Begegnungen (Das Kleeblatt)
mit seinem Kissen hätte tauschen wollen , Gott bewahre! Sie fand es einfach nicht gerecht, all diese Schönheit an einen einzigen Mann verschwendet zu wissen. Es sollte für illegal erklärt werden.
Heiliges Kanonenrohr, was für Anwandlungen hatte sie da heute eigentlich?! Sie würde ganz bestimmt nicht seiner Eitelkeit schmeicheln, indem sie ihn richtig anschaute.
Außer vielleicht mit einem heimlichen Blick.
„Ich muss mich wohl für mein Eindringen … äh, für mein … mein unerbetenes Erscheinen entschuldigen“, verbesserte er sich und wechselte urplötzlich die Gesichtsfarbe.
Bevor Suse seine Verwandlung registrieren konnte, drehte er sich mit einem Ruck zu dem Kinderbett um und kramte hektisch unter den Kissen nach irgendetwas. Dann beugte er sich über das Baby, verzweifelt um Fassung ringend.
„Ossi hat mir seinen Wohnungsschlüssel gegeben. Er wollte es dir … Er sagte, du hättest sicher nichts dagegen, wenn ich vorübergehend … Ich habe nicht geahnt, dass du jetzt schon kommen würdest. Nach Hause. So kurz nach der Entbindung meine ich. Und noch vor den Feiertagen. Ossi ist davon ausgegangen, dass dich deine Eltern erst im neuen Jahr wieder hergeben würden. Wenn überhaupt.“
In diese r Sekunde ging Suse auf, was der unordentliche Aufzug des Mannes, die hastigen Erklärungen und sein wirres Stammeln zu bedeuten hatten.
Und plötzlich schlugen die Alarmglocken in ihrem Kopf an. Sie machte den Mund auf, um etwas zu erwidern, doch der Laut, den sie schließlich hervorbrachte, zählte nicht unbedingt zur Hochsprache. Es war eher etwas wie ein „Oooaaarghhh“. Und zwar mit vor Zorn bebender Stimme
„Du! Sag mal“, stieß sie atemlos hervor, als sie ihre Sprache endlich wieder gefunden hatte, „willst du damit andeuten, dass … Clausing ! Du … hast du etwa letzte Nacht … hier geschlafen?“
Und damit meinte si e nicht bloß in diesem Haus und in dieser Wohnung.
Sie fühlte, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte und kalte Wut in ihr aufstieg. In ihren Augen konnte der Kapitän die ausufernde Empörung lesen und ihm dämmerte, was ihm gleich bevorstand.
Beschwichtigend hob er eine Hand. „Nur eine Minute, Susanne, lass es mich erklären. Ich kam gestern sehr spät nach Hause. Stundenlange Meetings bei Harry und unserem obersten Boss. Du erinnerst dich vielleicht, wie gerne sie sich selber reden hören, seitdem sie einen Kurs in Rhetorik belegt haben. Ich war todmüde und bin nach dem Duschen gleich … nun ja, zu Bett ohne …“, der schuldbewusste Ton in seiner Stimme verstärkte sich, obwohl er immer leiser sprach, „ohne das Licht anzuschalten.“
Und ohne sich die Mühe zu machen, ein unbelegtes Bett zu suchen! Himmeldonnerwetter, dieses eigensüchtige Ekel! Oh Gott, wie oft hatte sie sich gewünscht, lediglich ein Mal, ein einziges Mal so groß wie jeder Durchschnittsbürger zu sein. Nie zuvor allerdings hatte sie sich derart verzweifelt danach gesehnt wie in diesem Augenblick. Was für eine Befriedigung würde es ihr verschaffen, Matthias Clausing zwischen die Fugen des Parketts zu hämmern und dann mit wildem Indianergeheul auf seinem Kopf herumzutrampeln.
Sie schnaufte frustriert. Mit dem Makel von lediglich einem Meter fünfundfünfzig Körpergröße behaftet, hatte sie sich mittlerweile daran gewöhnt, ständig übersehen zu werden. Auf der Straße – na schön, das kam vor. Aber nun auch noch in ihrem eigenen Bett! Das war einfach zu viel des Guten! Andererseits war dieses anmaßende Benehmen geradezu typisch für diesen missratenen Flegel.
Ausgerechnet bei ihm musste ihr das passieren! Erst ich, dann eine Weile nichts. Höchstens seinen Schatten könnte er akzeptieren. Weit hinter sich, wohl gemerkt. Hätte er wenigstens so viel Anstand besessen, einen Pyjama zu tragen! dachte Suse empört. Bei der Vorstellung, mit ihm offenbar die Nacht in ein und demselben Bett verbracht zu haben, brannte die Hälfte ihrer Sicherungen durch.
Wie zum Hohn überkam sie in genau diese m Atemzug die Erinnerung an das Gefühl warmer Haut und sanft kratzender Brusthaare auf ihrem Rücken. Eine ganz und gar nicht unangenehme Erinnerung.
Scham und Zorn fochten einen erbitterten Kampf in ihr und spiegelten sich in ihrer Miene wider. Sie hatte das starke Bedürfnis, Clausing irgendetwas an den Kopf werfen zu müssen und blickte sich suchend um. Hastig trat sie einen Schritt auf ihn zu, riss ihm ungestüm das Baby aus dem Arm und drückte es fest an sich, als sei der gut aussehende Mann
Weitere Kostenlose Bücher