Begegnungen: Februar (German Edition)
erstaunt.
„Ich bin immer da.“
„ Ach ja.“, er griff sich an den Kopf und Mira fragte sich, wie lange er wohl nicht geschlafen und wie viele Kaffee er in der Zwischenzeit getrunken hatte.
„ Kannst du morgen mit in Halle Eins gehen. Dich um die Kinder kümmern und so. Hellmut hat seine eigenen Assistenten für das Shooting dabei, aber mir ist es wohler, wenn auch einer von uns dabei ist. Nur zur Sicherheit...“
Nun war sie wirklich perplex. Aber sie nickte und sein schwacher, aber dankbarer Blick begleitete sie noch auf dem gesamten Heimweg. Den Anblick würde sie so schnell nicht vergessen.
Zu Hause angekommen klopfte sie im ersten Stock, so wie sie es in den letzten Wochen immer getan hatte. Aber heute wurde sie nicht erwartet und so dauerte es etwas länger bis es hinter der Tür raschelte und ein erstaunter Bastian seinen ungekämmten Kopf heraus streckte.
„ Oh. Hi!“
Er hatte offensichtlich nicht erwartet, sie zu sehen. Seine Hand rieb sich schuldbewusst über seinen Sweater, der von vorn aussah, als hätte sein Träger gerade in der Badewanne ein Schwein geschlachtet.
„Was ist denn dir passiert?“
Er zuckte mit den Schultern.
„Den Kampf haben die Nudeln wohl gewonnen.“
Er rieb sich noch ein wenig mehr daran herum, aber es wurde dadurch nur noch schlimmer.
„Das sieht bei mir immer so aus, mir fehlt da ein Gen oder so was.“
Und wieder hatte sie etwas über ihn gelernt. Jetzt, wo sie sich an ihre gemeinsame Zeit zurück erinnerte, da gestand sie sich ein, dass sie ihn tatsächlich niemals hatte Nudeln essen sehen. Gebratene ja, aber sicher keine mit Sauce.
„Wolltest du was? Oder nur Bescheid sagen, dass du da bist?“
Sie schlug sich an die Stirn. Dann kramte sie in ihrer Tasche und zog einen verbeulten Karton heraus.
„Da. Gefüllte Muffins. Gesponsored von Art-Deco-Berlin.“
Mit gierigen Augen grapschte er danach und hielt seine Nase hinein.
„Hm... Frisches Gebäck. Hattet ihr heute Verkostung oder so was?“
„ Kindercasting.“
Er nickte mit dem Kopf und knabberte schon an einem Muffin die Decke aus Schokolade herunter.
Mira stand etwas unschlüssig herum. Vor ein paar Tagen noch hätte sie ihn einfach mit nach oben genommen. Aber das ging ja nun nicht mehr. Und so wünschte sie ihm nur einen schönen Abend und schickte sich an, zu gehen.
„ Mira?“
Sie drehte sich auf dem Treppenabsatz noch einmal um und sah, wie er freundschaftlich lächelte. Sie lächelte zurück.
„Klopf bei mir an, wenn du von der Arbeit kommst, ok? Ist gut zu wissen, dass du da bist.“
Mira nickte.
„Und übrigens... schöne Ohrringe!“
Bevor sie noch irgend etwas erwidern konnte oder sich gar bedanken, war er schon wieder hinter der Tür verschwunden, die wie ein Bollwerk zwischen ihnen lag.
Traurig ging sie nach oben. Sie hätte gerne noch etwas Gesellschaft gehabt, aber er war eben er, und im Moment brauchte er mindestens eine Tür zwischen ihnen beiden. Sie verstand ihn gut.
Am nächsten Morgen setzte sie ihre Garderobe sehr bewusst zusammen. Es war der Tag, an dem sie Hellmut treffen würde, ihren potentiell nächsten Liebhaber. Natürlich würde sie sich den Mann erst anschauen wollen, aber irgend etwas an seinem Ruf, an seinem Alter, an seiner Erfahrung, an seinen vorangegangenen Eroberungen reizte sie. Dies war ein Mann, der wissen würde, wie er eine Frau zu nehmen hatte, einer, der sich schon unzählige Male ausprobiert hatte. Und auch einer, für den sie nur eine Kerbe mehr in seinem Bettpfosten sein würde. Auch das hatte seinen Reiz. Er würde sie nicht anrufen, er würde ihr nicht hinterher laufen, ja möglicherweise würde er sich in einem Monat nicht einmal mehr an sie erinnern. So lag wenig Verantwortung in ihr, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Nur einen ersten Eindruck, den wollte sie machen.
Und so trug sie eine dunkle Hose und ein einfaches weißes Hemd, in dem ihre nicht gerade üppige Oberweite kaschiert wurde, aber ihre dunklen Brustwarzen sehr vorteilhaft zur Geltung kamen. Ja, für ihre Verhältnisse war sie geradezu nachlässig gekleidet. Aber war Hellmut nicht ein Mann der Ästhetik, der unabgelenkt von zu vielen Farben und Formen, Gelegenheit haben würde, ihre schmale Silhouette und ihre zarten Gesichtszüge zu bemerken? Sie hoffte es zumindest.
Ihr Gesicht war wie immer frei von Makeup, aber zur Feier des Tages hatte sie sich einen farblosen, aber feucht glänzenden Lipgloss aufgetragen. In ihren Haaren saß ihr unauffälligstes
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