. Mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen glotzte er sie an, bis sie befürchtete, er würde in Ohnmacht fallen. Dann beschloss sie, den Anblick von Matthias, der den Mund verstört auf- und zuklappte, ohne Rücksicht auf mögliche Verluste zu genießen. Er erinnerte ein bisschen an einen Fisch. Ein Fisch mit einem Gesicht wie ein griechischer Gott, nichtsdestotrotz ein Fisch.
„Äh …“, sagte er. Mehr nicht. Was sehr angenehm war. Es passte nicht zu ihm, doch es war angenehm.
„ Er … er heißt … M-Manuel?“ Er wusste, dass er sprechen konnte. Er war sich ziemlich sicher, dass er noch vor wenigen Minuten hervorragend artikuliert hatte. Jetzt dagegen schien ihm jedes Wort im Hals stecken zu bleiben.
Susanne taxierte ihn misstrauisch, als sie die Verblüffung und überbordende Freude in seinen Augen bemerkte.
„ Tatsächlich Manuel?“
„ Ja. Wieso? Hast du ein Problem damit?“, schnappte sie und bemühte sich, möglichst überlegen und selbstbewusst zu wirken und nicht wie der Dummkopf, als der sie sich in Wirklichkeit fühlte. Unglücklicherweise spielte ihre Stimme nicht mit und verriet sie durch ihren schrillen Klang.
Matthias starrte sie unter seinen halbgesenkten Lidern an und verzog belustigt das Mund. „Nein“, antwortete er beiläufig und seine Mundwinkel hoben sich in selbstgefälliger Erheiterung, auch wenn ihm bewusst war, dass Suse eins damit haben würde.
„ Absolut nicht. Ich dachte nur … Ich hätte nicht geglaubt …“
U nwillkürlich strafften sich Clausings Schultern, sein Gesicht strahlte und die Brust schwoll ihm vor Stolz und Bewunderung so weit an, dass ihm fast die Luft wegblieb. „Er heißt tatsächlich Manuel. Manuel Reichelt.“
„Manuel Adrian Patrick, wenn du es ganz genau wissen willst. Und nun mach die Flocke!“
Matthias Clausing, Kapitän des Kühlschiffes „Heinrich“ und bester Freund von Adrian, dem Vater von Suses Baby, stolperte reichlich verwirrt rückwärts aus dem Zimmer.
Manuel Adrian Patrick. Ob Sus anne ahnte, welche Bedeutung diese Namen für Ossi hatten? Manuel. Sie würde sich noch viel weniger vorstellen können, was es ihm selber bedeutete.
Dafür kannst du von mir verlangen, was immer du dir wünschst. Bis an dein Lebensende werde ich dich auf Händen tragen – wenn du mich nur lässt.
Er fuhr sich durch die Haare und sein Schmunzeln wurde immer breiter, weil sich dieses Gefühl, grenzenloses Glück erfahren zu haben, einfach nicht ignorieren ließ. Und daran konnte selbst die Tatsache nichts
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